S&E Glossary

Schützen & Erhalten · März 2011 · Seite 8 Materialien von Bauwerken wurden dem natürlichen Stoffkreislauf entzogen, sind zu Gebäuden zusammengefügt worden und sollen für die Ewigkeit halten. Si- cherlich verständlich, wenn man an den Herstellungsaufwand und die kulturell- gesellschaftliche Identifikation mit diesen denkt. Herausragende Gebäude werden als Denkmäler bezeichnet (Bild 1). Lässt das Interesse der Gesellschaft ge- genüber den Bauwerken nach, auch wenn es nur einen Augenblick dauert, so beschleunigen natürliche Prozesse die nicht gewollten Verän- derungen an den geschaffenen Werken – denn nichts ist beständig. Mangelhafte Wartung, langer Leerstand, fal- sche Nutzung und Witterungseinflüsse sorgen, insbesondere bei Holz, für die rasche Rückfüh- rung in den Stoffkreislauf der Natur. Im wahrs- ten Sinne des Wortes soll der Holzschutz dies verhindern. Objektive und ultimative Regeln zum Denk- malschutz gibt es genauso wenig wie beim Holz- schutz. So fassettenreich die Objekte, so unter- schiedlich sind die Ansichten der jeweiligen Ex- perten zum Erhalt der Bauwerke. Wen wundert’s, dass in der Praxis immer wieder konträre Meinun- gen aufeinander treffen. Welche Möglichkeiten hat man, um die ansatzweise Wortverwandtschaft auf einen gemeinsamen Praxisnenner zu bringen. Dazu sollten wir als Holzschützer die Ziele und Interessen der Denkmalschützer kennen. Vor 47 Jahren wurde in Venedig auf dem II. Internationalen Kongress der Architekten und Techniker der Denkmalpflege ein Papier erarbei- tet, welches als „Charta von Venedig“ Berühmt- heit erlangte. Grundlegende Gedanken, die uns Holzschützer gar nicht so fremd vorkommen, wurden formuliert: Artikel 4 „Die Erhaltung der Denkmäler erfor- dert zunächst ihr dauernde Pflege“. Artikel 10 „Wenn sich die traditionellen Tech- niken als unzureichend erweisen, können zur Si- cherung eines Denkmals alle modernen Konservie- rungs- und Konstruktionstechniken herangezogen werden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nach- gewiesen und durch praktische Erfahrung erprobt ist“ Private und öffentliche Bauherren haben mitunter nicht die Mittel und Möglichkeiten, um einfachste Reparaturen zu veranlassen. Auch die Pflege der Denkmäler liegt teilweise im Argen. Daraus resultierende Feuchtebelastungen führen zur Ansiedlung holzzerstö- render Organismen, die für irreparable Schäden sorgen. Mittelbar können benach- barte Bauteile in Mitleiden- schaft gezogen werden (Bild 2). Dies passiert meist außer- halb der Einflussmöglichkei- ten von Holzschutzfachleu- ten. Unser Fachwissen wird dann notwendig, wenn es auch für Laien offensichtlich ist, dass Holz sei- ne Struktur verändert hat und die Tragfähigkeit verloren ging. So wie für fast alle anderen Berufsbranchen gibt es auch im Bereich des Holzschutzes Re- gelwerke – insbesondere die DIN 68800 Teil 4. Diese Norm, im Entwurf vor etwa 1½ Jahren neu erschienen, wird zurzeit in der Endbearbei- tung diskutiert. In der folgenden Betrachtung wird auf die demnächst erscheinende Norm Be- zug genommen. Der Geltungsbereich der Norm erfasst Be- kämpfungsmaßnahmen gegen holzzerstörende Pilze und Insekten an Holz oder Holzwerkstoffen. Also auch Holz, welches in Denkmälern einge- baut ist. Dieses Holz entsprechend den Vorgaben der Norm auszubauen, es (chemisch) zu schüt- zen, so wie man es im profanen Wohnungsbau kennt, führt oft zu berechtigten Bedenken im Denkmalschutz. Die in der Norm empfohlenen Rückschnittlän- gen inkl. Sicherheitsbereich, bei Echtem Haus- schwamm 1,0 m (ggf. 0,5 m), bei Nassfäulepilzen 0,3 m (ggf. bebeilen) führen zu einem nicht unerheblichen Sub- stanzverlust. Werden zur Bekämp- fung des Echten Hauschwamms zusätzlich Schüttungen im Um- feld von 1.5 m sowie Mauerwerk ebenfalls mit einem Sicherheits- bereich von 1,5 m behandelt (Putz abschlagen, Bohren und mit Schwammsperrmittel ver- pressen), so bedeutet dies ei- nen weiteren Verlust originaler Bausubstanz. Den Insekten und Pilzen ist es letzten Endes egal, ob sie ein Denkmal schädigen oder sich in einem Wohnhaus ansiedeln. Deshalb gelten die in der Norm genannten Regeln auch grundsätzlich für Denkmäler. Verzichtet man jedoch zugunsten des „Denkmalgedankens“ z. B. auf den Ausbau schadhafter Hölzer (Bild 3 und 4), muss man sich im Klaren sein, dass ein gewisses Gefähr- dungspotential bestehen bleibt. Auch der Ver- zicht des Einsatzes von fungizid bzw. insektizid Fachbereiche Holzschutz Es schreibt für Sie: Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr Fachbereichs- leiter Holz- schutz An der Hohen Lache 6 06846 Dessau Telefon: (0340) 6611884 Telefax: (0340) 6611885 E-Mail: flohr@dhbv.de Denkmalschutz und Holzschutz – mit unvereinbaren Zielen? 3

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