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Schützen & Erhalten · Dezember 2016 · Seite 26 Fachbereiche Schimmelpilze Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Dr. Messal, mit Ihrem Artikel „Was heißt denn hier verkehrs- fähig? Regelungen für den Biozideinsatz“ wol- len Sie nach eigenem Bekunden „Licht in diesen Dschungel“ bezüglich der Verkehrsfähigkeit von Biozidprodukten bringen. Dies ist leider nicht gelungen. Im Gegenteil, Sie beschreiben Zulassungsprocedere für Biozid- produkte, die es so nicht gibt. Anstelle von nati- onalen Übergangsregelungen für Biozidprodukte schreiben Sie von vorläufigen Zulassungen. Sie beziehen sich auf Gesetzestexte, die gestrichen sind und ordnen der TRGS 900 Stoffe und Konzen- trationsgrenzwerte zu, die darin nicht enthalten sind. Aus gesetzlichen Regelungen zu Werbeaus- sagen machen Sie Pflichtangaben für die Verpa- ckung von Biozidprodukten. Weiter beschreiben Sie in Ihrem Artikel bio­ zide Wirkstoffe und Biozidprodukte wiederholt als schädlich und vermitteln den Eindruck, als wür- de sich dies auf die Gefährdung von Menschen beziehen. Die „Schädlichkeit“ bezieht sich auf die Zielorganismen. So steht in der Biozid-Ver- ordnung: „Biozidprodukte sind notwendig zur Bekämpfung von für die Gesundheit von Mensch oder Tier schädlichen Organismen und zur Be- kämpfung von Organismen, die natürliche oder gefertigte Materialien schädigen.“ Weiter ist die Beschreibung, was ein Anwender alles zu tun hat, bevor er ein Biozidprodukt ein- setzen darf, irreführend. Das gilt auch für Ihre An- merkungen zu den Etiketten von Biozidprodukten. Leser, die Verordnungen nicht im Detail ken- nen, verlassen sich auf Inhalte von Fachzeitschrif- ten, daher sehe ich es als Ihre Pflicht, die fehler- haften Angaben richtig zu stellen. Gerne kann ich konkretere Hinweise zu den jeweiligen Punkten geben. Dr. Cordula Schmitz, DLAC Dienstleistungsagentur Chemie GmbH, E-Mail: schmitz@dlac-gmbh.de Leserbrief zu Artikel „ Was heißt denn hier verkehrsfähig? Regelungen für den Biozideinsatz “ erschienen in „Schützen & Erhalten“, Ausgabe 3/2016 Antwort zum Leserbrief von Frau Dr. Schmitz Sehr geehrte Frau Dr. Schmitz, ich danke Ihnen für die zahlreichen Hinweise zu meinem Artikel, die ich sorgfältig geprüft habe. Sie haben Recht. In meinem Artikel ist es mir nicht gelungen, das Zulassungsprocedere für Neuwirkstoffe in Abgrenzung zu Altwirkstoffen mit Übergangsregelungen korrekt darzustellen. Ihre Zuarbeit war mir dabei eine große Hilfe. In der Tat dürfen Biozidprodukte mit Alt- wirkstoffen, die derzeit im Bewertungsverfahren sind und daher noch nicht abschließend geneh- migt sind, zulassungsfrei verkauft werden, bis die Kommission entweder den Wirkstoff geneh- migt oder aber negativ bewertet. Bis zu diesem Zeitpunkt (max. 2024) muss für diese lediglich bei der BAuA gemeldeten Produkte kein Dossier vorgelegt werden. Bei der Meldung, die elektro- nisch erfolgt, muss einzig der Handelsname, der enthaltene Wirkstoff und die Produktart ange- nommen werden. Der Anmelder erhält eine N- Nummer und sofort die Mitteilung, bis wann das Biozidprodukt ohne Zulassung verkauft werden darf. Eine Überprüfung des Produktes auf Wirk- samkeit erfolgt nicht. Wird der dem angemeldeten Biozidprodukt zugrunde liegende Altwirkstoff genehmigt, so hat der Anmelder nach Veröffentlichung der Genehmigung zwei Jahre Zeit, ein Dossier zur Zulassung als Biozidprodukt einzureichen. Bei mehreren Altwirkstoffen gilt hierbei die zuletzt erteilte Genehmigung. Wird kein Dossier einge- reicht, erlischt die Verkehrsfähigkeit. Weiterhin gelten dann Fristen für Abverkauf und Nutzung eines nicht mehr verkehrsfähigen Biozids. Verweisen möchte ich darauf, dass nach Artikel 