S&E Glossary
Schützen & Erhalten · September 2017 · Seite 26 Fachbereiche Sachverständige 2 Holzbalkone Konstruktiver Holzschutz? Statik? – etwas zum Nachdenken! Nachfolgend 2 Fallbeispiele zu Holzbalkonen in exponierten Lagen und speziellen Bauweisen. Die Fragestellung bezieht sich auf die beiden mit roten Pfeilen markierten Balkone in Foto 1. Nach über 20-jähriger Nutzung war den Mitgliedern der Haus- eigentümergemeinschaft der Zustand der Balkonkonstruktionen nicht mehr geheuer. Zur Untersuchung des baulichen Zustandes der Balkone wurden die Autoren beauftragt, diese zu untersuchen. Ergebnis der Untersuchungen: Die tragenden Bauteile sind alle aus Fichtenholz hergestellt. Einige dieser Bauteile waren kom- plett durch Fäulnis infolge Befalls durch Nass- fäulepilze (Blättlinge) zerstört. Nach Beendigung des Ortstermins wurden die beiden Balkone we- gen akuter Einsturzgefahr gesperrt. Das Untersuchungsergebnis und die damit bedingten Auswirkungen verwundern den Fach- mann nicht, da bei der Herstellung der Balkone der konstruktive Holzschutz eher am Rande be- rücksichtigt wurde. Nach heutigen Regelwerken sind alle tragenden Bauteile der Gebrauchsklasse GK 3.2 und in Teilen sogar der GK 4 zuzuordnen. Was allerdings verwundert, sind die doch extrem langen Standzeiten von über 20 Jah- ren. Hätten Holzschutzfachleute direkt nach Erstellung der Balkone aufgrund der gewählten Konstruktionen eine Abschätzung zu möglichen Standzeiten abgegeben, wären mit Sicherheit nur Zeiträume unter max. 5 Jahren, wenn überhaupt dabei herausgekommen. So ist es mit dem Bau- stoff Holz. Man hat den Eindruck, manche Kon- struktionen halten einfach aus „Gewohnheit“. Aber bilden Sie sich selber ein Urteil. Aufgrund des eindeutigen Befundes wurden weitergehende Untersuchungen zu Einträgen von Holzschutzmitteln an den Hölzern nicht durchge- führt. Allerdings ist bei der verwendeten Holzart Fichte Zweifel angesagt, ob ein für die Beanspru- chung ausreichender chemischer Holzschutz über- haupt möglich gewesen wäre. Die Holzschutzmit- telbehandlungen hätten qualitativ sehr hochwertig sein müssen, um große Teile der Holzquerschnitte zu erfassen. Fichtenholz ist aber bekannterweise sehr schlecht über den Holzquerschnitt zu im- prägnieren, weswegen diesbezüglich berechtigte Fragezeichen bzgl. einer qualitativ ausreichenden Holzschutzmittelbehandlung bestehen. Hinzu kommt, dass auch schon Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts die Forderung galt, zu- erst alle Möglichkeiten des baulich-konstruktiven Holzschutzes auszunutzen und dann dort, wo es erforderlich ist, chemischen Holzschutz ergän- zend zu verwenden. Der Eindruck liegt hier aber nahe, dass nur Letzteres und das auch in nicht ausreichendem Maße zum Zuge kam. Nachfolgend einige Details mit Skizzen und Fotos zu den Konstruktionen und vorgefun- denen Schäden. Rechter Balkon Der Balkon ist komplett in seiner tragenden Konstruktion aus Nadelholz (Fichte) hergestellt. Auf der äußeren Längsseite befinden sich 3 Stützen. Diese sind auf einer Länge von ca. 2m mit jeweils 2 Dübeln an den Stützen der Dach- konstruktion des darunter befindlichen Balkons befestigt. Die nördliche und mittlere Stütze der Dachkonstruktion sind wiederum auf der mas- siven Bodenplatte des Balkons im 2. OG aufge- ständert. Die südliche Stütze hingegen steht auf dem Balkongeländer auf. Am oberen Ende der Balkonstützen (DG) be- finden sich Zangenkonstruktionen aus jeweils 2 Holzbohlen, die parallel zur Balkonbreitseite bis zur Hauswand verlaufen. An den Stützen sind diese Zangen mit Metalldübeln befestigt. Im Be- reich der Hauswand liegt jeweils eine Zange auf einem an der Wand angebrachten Balken auf und ist zusätzlich an einem im Mauerwerk verankerten Stichbalken befestigt. Auf dem Wandbalken auf- liegend und am Stichbalken ebenfalls befestigt, ist jeweils ein Sparren der Dachkonstruktion des darunter befindlichen Balkons. Auf diesen Spar- ren wiederum aufgelagert sind die zweiten Boh- len der Zangenkonstruktionen. Foto1: 2 Balkone in Dachgeschosshöhe – nachfolgend als linker ( ) und rechter ( ) Balkon bezeichnet
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