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Schützen & Erhalten · Juni 2022 · Seite 28 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE DNS-Fragmente soweit vervielfältigt wer- den, dass daraus ein Artenprofil entsteht. In Dänemark hat man mittlerweile gute Erfahrungen dazu, wie normale oder auffällige DNS-Profile aussehen. Bei die- sem Verfahren bekommt man am Ende ein Profil, das sich aus den Anteilen der jeweiligen nachgewiesenen Sequenzen zusammensetzt, aber keine „echten“ Zahlen wiedergibt. Auch hier ist eine Referenzprobe zu nehmen. Eine weitere biochemische Nachweis- möglichkeit liegt in der Erfassung der Stoffwechselaktivität der luftgetragenen Zellen, indem man spezielle Substrate anbietet, die bei Kontakt mit spezifischen Enzymen vitaler Zellen zu leuchten an- fangen. So verfügen Schimmelpilze über mit der beta-N-Acetylhexosaminidase (NAHA) ein spezifisches Enzym, mit dem vitale Pilzzellen sicher nachweisbar sind. Dazu wird zunächst wiederum ein definiertes Luftvolumen über eine Filterkartusche gezogen. Die Filterkartu- sche wird anschließend direkt mit dem Enzymsubstrat versetzt und für 30 min inkubiert. Das NAHA der Schimmelpilze wird aktiv und setzt das angebotene Substrat um, Fluoreszenz entsteht, dieses Fluoreszenzsignal wird gemessen. [6] Je mehr Enzyme das Substrat umset- zen, umso stärker ist die Fluoreszenz. Diese wird dann als RLU – Relative Lumi- nescence Units (relative Leuchteinheiten) angegeben. Die Anzahl der RLU ent- spricht aber nicht der Anzahl der Zellen oder der Biomasse, es zeigt nur an, dass viele Enzyme vorhanden und am Arbei- ten sind. Als Ergebnis werden Kategorien angegeben, die auf eine Hintergrund- belastung, eine erhöhte oder sehr hohe Belastung schließen lassen. Damit lassen sich also in erster Linie stoffwechselaktive Zellen nachweisen. Das Enzym ist jedoch nicht immer vorhanden, denn es wird nur von vitalen, stoffwechselaktiven Zellen gebildet. Damit kann nicht alles an Biomasse abgebildet werden. So sind Sporen selbst nicht stoffwechselaktiv, auch dormante oder letale Zellen werden nicht erfasst. Ein hier erzieltes Ergebnis würde also weniger Biomasse angeben als die Gesamtsporenzahl aber mehr erfassen als die Kultivierung von Schim- melpilzen aus der Raumluft. Beprobung der Raumluft durch MVOC-Messungen Unter MVOC fasst man mikrobielle leicht- flüchtige organische Substanzen (micro- bial volatile organic compounds) zusam- men. Das sind gasförmige Stoffwechsel- produkte, wobei sich einige direkt einem Schimmelpilzwachstum zuordnen lassen. MVOC sind verschiedenen Stoffklassen zuzuordnen, darunter Alkohole, Ester, Aromate, Ketone, Aldehyde, Terpene etc. Es gibt zahlreiche Studien darüber, welche MVOCs von welchen Pilzen im jeweiligen Lebensabschnitt auf unterschiedlichen Baustoffen gebildet werden, so dass es aus der Vielfalt der Möglichkeiten ratsam erschien, sich auf bestimmte ausgewählte typische Einzel- und Summenparameter festzulegen. Dabei hat sich die Mehrheit der Autoren auf 3-Methylfuran, Dime- thyldisulfid, 1-Octen-3-ol, 3-Octanon und 3-Methyl-1-butanol als Hauptindikatoren sowie Hexanon, Heptanon, 1-Butanol und Isobutanol als Nebenindikatoren festgelegt [7, 8]. Eine MVOC-Messung ist dann ange- zeigt, wenn über die zuvor vorgestellten Verfahren keine Hinweise auf eine Innenraumquelle auszumachen sind, die Nutzer aber über Befindlichkeits- störungen und Geruchsbelästigungen klagen. Es gilt dann festzustellen, ob sich die festgestellten Symptome mit den leichtflüchtigen Stoffwechselprodukten von Pilzen und Bakterien in Zusammen- hang bringen lassen. Um die MVOC zu erfassen, wird die Innenraumluft über ein adsorbierendes Trägermaterial geleitet, wobei im Wesentlichen die Verfahren über Aktivkohlefilter (Bild 5) und Tenax- Röhrchen etabliert sind. Die Verfahren unterscheiden sich in Aufbereitung und Messvolumen, jedoch werden beide Trägermaterialien über Gas-Chroma- tographie und Massenspektrometrie ausgewertet [3, 7]. Die Bewertung der Messergebnisse erlaubt dann eine Aussage darüber, ob der Innenraum mit mikrobiellen Stoffwechselprodukten derart belastet ist, dass von einem versteckten Schim- melpilzbefall ausgegangen werden kann. Dabei ist jedoch zu beachten, dass MVOCs oder den MVOCs ähnliche Substanzen auch ohne Schimmelschaden als VOC nachweisbar sein können. So können Pflanzen Entstehungsort sein aber auch Bauprodukte wie Farben, Kunststoffe oder Kleber. Die Substanz 3-Methylfuran wird z. B. mit Zigaretten- rauch in Zusammenhang gebracht, ein Umstand, der bei der Objektanamnese berücksichtigt werden muss, so dass ggfs. Referenzmessungen notwendig oder im Screening auch typische VOC aus Baustoffen zu berücksichtigen sind. Eine Unterscheidung ist beispielsweise anhand der nachgewiesenen Konzen trationen möglich. Werden die schimmel- pilztypischen MVOCs in Konzentrationen von ng - µg/m³ nachgewiesen, trifft man bauübliche VOC meist in Konzentratio- nen in mg/m³ an. Trotz der vielen Un- tersuchungen rund um die MVOC gibt es derzeit keine Bewertungshilfe, wie sie für kultivierbare Schimmelpilze oder Gesamtsporenzahl bekannt sind, die in den älteren Leitfäden vorgeschlagene Be- wertung der Indikatoren wurde mit dem Leitfaden 2017 zurückgezogen. Hier ist eindeutig Forschungsbedarf gegeben. Beprobung der Raumluft auf gasförmige Innenraumschadstoffe Es riecht komisch und die Nutzer zeigen Atembeschwerden. Wir erinnern uns an das Eingangsbeispiel. Das müssen nicht unbedingt Schimmelpilze oder Bild 5: Probennahme zur Erfassung von MVOC über Anasorb-Röhrchen mit einem Probennahmesystem der Firma Holbach Foto: Messal
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