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Schützen & Erhalten · Juni 2022 · Seite 30 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE Arbeiten an faserhaltigen Bauteilen, Rückbau- und Abrisstätigkeiten. Das betrifft nicht nur Asbest, sondern auch KMF. Die tauchen dann auch schon mal in der Partikelsammlung zur Gesamt- sporenzahl auf. Ein korrekter Nachweis ist damit nicht erbracht, jedoch ein Hinweis, dass weitere Untersuchungen folgen sollten. Die Luftbeprobung auf Asbestfasern erfolgt gemäß VDI 3492 durch Filtration auf speziellen Filterköpfen, die anschließend direkt mittels Rasterelektronenmikroskopie mit röntgendispersiver Feinbereichsanalytik (EDX) untersucht werden können. Werden im mikroskopischen Bild Fasern entdeckt, kann durch die punktgenaue Anregung der elementspezifischen Röntgenstrahlung die Zusammen- setzung der Faser ermittelt werden. Analog wird der Kanzerogenitätsindex (KI) der künstlichen Mineralfasern bestimmt. Für die Sanierungskontrolle bei Asbestsanierungen ist u. a. ein Sanierungszielwert von kleiner 500/m² einzuhalten. Für KMF gibt es diesen Sanierungszielwert derzeit nicht, jedoch werden Bewertungshilfen einzelner Län- der und Gemeinden in vergleichbaren Konzentrationen angeboten. Probennahmestrategie für Raumluftmessungen Allein die hier vorgestellte Auswahl an analytischen Möglichkeiten verdeutlicht die Fülle möglicher Erkenntnisse aber auch das Problem, die richtige Methode auszuwählen. An erster Stelle steht das Formulieren eines Messanspruchs, die benötigte Information: Schimmelpilze? Welche? In welcher Konzentration? In welchem Zustand? Also nix mit „Kannstemalmessenkommen“! Dann muss entschieden werden, welche Untersuchungen notwendig sind, um den Messanspruch zu erfüllen: Lebend- keimzahl und/oder Gesamtsporenzahl. Quote Gesamtsporenzahl zu kultivier- baren Schimmelpilzen. Dominierende Gattungen. Gern auch noch MVOC. Das ist eine klare Ansage. Im nächsten Schritt ist festzulegen, wo die Raumluft beprobt werden soll und wie oft. Sind dazu Vorbereitungen zu treffen wie Lüftungsintervalle einhalten, Wiederho- lungsmessungen oder Messzeit? Denn für Fasern oder chemische Luftpro- bennahmen müssen gern mal bis zu 8 Stunden eingeplant werden.[9] Das heißt aber nicht, dass damit die Messung auch wie gewünscht ein Ergeb- nis liefert. So ist es zwingende Vorausset- zung bei der Erfassung von kultivierbaren Schimmelpilzen und Gesamtsporenzahl, dass flugfähige Sporen vorliegen. Die Flugfähigkeit wird neben der Morpho- logie der Sporen aber auch von anderen Parametern wie der Luftfeuchtigkeit bestimmt. So konnte festgestellt werden, dass bei geringer Luftfeuchtigkeit mehr Partikel in der Raumluft nachweisbar sind als bei hohen Raumluftfeuchten. Auch das Schadensalter spielt eine Rolle. Bei frisch befallenen Oberflächen ist womöglich noch gar keine Sporulation erfolgt, so dass trotz erkennbaren Befalls das Ergebnis der Gesamtsporenmessung oder Luftkeimsammlung eine Innenraum- quelle ausschließen würde. Daher gilt als Regel, dass eine Beprobung der Luft nicht in Räumen mit sichtbaren Befällen durchgeführt werden. Der Sichtbefund ist ausreichend. [1, 4] Es empfiehlt sich daher, eine mikro- biologische Beprobung der Luft nur dann vorzunehmen, wenn – versteckte Schäden nachzuweisen sind, – die Dichtheit abgeschotteter befal- lener Bauteile überprüft werden soll, – eine Verdriftung von Schimmel- pilzbestandteilen aus befallenen in nichtbefallene Bereiche zu überprü- fen ist, dazu zählen auch Kontroll- messungen während der Sanie- rungsarbeiten, – wenn eine Exposition mit Schim- melpilzen, z. B. am Arbeitsplatz, zu bewerten ist und – die Qualität einer Feinreinigung nach Abschluss der Sanierungstätig- keiten festgestellt werden soll. Bewertung der Ergebnisse Zu beachten ist, dass jeweils nur eine Mo- mentaufnahme abgebildet wird und die Messzeiten gerade bei den mikrobiolo- gischen Verfahren sehr kurz sind, so dass Störungen bei der Messung das Ergebnis immens beeinflussen. Weiterhin muss be- rücksichtigt werden, dass gerade bei der Quellensuche und der Schadensaufnahme ein negativer Nachweis von Sporen in der Raumluft nicht zwangsläufig mit einer Schadensfreiheit gleichzusetzen ist. Und – der Nachweis einer Quelle sagt noch lange nicht aus, wo sich diese befindet. Das bedarf dann einer weiteren Suche inklusive einer Materialentnahme. Raumluftmessungen bieten natürlich den Nachweis eines Aufnahmepfades von Innenraumschadstoffen durch Inhalation. Doch eine Gesundheitsge- fährdung kann nur für die Substanzen abgeleitet werden, für die toxikologisch abgeleitete Richt- oder Leitwerte festge- legt sind. Das trifft beispielsweise zu für PCP, Formaldehyd oder Radon. Bei den mikrobiologischen Nach- weisverfahren ist in der Bewertung Vorsicht walten zu lassen. Hier gibt es derzeit kein Richtwertkonzept. Über die Aufmerksamkeitswerte, die auch in den Bewertungshilfen im Schimmel-Leitfaden hinterlegt sind, können Hinweise auf In- nenraumquellen identifiziert werden. Eine Gesundheitsgefährdung kann aus dem Nachweis nicht abgeleitet werden [3]. Literatur [1] Messal, C.: Mikrobielle Diagnostik. In: Der Bausach- verständige, Sonderheft Beweismittel und Beweis- führung, 2015 [2] Meider, J: Schimmelpilzanalytik, Grundlagen, Metho- den, Beispiele. Rudolf Müller Verlag, 2016 [3] Schimmelleitfaden – Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden. Online-Version, Umweltbundesamt Dessau-Roßlau 2017 [4] Messal, C.: Probennahme leicht gemacht. In: Schüt- zen & Erhalten, 4 (2013) [5] Lindgreen, J. N.: Anwendung von DNA-Analysen (qPCR) zur Erfassung von Typen und Mengen von Schimmelpilzen und Bakterien in Innenräumen. DHBV-Frühjahrstagung, Kolding 2014 [6] Yasemin Didem Aktas, Ioanna Ioannou, Hector Altamirano, Morten Reeslev, Dina D‘Ayala, Neil May, Melisa Canales: Surface and passive/active air mould sampling: A testing exercise in a North London housing estate, Science of the Total Environment 643 (2018) 1631–1643 [7] Schenke, S.: Erfassung und Bewertung von mikro- biellen volatilen organischen Substanzen (MVOC) in schimmelpilzfreien Innenräumen im Rahmen der Gießener Innenraumallergen-Studie (GINA-Studie). Diss. Universitätsbibliothek Giessen, 2010 [8] Seidl, H. P.: Schimmelpilze zwischen Hysterie und aktuellen klinischen Problemen, In: Umweltmedizin in Forschung und Praxis, Bd. 15, (2010), Nr.2 [9] Messal, C.: Kompendium Schimmel in Innenräumen. Fraunhofer IRB Verlag Stuttgart, 2018

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