Schützen & Erhalten - page 7

Schützen & Erhalten · Juni 2011 · Seite 7
Besucher bereits auf dem Weg zum Flughafen
zur Innenstadt daraufhin, dass hier die Zukunft
längst begonnen hat.
So wurde die gesamte Exkursion zu einer
einzigen Zeitreise. Denn kaum angekommen und
noch voller Eindrücke des modernen Pekings ging
es auch schon zurück aus der Zukunft in die Ver-
gangenheit mit dem Besuch des Himmelstempels,
einer Tempelanlage, in der die Kaiser für eine
gute Ernte beteten. 1420 errichtet, 1889 ab-
gebrannt und 1890 wieder neu errichtet ist der
Tempel heute ein Wahrzeichen Pekings und ein
Beispiel für die imposante Architektur des Kai-
serlichen Chinas, dem in den darauffolgenden
Tagen noch zahlreiche folgen sollten. Denn das
Zurück in die Vergangenheit umfasste nicht nur
den Besuch von zahlreichen Palästen und Tem-
peln, sondern beinhaltete ebenso ein Eintauchen
in die chinesische Gräber- und Gartenkultur so-
wie die mit Spannung erwartete Besichtigung der
Großen Mauer, mit der sich das Reich vor seinen
äußeren Feinden zu schützen suchte.
Man ist überrascht wie Vorstellung und Wirk-
lichkeit auseinanderdriften können, besonders
dann, wenn man aus der Sicht des fernen Eu-
ropas doch eher diffuse Vorstellungen von dem
riesigen Reich der Mitte hat. Die Verkehrspro-
bleme mit völlig überfüllten Straßen sind ähn-
lich den Erfahrungen der letzten Exkursionen
in Moskau und Barcelona. Die Auslagen der
Geschäfte bieten alles, was das Herz begehrt.
Auch hier erscheint Peking weit moderner als
deutsche Metropolen, vor allem dann, wenn es
um Technik geht.
Und dort wo alles groß ist, erscheint Großes
plötzlich klein. So zum Beispiel der Platz des
Himmlischen Friedens, der – da fußläufig zum
Hotel gelegen von den Meisten noch am ersten
Abend besucht wurde, weit kleiner wirkte als
man ihn sich vorgestellt hatte. Vielleicht ist es
der Mythos, der diesen mit einer Ausdehnung
von 39,6 Hektar weltweit größten befestigten
Platz umgibt und ihn damit in der Phantasie
wesentlich imposanter erscheinen lässt. Einen
ganz anderen Eindruck hinterließ dagegen die
chinesische Mauer. So kam hier allein der Gang
auf der Mauerkrone mit Treppenstufen bis zu 1
m Höhe einer Bergbesteigung gleich.
Der eigentliche Höhepunkt der Reise war
jedoch der „Internationale Austausch zum Bau-
tenschutz“ mit den chinesischen Experten. Der
Einladung des Generalsekretärs des Chinesischen
Verbandes für Alte Architektur waren 40 Exper-
ten gefolgt. So der Präsident des gastgebenden
Verbandes, der Präsident des chinesischen Mu-
seumsvereins und Vorsitzender des Internatio-
nalen Museumsrates der Vereinigung Asiatischer
und pazifischer Staaten, der Präsident des Inter-
nationalen Chinesischen Komitees für Bau, der
Direktor des städtischen Architektur Instituts,
der Direktor des Instituts zur Erhaltung der al-
ten Gärten, der Präsident der Archäologischen
Baugruppe, Professoren, Direktoren und Exper-
ten für die Erhaltung von alter Architektur sowie
zahlreiche General Manager Chinesischer Archi-
tekturbüros und Baugesellschaften.
Der Austausch selbst begann mit der Vorstel-
lung beider Verbände und der Begrüßungsrede
des Präsidenten des Chinesischen Gastgeberver-
bandes. Darauf folgten Vorträge zur „Bauwerkser-
haltung und Denkmalpflege in China“ und zum
„Bautenschutz und Sanierung der wichtigsten
Bauwerke in Beijing“. Nach einem gemeinsamen
Mittagessen folgte eine Besichtigung der Sanie-
rungsarbeiten in Wanping Stadt, eine ummau-
erte, festungsartige Anlage aus der Ming-Dynastie
(1368–1644) vor den Toren Pekings, die einst
der kaiserlichen Armee als Kaserne diente und
heute als Museumsstadt restauriert wird.
Der Tag endete mit einem Abendessen auf
Einladung der chinesischen Gastgeber, das reich-
lich Gelegenheit zum Kennenlernen und Erfah-
rungsaustausch bot.
Ein altes chinesisches Sprichwort lautet, et-
was einmal mit eigenen Augen sehen ist besser
als neunmal davon zu hören. Alle Teilnehmer der
diesjährigen Bautenschutzexkursion, die dieses
Angebot ihres Verbandes genutzt haben, unge-
achtet aller politischen Ressentiments einmal
selbst zu sehen, anstatt nur zu hören, werden
in Bezug auf Peking diesem Sprichwort voll und
ganz zustimmen.
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1
Das moderne Peking – einen faszinierenden Überblick
über die Größe und architektonische Vielfalt der Stadt
bietet das detailgetreu nachgebaute Stadtmodell.
2
Nach wie vor das Zentrum Pekings – die Verbotene
Stadt.
3
Experten unter sich – Begutachtung der Holzsanie-
rungen in Wanping.
4
Die Anzahl der Drachen auf dem First gibt Auskunft
über die gesellschaftliche Rangordnung der Bewohner.
5
Auch eine Art Kult. Georg Brückner, Ralf Fischinger
und Klaus Grahl im Retro-Look auf dem Platz des
Himmlischen Friedens.
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Der Himmelstempel – ein Wahrzeichen Pekings und
Relikt aus der vergangenen Kaiserzeit.
7
Eine Stadt voller Gegensätze. Hier visionär und dem
Zeitgeist weit voraus scheinend – das Wahrzeichen
des modernen Chinas – der Sitz des chinesischen
Staatsfernsehns.
8
Dort Erinnerungen an die Vergangenheit – ein
Wächter am Eingang der Ming-Gräber.
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Und die Gegenwart. Wohnhäuser, die überall am
Stadtrand in den Himmel wachsen, gehören ebenso
zum Stadtbild, wie die Tristesse der Plattenbauten
aus den 70er Jahren.
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Auch das ist Peking. Der Sino-Sov-Stil der 50er–70er
Jahre.
11 und 12
Ein Muss für alle Pekingreisende – ein Besuch der
Großen Mauer.
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