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RECHTSBERATUNG Es schreibt für Sie: Rechtsanwalt Udo Küllertz Ricarda-Huch-Straße 1 · 41749 Viersen Telefon: (02162) 7212 Telefax: (02162) 77313 E-Mail: rechtsanwalt@kuellertz.de Internet: www.rechtsanwalt-kuellertz.de Nach Abnahme Mängel ohne Gutachten beseitigt: Auftragnehmer haftet nicht L ässt der Auftraggeber nach Abnah- me der Leistung des Auftragnehmers einen Mangel beseitigen, ohne zuvor die Mangelhaftigkeit der Leistung durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen, haftet der Auftragnehmer nicht für die Kosten der Mängelbeseitigung. Mit der Abnahme bestätigt der Auf- traggeber sowohl beim BGB-Werkvertrag als auch beim VOB/B-Vertrag, dass die Leistung des Auftragnehmers ver- tragsgerecht und mangelfrei ist. Bis zu dieser Abnahme hat der Auftragnehmer nachzuweisen, dass die von ihm erbrachte Leistung dem Vertrag entspricht und frei von Mängeln ist. Mit der Abnahme der Leistung kehrt sich die Beweislast für Mängel jedoch um, jetzt hat der Auftraggeber zu beweisen, dass die Leistung – entgegen seiner Aussage bei der Abnahme – doch mangelhaft ist. Ist das bewiesen, hat der Auftragnehmer selbstverständlich die Mängel zu beseitigen oder – wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt – die Kosten einer Ersatzvornahme zu tragen. Der Auftraggeber ist allerdings zu- nächst verpflichtet, dem Auftraggeber die Möglichkeit einer Mängelbeseitigung zu geben. Dies geschieht in der Regel durch Aufforderung unter Fristsetzung. Entzieht der Auftraggeber dem Auftragnehmer dieses Recht zur eigenen Mängelbeseiti- gung, kann er keine Rechte mehr gegen den Auftragnehmer geltend machen. Bestreitet der Auftragnehmer, dass es sich bei den gerügten Mängeln um solche seiner Leistung handelt, muss der Auftraggeber die Berechtigung seiner Mängelrüge beweisen. Dies kann er durch Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens, in dem das Gericht einen Sachverständigen mit der Be- gutachtung der Mängel beauftragt. Möglich ist es auch, dass gemeinsam ein Schiedsgutachter von beiden Parteien beauftragt wird, dessen Gutachten dann sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer bindend ist. Das Oberlandesgericht Celle hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem der Auftraggeber die von ihm gerügten Mängel beseitigen ließ, bevor der Sach- verständige diese besichtigt hatte. Dieser konnte deshalb zu den Mängelursachen keine Aussage mehr treffen, da er nur den sanierten Zustand besichtigen konnte. Die Klage des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer wegen Erstattung der Ersatzvornahmekosten wurde deshalb abgewiesen, weil der Auftraggeber wegen der vorzeitigen Mängelbeseitigung nicht beweisen konnte, dass es sich tatsächlich um Mängel der Leistung des Auftragnehmers gehandelt hat. Bei Zahlungsverzug: Arbeitseinstellung nur nach Nachfristsetzung S tellt der Auftragnehmer seine Arbei- ten ein, weil der Auftraggeber eine fällige Abschlagszahlung nicht geleistet hat, ohne dass er zuvor dem Auftragge- ber eine Nachfrist zur Zahlung gesetzt hat, kann der Auftraggeber den Vertrag wegen Verzugs kündigen und Ersatz der Mehrkosten eines Folgeunterneh- mers verlangen. Der Auftragnehmer kann für seine erbrachten Leistungen grundsätzlich Abschlagszahlungen verlangen. Das gilt sowohl beim BGB- als auch beim VOB- Vertrag. Der Auftragnehmer muss den Abschlagsrechnungen eine prüfbare Auf- stellung seiner vertragsgemäß erbrachten Leistungen beifügen, die demAuftraggeber eine schnelle und sichere Beurteilung der Leistung ermöglicht. BeimVOB-Vertrag wird die Abschlagszahlung dann gem. § 16 Nr. 3 VOB/B binnen 21 Tagen nach Zugang der Aufstellung fällig, beim BGB-Vertrag tritt die Fälligkeit sofort ein. Es kommt in der Praxis leider häufig vor, dass der Auftraggeber Abschlagszah- lungen nicht oder nicht vollständig leistet. In diesen Fällen stellen Auftragnehmer oft ihre Arbeiten auf der Baustelle ein. Ein solches Recht steht dem Auftragnehmer zu, allerdings ist es an eine vorherige Fristsetzung gegenüber dem Auftraggeber gebunden. Versäumt es der Auftragneh- mer, diese Nachfrist zur Zahlung zu setzen, darf er seine Arbeiten nicht einstellen. Tut er dies dennoch und wird dadurch die vertragliche Fertigstellungsfrist gefährdet, kann ihm der Auftraggeber den Vertrag aus wichtigem Grunde kündigen, was den Auftragnehmer zum Schadensersatz ver- pflichtet. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe nochmals bestätigt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Der Schadensersatz, den der Auf- tragnehmer zu leisten hat, besteht im Wesentlichen aus den Mehrkosten, die der Auftraggeber an einen Folgeunternehmer zahlen muss, der die Leistung des gekün- digten Auftragnehmers fertig stellen soll. Bei der Auswahl des Folgeunternehmers ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, nach dem billigsten zu suchen oder auch nur mehrere Angebote einzuholen. Angesichts der ursprünglich vorgesehenen Fertigstellungsfrist ist in der Regel ein Fol- geunternehmer zu finden, der kurzfristig Kapazitäten frei hat und deshalb schnell einspringen kann. Das führt dazu, dass der Auftraggeber denjenigen beauftragen darf, der gerade zur Verfügung steht. Schützen & Erhalten · Dezember 2019 · Seite 37
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