Web_SuE_3_2017_ub
Verzögerungskosten erkennen und geltend machen – Teil 3 – Während in den vorangegangenen Teilen 1 und 2 der „theoretische Unterbau“ des Ansatzes von Verzögerungskosten abgehandelt wurde, geht es in dieser Ausgabe um die Berechnung der Kosten. Um in einem konkreten Rechtstreit seine Forderungen geltend machen zu können, ist eine nachvollziehbare Berechnung unerlässlich. Diese setzt wiederum vo- raus, dass der „Geschädigte“ in der Lage ist, seine Kosten belegen zu können. In der Praxis ist es allerdings im Regelfall so, dass zum einen die geeigneten Auf- zeichnungen fehlen und zum anderen sich bei der Kalkulation an den preislichen Marktgegebenheiten orientiert wird. Eine an den eigenen Kosten orientierte Kalku- lation stellt in der handwerklichen Realität den Ausnahmefall dar. Besonders deutlich wird dieser Umstand, wenn im Rahmen der Auftragsvergabe bei der öffentlichen Hand, der Betrieb aufgefor- dert wird, seine Urkalkulation (EFB Preis Form- blätter) offenzulegen und die größten Problem entstehen, die erforderlichen Angaben in Ein- klang mit dem eigenen Angebot zu bringen. Die nachfolgenden Beispiele (Teil 3 und folgende) können daher nur den Berechnungsweg skizzieren und entheben den „Kalkulator“ nicht der Notwen- digkeit der konkreten Kostenermittlung. Diese sind je nach Zugehörigkeit der Gewerkeart und der verschiedenen Kassenverfahren und Tarifbin- dungen unterschiedlich. Besonderer Bedeutung kommt hierbei dem den einzelnen Leistungen kalkulierte Verrechnungssatz zu. Folgende Annahme soll hierzu gelten: Stundenlohn (als Basis der Zuschlagskalkulation) 17,00€ Zuschlag für die lohngebun- denen Gemeinkosten 90% 15,30€ (anteilige Sozialversicherung AG- Anteil, Feiertagslohn, Krankenlohn, Weihnachtsgeld etc.) auf den Stundenlohn Zuschlag für die leistungsbe- dingten Gemeinkosten 30% 5,10€ (anteilige Hilfs- und Betriebsstoffe, variable Fahrzeugkosten wie Sprit und Reparaturen, etc.) auf den Stundenlohn Zuschlag für die fixen Gemeinkosten 80% 13,60€ (Verwaltungskosten, Miete, Versicherungen, Abschreibungen etc.) auf den Stundenlohn Kostensatz netto, ohne Gewinnaufschlag 51,00€ Gewinnaufschlag auf Kostensatz 4% 2,04€ Verrechnungssatz netto, inklusive Gewinnaufschlag 53,04€ Fall 1: Unterbrechung im Bau- ablauf kann vom Auftragnehmer nicht durch einen anderen Auf- trag kompensiert werden. Die vom Auftraggeber verschuldete Unterbre- chung im Bauablauf führt dazu, dass der Un- ternehmer für die Zeit der Unterbrechung die Mitarbeiter nach Hause schicken muss und die- se für die Zeit der Unterbrechung vorher an- gearbeitete Gutstunden abfeiern. Eine andere Einsatzmöglichkeit der Mitarbeiter ist nicht ge- geben, zumal die Unterbrechung überraschend kam und die Dauer der Unterbrechung mit einer Woche (hier als Beispiel) als „vorübergehend“ bezeichnet werden kann. Von dieser Maßnahme betroffen sind im Betrieb 3 Mitarbeiter, die für diese Ausführung in dieser Zeit vorgesehen ge- wesen waren. Die kalkulierte Arbeitszeit betrug in diesem Zeitraum (3 Mitarbeiter zu 8 Stun- den/Tag x 5 Arbeitstage/Woche) 120 Stunden. Ein erneutes Ab- und Aufrüsten ist nicht erfor- derlich. Maschinen und Material können vor Ort sicher verwahrt