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RECHTSBERATUNG Es schreibt für Sie: Rechtsanwalt Udo Küllertz Ricarda-Huch-Straße 1 · 41749 Viersen Telefon: (02162) 7212 Telefax: (02162) 77313 E-Mail: rechtsanwalt@kuellertz.de Internet: www.rechtsanwalt-kuellertz.de Schützen & Erhalten · Juni 2022 · Seite 32 Keinen Vorbehalt erklärt: Schadensersatz wegen Mangel(folge)schäden ausgeschlossen? OLG Köln, Beschluss vom 01.12.2021 – 16 U 115/21 BGB § 640 Abs. 3 25.03.2022 D ie Abnahme des Werks ohne Män- gelvorbehalt schließt nur die in § 640 Abs. 3 BGB genannten Rech- te, dagegen nicht die Ansprüche des Werkbestellers auf Schadensersatz wegen ihm entstandener Mangel- oder Mangelfolgeschäden aus.*) OLG Köln, Beschluss vom 01.12.2021 – 16 U 115/21 BGB § 640 Abs. 3 Problem/Sachverhalt: Der Besteller einer Werkleistung macht gegenüber dem Werkunternehmer klageweise verschiedene Ansprüche aus Schadensersatz (Privatgutachterkosten, Aufwendungen) geltend. Der Werkunter- nehmer zieht diese auch nicht in Zweifel; er erhebt jedoch den Einwand, dass der auf Schadensersatz klagende Besteller eine Abnahme ohne Mängelvorbehalt erklärt habe. Der Besteller bestreitet dies seinerseits zwar, der Werkunternehmer beharrt jedoch auf seiner Sicht. Entscheidung: Zu Unrecht, so das OLG. Selbst auf Basis des Vorbringens des Werkunternehmers, wonach seitens des Bestellers eine Ab- nahme ohne Mängelvorbehalt erfolgt sei, sei der Schadensersatzanspruch des Bestellers nicht ausgeschlossen, weil §640 Abs. 3 BGB diese Folge nicht vor- sehe. Der Wortlaut des § 640 Abs. 3 BGB sei eindeutig, wenn es dort heiße, dass dem Besteller bei einer Werkabnahme in Kenntnis von Mängeln, „die in § 634 Nr. 1 bis 3 BGB bezeichneten Rechte nur zu(stehen), wenn er sich seine Rechte ... vorbehält“. Der in § 634 Nr. 4 BGB geregelte Schadensersatzanspruch sei also ausdrücklich von einem Verlust ausgenommen. Diese Fassung des § 640 Abs. 3 BGB entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Während bezüglich der Vorgängerregelung des § 640 Abs. 2 BGB a.F. noch im Streit gestanden habe, ob die dort enthaltene Verweisung unter Ausschluss des in § 635 BGB a.F. geregel- ten Schadensersatzanspruchs auf einem Redaktionsversehen beruhe, sei ein sol- ches nach der Neufassung der Regelung in § 640 Abs. 3 BGB im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 auszuschließen, da der genannte Streit zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei und der Gesetz- geber den Fortbestand des Schadens- ersatzanspruchs nach § 634 Nr. 4 BGB somit in seinen Willen aufgenommen habe. Die in § 640 Abs. 3 BGB statuierte Unterscheidung zwischen den verschul- densunabhängigen Rechten nach § 634 Nr. 1 bis 3 BGB und dem verschuldensab- hängigen Schadensersatzanspruch nach § 634 Nr. 4 BGB sei auch – dies gerade entgegen der Wertung des Werkunter- nehmers und des OLG Schleswig (IBR 2016, 212) – interessengerecht, denn es bestehe kein Anlass, den Unternehmer im Fall einer rügelosen Abnahme auch von den Folgen schuldhafter Vertrags- verletzung freizustellen. Die genannte Differenzierung füge sich auch zu den übrigen Gewährleistungsregelungen des Werkvertragsrechts. Praxishinweis: Soweit das OLG Schleswig (IBR 2016, 212) meint, bei einer rügelosen Ab- nahme ließen sich die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gar nicht mehr erfüllen, weil der Besteller aufgrund des verlorenen Anspruchs auf Nacherfüllung dem Unternehmer nicht mehr die gem. §281 Abs. 1 BGB gebotene Frist zur Mängelbeseitigung setzen könne, verkennt es, dass eine Fristsetzung weiterhin möglich ist, wor- auf das OLG ausdrücklich hinweist. Seine Mängelbeseitigungsbefugnis verliert der Unternehmer nicht zwingend dadurch, dass der Besteller seinen Mängelbesei- tigungsanspruch verliert. Eine andere Sichtweise heißt, den Unternehmer gegenüber verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen des Bestellers zu privilegieren. (© id Verlag)
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