55, Absatz 2, der Biozid-Verordnung für Produkte mit Neuwirkstoffen vorläufige Zulas- sungen erteilt werden können. Sie nehmen Bezug auf die BP-V und zitieren die Notwendigkeit des Einsatzes von Biozidpro- dukten. Das wird von mir nicht bestritten. Biozid- produkte sind in zahlreichen Anwendungsfällen überaus wirksam und ihr Einsatz alternativlos. Dies ergibt sich auch aus dem Gesamtkontext des von Ihnen zitierten Hinweises. Denn dort heißt es nicht nur: „Biozidprodukte sind notwen- dig zur Bekämpfung von für die Gesundheit von Mensch oder Tier schädlichen Organismen und zur Bekämpfung von Organismen, die natürliche oder gefertigte Materialien schädigen.“ Sondern weitergehend: „Von Biozidprodukten kann aller- dings aufgrund ihrer inhärenten Eigenschaften und der hiermit in Verbindung stehenden Formen der Verwendung ein Risiko für Mensch, Tier und Umwelt ausgehen.“ Daraus ergibt sich für den professionellen Anwender, oder wie wir es gerne formulieren, den Ausführenden, Konsequenzen hinsichtlich des Arbeitsschutzes, des Objektschutzes und des Schutzes unbeteiligter Dritter und anderer Beschäftigter. Dies findet sich bei genehmigten Wirkstoffen u. a. in den Durchführungsverord- nungen, die unter Besondere Bedingungen in Punkt 2 die Einhaltung des TOP-Prinzips für den professionellen Anwender als Bedingung für die Zulassung festlegen. Auch bei zulassungsfreien Biozidprodukten muss der Ausführende im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung eine Bewertung potentieller schädlicher Einwirkungen vornehmen und die Substitution prüfen. Dazu dienen Sicherheitsdatenblätter, ein genaues Studium der Etiketten von angebotenen Bio- zidprodukten ebenso, wie weitergehende Infor- mationen, die z. B. durch die DGUV angeboten werden. Hier ist der Ausführende selbst verant- wortlich und muss den entsprechenden Kennt- nisstand vorweisen. Unter dem Blickwinkel be- trachtet, wie einfach es ist, ein Biozidprodukt durch Nutzung der Übergangsregelungen auf den Markt zu bringen, erscheint mir dieser Aspekt sogar noch wichtiger. Sie verweisen darauf, dass meine Ausfüh- rungen zu Etiketten von Biozidprodukten irre- führend sind. Wie bereits beschrieben, habe ich im Vorfeld von Ihnen eine – hier im Einzelnen nicht aufgeführte − umfängliche Liste mit An- merkungen erhalten. Eine konkrete Anmerkung hierzu konnte ich jedoch nicht finden, sodass sich mir Ihr Vorwurf der Irreführung nicht er- schließt. Sicherlich ergibt sich Diskussionsbe- darf hinsichtlich der Unterscheidung von Wer- bung und Kennzeichnung von Biozidprodukten nach Artikel 69 und 72 der BP-V. Wie Sie wissen, sind hier unterschiedliche Rechtsmeinungen zu finden, sodass eine abschließende Klärung ab- zuwarten bleibt, die mit Sicherheit nicht aus unserer Diskussion erwachsen wird. Die von Ihnen gerügten Zitate nicht mehr gültiger oder falsch zitierter Rechtsvorschriften kann ich so nicht nachvollziehen, da die Gültig- keit der GefStoffV unbeschadet bleibt von der Streichung einzelner Paragraphen in anderen Gesetzeswerken. Aus der GefStoffV ergeben sich auch, wie im Text dargestellt, Besonderheiten im Umgang mit Wasserstoffperoxid. Weiter sind in der TRGS 900 Arbeitsplatzgrenzwerte von Des- infektionsmitteln aufgeführt, die im Bereich der Schimmelbekämpfung häufig eingesetzt werden. Sehr geehrte Frau Dr. Schmitz, Ihre kritische Auseinandersetzung mit meinem Artikel sowie die hilfreichen Anmerkungen zu Fehlern in der Darstellung des Zulassungsprocedere haben zu einer Vertiefung meines Wissenstands geführt und werden zukünftig meine Arbeit bereichern. Ich würde mich freuen, wenn wir auch zukünftig im Erfahrungsaustausch verbleiben. Dr. Constanze Messal

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