werden. Berechnung/Argumentationsansatz: Spricht man vom Ersatz der Verzögerungskos- ten, beinhaltet diese Terminologie den Begriff der Kosten. Ein in der Kalkulation evtl. einkal- kulierter Gewinn hat demnach außer Berück- sichtigung zu bleiben. Dann dürfen nur diese Kosten Eingang finden, die auch entstanden sind. Kosten, die nur dann entstehen, wenn eine direkte Leistungserbringung erfolgt, müs- sen abgegrenzt werden. Hiervon betroffen ist der Ansatz des Zuschlages für die „leistungsbe- dingten Gemeinkosten“. Anteilige, auch varia- bel genannte Kosten, wie die Treibstoffkosten der Baustellenfahrzeuge, würden im geschil- derten Fall nicht anfallen. Aber wie verhält es sich mit den im Kalkulationssatz verrechneten fixen Gemeinkosten, landläufig auch als Verwal- tungskosten bezeichnet? Im klassischen Hand- werksbereich erfolgt die Kalkulation der Kosten über den Lohnzuschlag (je nach Gewerk auch über ergänzende Material- und/oder Subunter- nehmerzuschläge, manchmal auch über den Ma- schineneinsatz). Dieser Zuschlag berechnet sich über die Relation von Gemeinkosten und den direkt verrechenbaren Löhnen. Die direkt ver- rechenbaren Löhne wiederum sind das Ergebnis des betrieblichen Mittellohnes multipliziert mit den Produktivstunden eines Betriebes. Fallen geplante Produktivstunden aufgrund des hier geschilderten Falls aus, so geht dem betroffenen Betrieb auch ein Teil der Kostendeckung (der fixen Gemeinkosten) verloren. Dessen Ansatz sollte daher bei der Berechnung der Verzöge- rungskosten berücksichtigt werden. Berechnung: Anzahl der „entfallenen Baustellenstunden“ 120 Gesamt Durchschnittlicher Stundenlohn 17,00€ 2.040€ Zuschlag für lohngebunden Gemeinkosten 90% 15,30€ 1.836€ Zuschlag für leistungs- bedingte Gemeinkosten entfällt entfällt Zuschlag für fixe Gemeinkosten 80% 13,60€ 1.632€ Gewinnaufschlag entfällt entfällt Summe Verzögerungs- kosten/Stunde/Gesamt 45,90€ 5.508€ In einzelnen Streitfällen wird von der „gegne- rischen Seite“ argumentiert, dass in dem Ver- waltungskostenzuschlag (fixe Gemeinkosten) auch Kostenbestandteile enthalten sind bspw. für die personelle Verwaltung, Lager etc., die im Falle der Verzögerung ja auch nicht entste- hen würden. In der Realität sieht es allerdings so aus, dass diese Kosten letztendlich beim Betrieb verbleiben, da der entsprechende Mit- arbeiter ja nicht just in time nach Hause ge- schickt werden kann und eine so differenzierte Zuordnung von Personal und konkreter Bau- stelle im Regelfall nicht möglich ist. Betriebswirtschaft Es schreibt für Sie Diplom-Betriebswirt Wolfgang Krauß Seit über 25 Jahren in der betriebswirtschaftlichen Beratung von Handwerks- betrieben tätig Kolbing 35 · 83556 Griesstätt Telefon: (08039) 9097220 Mobil: (0172) 7499102 E-Mail: wolfgangkrauss-beratung@t-online.de Internet: www.beratungfuershandwerk.de www.die-erfolgswerker.de Es schreibt für Sie RA Andreas Becker Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Nienburger Str. 14a 30167 Hannover Telefon: (0511) 1231370 Fax: (0511) 12313720 E-Mail: info@becker-baurecht.de Internet: www.becker-baurecht.de Schützen & Erhalten · September 2017 · Seite 36
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