Schützen & Erhalten - page 9

Man sollte annehmen,
dass die Kontrolle und Be-
beilung insektengeschä-
digter Hölzer in Dachstüh-
len kein Problem dar-
stellt. Weshalb also
überhaupt ein Wort dar-
über verlieren. Die Praxis
belehrt uns eines Besse-
ren.
Zu den theoretischen Grundla-
gen: Entsprechend der Norm
(DIN 68800/4 Abs. 5.1) sind im
Rahmen der Vorbereitung alle
Vollhölzer „an den Kanten im
Splintholzbereich an zwei ver-
setzten Stellen je m zu prüfen
(z.B. durch Anbeilen)“. An sich
eine klare und für den durch-
schnittlichen Mitteleuropäer
verständliche Aussage. Im Bild
1 ist der Fürstenhof in Wismar
dargestellt (Baujahr 1513). Die
Lage und Anzahl der Beilschläge
läst jedoch an der Klarheit der
Aussage ernste Zweifel aufkom-
men – oder waren hier keine
Mitteleuropäer am Werk? Zur Er-
innerung: In einem Meter sind
100 Zentimeter enthalten. Un-
ter einer Kante versteht man die
Ecke und nicht die Flanke. Laut
Definition im Holz-Lexikon
(4. Auflage, 2003) sind das
Schnittlinien von zwei anein-
ander stoßenden Seiten eines
Schnittholzstückes (siehe auch
DIN EN 844-3).
Oder gibt es beim Umgang
mit denkmalgeschützten Gebäu-
DIE FACHBREICHE
Holzschutz
Mensch und Hausbock – zwei ebenbürtige
Holzzerstörer?
– Vom Sinn und Unsinn der Bebeilung –
den eine spezielle Regelung hin-
sichtlich der Beilschläge?
Mit Nichten. Auch im pro-
fanen Wohnungsbau hat man
den Unterschied zwischen Kante
und Flanke wohl noch nicht er-
kannt (Bild 2). Aber man nä-
hert sich der 100 cm Marke.
Hoffnung keimt auf.
Worin liegt der tiefere Sinn
gerade die Kanten zu kontrol-
lieren? Die Hausbocklarve mi-
niert mit Vorliebe in den äu-
ßeren Splintholzschichten, weil
dort die Konzentration der für
sie lebenswichtigen Nährstoffe
(z.B. Eiweiß) am höchsten ist.
Bezogen auf die Querschnitts-
geometrie sind das eben die
Kanten und nicht die Flanken
(siehe Skizze).
Oftmals gilt es bei umfang-
reichen Schäden den Restquer-
schnitt und damit die Resttrag-
fähigkeit zu ermitteln. Es macht
keinen Sinn nach der vollstän-
digen Bebeilung einen etwa
armdicken Kiefernsparren (Bild
3) zu imprägnieren und mit ei-
ner etwas dickeren Dachlatte zu
verstärken. Neben dem stati-
schen Nonsens, der jedem Trag-
werksplaner die Haare zu
Berge stehen lässt, hat sich
in diesem Fall auch die Im-
prägnierung erübrigt. Insi-
der wissen, dass bei Redu-
zierung des Splintholzanteils
auf unter 10% die Gefähr-
dungsklasse von 1 auf 0
wechselt. Nachzulesen in der
DIN 68800/3, Abs. 2.2.1.
Dies bedeutet, dass eine frü-
here Insektengefährdung
aufgrund des reduzierten Splint-
holzanteils nicht mehr gegeben
ist, da zum größten Teil nur
noch Farbkernholz übrig bleibt.
Geschulte DHBV-Firmen wissen
dies und würden durch seriöse
Beratung den Bauherren aufklä-
ren und auf eine Imprägnierung
verzichten. Selbstverständlich
muss ein statisch ausreichen-
Es schreibt
für Sie:
Dipl.-Ing.
Ekkehard Flohr
Fachbereichs-
leiter Holz-
schutz
An der Hohen Lache 6
06846 Dessau
Telefon: (03 40) 6 61 18 84
Telefax: (03 40) 6 61 18 85
email:
Bild 1: S(chw)achverständige Kontrolle an einem denkmalgeschützten Bauwerk
Bild 2: Keine Kante wurde überprüft. Beilschläge nur an den Flanken
Splint-
holz
Kern-
holz
hoher
Eiweiß-
gehalt
(ca. 0,5%)
Bild 3: Die Schläue des Materials korreliert mit der Dummheit des Handwerkers
Skizze 1: Etwaige Verteilung von
Eiweiß (Protein) im Splintholz
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...40
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