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Schützen & Erhalten · September 2017 · Seite 24 Fachbereiche Schimmelpilze Typische Konzentrationen an kultivierbaren Schim­ melpilzen in der Außenluft. Gemessen wurde an verschiedenen Standorten sowie über mehrere Jahre (aus 14). Um biologische Schwankungen darstellen zu können, wird neben dem 50. Perzentil (Querstrich im Block auch das 25. (unteres Balkenende) und das 75. Perzentil (oberes Ende) abgebildet. Nur sehr wenige Werte weichen von diesen Werten ab. Ver­ gleicht man Innenraummessungen mit diesen Werten, so kann man davon ausgehen, dass Werte oberhalb dieser Werte im Innenraum mit einem besonderen (Schadens)Ereignis in Beziehung stehen. Arbeitet man auch hier mit dem 95. Perzentil (u. a. auch nach Gattungen aufgeschlüsselt), so erhält man die bekannten Bewertungshilfen, mit denen auf Innen­ raumquellen geschlossen werden sieht das beim Schimmel aus? Gibt es biolo- gische Grenzwerte? Ja, nur haben diese nichts mit Schimmel zu tun. Sie beziehen sich auf das sog. Humanmonitoring, das die Anreicherung und Wirkung von chemischen Agenzien im menschli- chen Körper, genauer im Blut und Urin, erfasst. Bei Schimmel folgt man einem anderen Kon- zept – dem Kontrollwert -Konzept. Bisher ist es nicht gelungen, aufgrund der Datenlage Ar- beitsplatzgrenzwerte festzulegen. Stattdessen wurde ein Kontrollwert festgelegt, wobei die- ses Verfahren bisher nur einmal für Abfall- und Kompostieranlagen durchgezogen wurde (12): „Ein Technischer Kontrollwert (TKW) legt die­ jenige Konzentration biologischer Arbeitsstoffe in der Luft für einen Arbeitsbereich, ggf. auch für ein bestimmtes Verfahren oder einen bestimmten An­ lagentyp, fest, die grundsätzlich nach dem Stand der Technik erreicht werden kann. Solch ein Wert dient der Beurteilung von technischen Schutzmaß­ nahmen und wird vom ABAS bestimmt. Er kann als Summenwert oder bezogen auf Mikroorganis­ mengruppen definiert werden. Ein TKW ist an die jeweils dafür festgelegte Messstrategie gebunden.“ Der technische Kontrollwert wurde für Schim- melpilze in der Luft auf 50.000 KBE/m³ fest- gelegt. Dieser Wert gilt nur für Arbeitsplätze, nicht für Wohnungen oder Dachstühle. Dieser Wert stellt, vielleicht erinnert sich der eine oder andere Leser noch, die Grenze dar, ab welcher Atemschutz zu tragen ist oder, wer die DGUV- I 201-028 vor Augen hat, die Grenze zwischen der Gefährdungsklasse 1 und 2 dar. Dieser Wert gilt bei der Sanierung eines Schimmelschadens, jedoch nicht bei seiner Feststellung im Innen- raum. Also Vorsicht bei der Anwendung. Auch hier wird jetzt sicher der eine oder an- dere tief Luft holen. Schon wieder. Der Sanierer muss erst ab 50.000 KBE/m³ eine Maske tragen, im Innenraum wird aber von einem Schaden ge- sprochen, wenn 500 KBE/m³ über der Außenluft festgestellt werden. Ja, das ist so und das ist auch richtig so! Und hier sind wir wieder beim Dieselgate. Und den unterschiedlichen Bewertungen. Die 500 KBE/m³ Abweichung in außenluftuntypischen Gattungen stellen, wenn wir eine Luftmessung auf kultivierbare Schimmelpilze machen, bezogen auf die Normalwerte eine Abweichung oberhalb des 95. Perzentils dar. In den Bewertungstabel- len im Schimmelleitfaden für Luftuntersuchungen sind nämlich Perzentile hinterlegt. Es handelt sich demnach um einen Aufmerksamkeitswert, der lediglich anzeigt, dass da etwas in der Luft rumschwirrt, was dort zu dieser Zeit und in dieser Konzentration unüblich ist und wahrscheinlich durch einen Schimmelschaden freigesetzt wird. Und nun erinnern wir uns noch einmal an die Gefährdungen, die durch Schimmelpilze und Begleitorganismen ausgehen können. Zu aller- erst sind die sensibilisierenden Wirkungen zu nennen. Für die Ableitung toxisch oder epide- miologisch begründeter Richtwerte reicht die Daten- und Kenntnislage derzeit nicht aus. Hier kommen wir also nicht weiter. Doch gerade die sensibilisierenden Wirkungen sind mehr als alle anderen Einwirkungen abhängig von der per- sönlichen Disposition der exponierten Person. Es kann eine genetische Vorbelastung geben aber auch Stress, Medikamenteneinnahme oder Rekonvaleszenz sind Faktoren, welche die eine Person anfälliger machen als die andere. Und nun stelle man sich vor, dass nach getaner Ar- beit mit zumutbaren AGW in der eigenen Woh- nung der Schimmel wartet, man Stress mit dem Partner hat und dann auch noch eine Erkältung auskuriert werden soll. Wo man doch eigent- lich seine Arbeitskraft regenerieren soll. Eine latente Belastung also, wenn auch im Vergleich als gering eingestuft. Da weiß keiner, was da- bei rauskommt. Deshalb reicht der Quellennachweis aus. Und mit Quelle ist hier in der Tat eine signifikante Abweichung zum Normalzustand zu verstehen. Also ein Schimmelschaden, den wir in die Kate- gorie 2 oder 3 nach UBA 2017 einordnen. Inokulieren und Ausplattieren von Schimmelpilzsuspensionen, die aus Materialproben (Dämmstoffen) gewonnen wurden. Nach der Bebrütung werden die kultivierbaren Schimmelpilze als koloniebildende Einheiten erfasst und auf die Einwaage hochgerechnet. Dann zeigt sich, ob man im Bereich einer normalen Hintergrund­ belastung liegt oder eine Ausbauempfehlung ausgesprochen wird. Fotos: Dr. Constanze Messal

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