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3 Flexible polymermodifizierte Dickbeschichtungen Eigenschaften und Einsatzbereiche einer neuen Produktart A ktuell wird in Deutschland im Neu- bau und in der Sanierung von erd- berührten Bauwerksabdichtungen sowie in der Abdichtung gegen Spritzwasser und kapillar aufsteigender Feuchte am Wandsockel immer häufiger eine Ab- dichtung eingesetzt, die es offiziell ei- gentlich noch gar nicht gibt – die flexible polymermodifizierte Dickbeschichtung, kurz FPD, bietet enorme Vorteile in punkto Verarbeitung und schnellem Baufortschritt. Doch was genau ist eine flexible polymermodifizierte Dickbe- schichtung eigentlich? Einfach gesagt: Eine FPD ist eine mineralische Dickbeschichtung, die die Eigenschaften von mineralischen Dich- tungsschlämmen (MDS) und Bitumen- dickbeschichtungen (PMBC – Polymer modified bitouminous thick coating, ehemals KMB – kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung) vereint und sie deshalb auch als Hybridabdichtung bezeichnet wird. So einfach ist es aber nicht. Gegenüber den im Markt etablier- ten mineralischen Dichtungsschlämmen, die zumeist mit einer Schichtstärke von mindestens 2,0 mm Trockenschichtdi- cke appliziert werden und seit vielen Jahrzehnten in der erdberührten Bau- werksabdichtung bekannt sind, kann die FPD Lastfall bezogen bis zu 4,0 mm Trockenschichtdicke aufgetragen werden. Im Gegensatz zu MDS oder Bitumen- dickbeschichtungen ist die FPD allerdings noch gar nicht formell geregelt. Eigenschaften und Einsatzbereiche einer FPD Wie weist man jetzt Eigenschaften einer Produktart nach, die es eigentlich noch gar nicht gibt? Die Industrie hat sich in diesem Fall bei zwei bereits am Markt etablierten Produktarten bedient, indem die „Prüfgrundsätze zur Erteilung von allgemein bauaufsichtlichen Prüfzeugnis- sen für mineralische Dichtungsschlämmen für Bauwerksabdichtungen (PG-MDS)“ sowie Teilbereiche der DIN EN 15814 Kunststoffmodifizierte Bitumendickbe- schichtungen zur Bauwerksabdichtung hinzugezogen wurden. Durch die PG- MDS konnten Eigenschaften wie z. B. Zugfestigkeiten und Wasserdichtheit dargelegt werden, um nur zwei wichtige Eigenschaften zu nennen. Die geforderte Rissüberbrückung einer flexiblen minera- lischen Dichtungsschlämme beträgt in der Prüfung lediglich 0,4 mm, was bedeutet, dass in der Praxis Betonteile mit einer zu erwartenden Rissbreite von nur ≤ 0,2 mm abgedichtet werden können. Als Beleg für die erhöhte Flexibilität gegenüber einer mineralischen Dichtungsschlämme wurde die DIN EN 15814 hinzugezogen. Eine Bitumendickbeschichtung muss eine Rissüberbrückungsfähigkeit gemäß DIN EN 15812 (Juni 2011 – kunststoffmo- difizierte Bitumendickbeschichtung zur Bauwerksabdichtung – Bestimmung des Rissüberbrückungsvermögens) von ≥ 2,0 mm nachweisen. Hier drunter fällt z. B. auch das erdberührte Mauerwerk eines Neubaus, dazu im Verlauf mehr. Durch die Nachweise aus den genann- ten Prüfgrundsätzen und Normen können somit die Produkteigenschaften einer FPD nachgewiesen werden. Eine Kombination der Eigenschaften einer MDS gepaart mit der Flexibilität einer Bitumendickbe- schichtung. Häufig wird die FPD auch als „bitumenfreie Dickbeschichtung“ bezeichnet. Doch wo können diese Hybrid-Abdichtungen nun eingesetzt werden? Denn eine Produktart FPD gibt es Stand heute im Juni 2019 noch nicht. Im Februar 2020 ist die 1. Ausgabe der „Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen mit flexiblen polymermodifizierten Dickbe- schichtungen (FPD)“ erschienen. Diese Richtlinie beschäftigt sich u.a. mit dem „Anwendungsbereich und Zweck“ oder auch den „Anforderungen an FPD“. Wird vereinbart, eine Bauwerksabdichtung mit einer FPD auszuführen, bietet die FPD- Richtlinie eine Empfehlung zur Einhaltung mit Nachdruck zur Anwendung dieser Produkte. Sollte das der Fall sein, ist ex- plizit auf Einhaltung der vorgegebenen Mindesttrockenschichtdicken und An- wendungsbereiche zu achten. Da die Mehrzahl der am Markt er- hältlichen FPD die Komplettprüfung der PG-MDS abgelegt hat und somit ein mi- neralisches Produkt ist, besitzt es derzeit ein abP (allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis) als MDS. Da es sich um ein bitumenfreies Produkt handelt, kann 1 2 Schützen & Erhalten · September 2020 · Seite 48 INDUSTRIE UND HANDELI

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