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Schützen & Erhalten · März 2022 · Seite 28 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE das scheint für manchen Kollegen eine Hürde zu sein, aber wer über eine ge- eignete Ausbildung verfügt, Erfahrung mit Schimmelbeseitigungen nachweisen kann und dann noch einen fachspezifi- schen Kurs besucht hat, ist wieder drin. Und kann sich nicht rauswinden. Für alle anderen bleibt der Weg der Delegation. Wie schon der Titel sagt, was sein muss – muss eben sein. Neben Biostoffen ist ebenso eine Gefährdung durch Gefahrstoffe zu be- rücksichtigen. Gefahrstoffe sind im We- sentlichen Stoffe und Zubereitungen, die leicht entzündlich oder explosionsfähig sind oder auf Grund ihrer physikalisch- chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten und Dritter gefährden können. Bei der Sanierung von Schimmelschäden werden wir auch mit Gefahrstoffen konfrontiert. Zum Beispiel durch die Freisetzung von künstlichen Mineralfasern (KMF), lungen- gängigen Faserstäuben (WHO-Fasern) oder Asbest bei der Bauteilöffnung, Probennahme und Sanierung von Feuchte- und Schimmelschäden oder durch den Einsatz von Bioziden. Hierbei gilt parallel zur Biostoffverordnung die Gefahrstoffverordnung. Analog zu den Technischen Richtlinien für biologische Arbeitsstoffe (TRBA), die der Biostoff- verordnung zugeordnet sind, werden Gefahrstoffe allgemein und branchen- spezifisch in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) beschrieben und die Schutzziele genauer definiert. Da es Überschneidungen beider Verordnungen gibt, z. B. bei sensibilisierenden Stoffen, gibt es für diese Bereiche auch gemein- same TRBA/TRGS. Ein Beispiel hierfür ist die TRBA/TRGS 406: Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege. Ebenso wie bei der Biostoffverordnung muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden, da dies in gleicher Weise vorzunehmen ist, soll dies an dieser Stelle nicht weiter- verfolgt werden. TOP-Prinzip als Kernstück des Arbeitsschutzes Ziel von Arbeitsschutzmaßnahmen ist es nicht, den Ausführenden durch die beste persönliche Schutzausrüstung höchsten Gefährdungen aussetzen zu können, sondern im Vorfeld durch geeig- nete Maßnahmen die Exposition so weit herabzusetzen, dass keine bis geringe Schutzmaßnahmen notwendig sind. Das kann erreicht werden durch das in der Biostoffverordnung und den TRBAs hinterlegten TOP-Prinzip. T-O-P bedeutet technische Maßnahmen zuerst, dann organisatorische Maßnahmen und was dann (und erst dann) noch an Gefähr- dungen übrigbleibt, durch persönliche Schutzmaßnahmen abwehren. Eigentlich ist das TOP-Prinzip als STOP-Prinzip gedacht: Vor den techni- schen Maßnahmen ist die Substitution zu prüfen. Darunter ist der Ersatz des Bio- oder Gefahrstoffes (stattdessen) durch einen weniger gefährlichen Stoff zu verstehen. Für einige Arbeiten kann dies gut umgesetzt werden, z. B. wenn auf eine biozide Oberflächenbehand- lung verzichtet wird und stattdessen die Oberfläche feucht gereinigt wird. Beim Schimmel als Biostoff ist das weit schwie- riger, denn der kann bei der Entfernung von Biomasse nicht ausgetauscht oder durch andere Biostoffe ersetzt werden. Jetzt mag jemand meinen, dass dann doch der Einsatz eines Biozids hilfreich wäre. Dazu erinnern wir uns an den vorhergehenden Abschnitt und damit daran, dass beim Einsatz von Bioziden die Gefahrstoffverordnung gilt. Nun müssen wir abwägen, ob die Gefährdungen nach Biostoffverordnung (Risikogruppe 1, keine Schutzstufe etc.) durch die Ge- fährdungen der Gefahrstoffverordnung (MAK, TKW-Werte einhalten, Arbeits- platzüberwachung etc.) tatsächlich minimiert werden oder aber zusätzliche Belastungen auftreten können. Dabei ist völlig nebensächlich, ob das Biozid überhaupt in der gewünschten Form wirkt. Dieses Abwägen von Belastungen ist elementar. Erstellen der Gefährdungs­ beurteilung stark vereinfacht Damit es dann doch nicht so unange- nehm wird, eine akzeptable Gefähr- dungsbeurteilung zu erstellen, gibt es die DGUV-Information 201-028: Ge- sundheitsgefährdungen durch Biostoffe bei der Schimmelpilzsanierung. Diese DGUV-Information fasst alle Belange der Biostoffverordnung zusammen und bietet ein vereinfachtes Verfahren an, welches die Einhaltung aller Schutzziele sicherstellt und somit dem Unternehmer auch juristische Sicherheit bietet. Die DGUV-I macht einige sinnvolle Vereinfachungen: Schimmelpilze gelten bei der Entfernung schimmelbelasteten Materials als „Leitorganismen“, die selten die Risikogruppe 1 überschreiten. Sanierungsarbeiten sind immer unge- zielte Tätigkeiten. Das Infektionsrisiko ist als gering einzuschätzen. Es sind jedoch die sensibilisierenden und toxischen Eigenschaften zu berücksichtigen. Das bleibt eigentlich immer gleich. Und was auch immer gleich bleibt - es gelten die hygienischen Mindestanforderungen der TRBA 500. Also bitte auch die gleich mal abspeichern. Nun bedarf es nur noch der Expositi- Gefährdungsbeurteilung leicht gemacht nach DGUV-I 201-028 1. Biostoffe identifizieren: Einfach – Schimmelpilze als Leitorganismen – überwiegend Risikogruppe 1, nichtgezielte Tätigkeit. 2. Sanierungsverfahren auswählen und Exposition abschätzen: Tabelle benutzen ( erhöht , hoch , sehr hoch )! Staubarme Verfahren sind zu bevorzugen! TRBA 500 ist IMMER anzuwenden! 3. Einstufung in hoch ? Dann spielt die Dauer der Tätigkeit eine Rolle! Weniger oder mehr als 2 Stun- den? Das ändert die Baustellenein- richtung! 4. Gefährdungsklasse auswählen! Betriebsanweisung schreiben, Beschäftigte unterweisen und Maßnahmen umsetzen! 5. Prüfen, ob das auch so bleibt! Sind andere Verfahren notwen- dig? Muss mehr ausgebaut wer- den? Dann gehe zurück zu 2.! Bild 4: Gefährdungsbeurteilung leicht gemacht – dieses kleine Schema hilft beim Erstellen für Schimmelschäden ohne Beteiligung von Fäkalkeimen.

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