Schützen & Erhalten - page 8

DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
Stellt die Verwendung digitaler Bilder in
Gutachten einen Mangel dar?
Ein Brief des Kollegen
Wolfgang Werner aus Lo-
benstein ließ mich auf-
horchen: In einem juristi-
schen Magazin hatte die-
ser gelesen, dass eine
Honorierung von Gutach-
ten, die digitales Bildma-
terial verwenden, nicht
grundsätzlich erfolgen
müsse. Angesichts dieser
mir unverständlichen For-
derung sehe ich es als
nötig an, mich zu diesem
Sachverhalt zu äußern und
meinen Standpunkt zu er-
läutern.
Eine unangemessene Unterstel-
lung in Richtung der öffentlich
bestellten und vereidigten Sach-
verständigen unterläuft den Ver-
fassern eines Artikels in
der „Neuen juristischen
Wochenzeitschrift“,
Jahrgang 20002,
Heft 2.
Die Autoren, der
Regierungsrat Dr.
Peter Mühlhausen und
der Dipl.- Phys. Dr. Ger-
hart Prell stellen den Ge-
brauch digitalisierter Fo-
tos in Gutachten grundsätz-
lich infrage und kritisieren
deren „bislang praktisch völ-
lig unkritische Verwendung und
Nutzung durch Sachverständi-
ge, Schadenssachbearbeiter und
Juristen“.
Wesentlich sehen sie Ein-
schränkungen in der Aussage-
kraft dieser Fotos:
a) digitale Bilder seien
ihrer Meinung nach den
konventionellen Fotos
technisch qualitativ
unterlegen, und
b) diese Bilddateien können
auf vielerlei Art mani-
puliert werden, weshalb
ihr Wahrheitsgehalt nicht
garantiert werden könne.
Zusätzlich sei die Archivierung
digitaler Fotos nur durch in Kauf
nehmen von Qualitätsminderun-
gen auf Grund von Dateikom-
primierung möglich. Dieses sei
vor allem in Hinsicht auf die
vorgeschriebene Aufbewah-
rungsfrist von 7 Jahren aller zum
Gutachten gehörenden Unterla-
gen, d.h. auch der Fotos, be-
denklich. Wird innerhalb der
Aufbewahrungsfrist eine Rekon-
struktion nötig, ist diese, so die
Befürchtung, nur in vermin-
derter Qualität möglich. Es
sei zu befürchten, dass
wichtige Details auf den Fo-
tos nicht mehr aussagekräftig
wiedergegeben werden kön-
nen.
Angriff auf
Glaubwürdigkeit
Obwohl der oben genannte
Beitrag vorwiegend an die
Adresse von Sachverständigen
bei Kraftfahrzeugschäden und
-unfällen gerichtet ist, ergibt
sich aus ihm ein nicht hinzu-
nehmender Angriff auf die
Glaubwürdigkeit aller Sachver-
ständigen, die während ihrer
Tätigkeit
digitale
Kameras
zum Ein-
satz brin-
gen.
Denn die Autoren übersehen das
elementare Faktum, das dem
ö.b.u.v. Sachverständigen an-
hängt, nämlich die Bindung an
einen Eid. Selbst wenn es tech-
nische Möglichkeiten erlauben,
Fotos in alle Richtungen hin zu
manipulieren, so ist es nicht
kommentarlos hinzunehmen,
dass dieses dann auch getan
wird.
Sind Sachverständige aber
der mutwilligen Veränderung
von Fotos zur Beweislage eines
Gutachtens überführt, so droht
ihnen nicht nur die Vernichtung
ihrer beruflichen Existenz, son-
dern zusätzlich noch die Anklage
wegen Eidbruchs. Die Vereidi-
gung bedeutet doch jenen
Punkt, der die unabhängige,
gutachterliche Tätigkeit garan-
tiert und so dem Wissen und
der Erfahrung des Sachverstän-
digen vor Gericht die erforder-
liche Gültigkeit zukommen lässt.
Digitale Technik
ist sicher
Ohne allzu sehr ins Detail
gehen zu müssen ist es auf der
anderen Seite doch klar: Wer ma-
nipulieren will, der wird es auch
tun, bei digitalen oder bei Pa-
pierbildern. Die von den beiden
Verfassern später im Text auf-
gestellte Behauptung, nur
beim Papierbild könne an-
hand der Negativstreifen
der Originalzustand eines
Motivs kontrollierbar
sein, ist einseitig zu-
gunsten der konventio-
nellen Technik. Im Fall
des Einsatzes einer Di-
gitalkamera registriert
der PC jede Veränderung
bei den Einspieldaten; so-
mit ist auch hier eine Kon-
trolle gegeben.
Ohne an dieser Stelle die
neue, digitale Technik allzu sehr
auf ’s Schild heben zu wollen,
ist es angemessen, auch ein-
mal ihre Vorteile zu benennen.
Wird mit einer hochwertigen Di-
gitalkamera gearbeitet, so sind
die Ergebnisse heute qualitativ
vergleichbar mit konventionell
erstellten Fotos.
Flexible
Aufnahmetechnik
Vor Ort besitzt die Digital-
kamera eine weitaus flexiblere
Aufnahmetechnik, weil die Bild-
Schützen & Erhalten · Juni 2002 · Seite 8
Diese Gründe, so folgern die
Autoren, würden dem Auftrag
des Sachverständigen, ein Man-
gel freies Werk abzugeben, nicht
entsprechen, weshalb es beim
Einsatz digitalen Fotomaterials
nicht zu einer Vergütung des
Gutachtens zu kommen brauche.
Erwachsen geworden:
Aktuelle Digitalkameras
bieten hervorragende Qualität
und eine Menge Komfort.
Foto: Sony
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