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Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 74 DIE EX-PRESS Berufsinformation des DSV e.V. | Wissenswertes Tatortreinigung, ein Überblick Leichenwohnungen gehören mit Sicherheit zu den unangenehmsten Arbeiten im Ar- beitspensum eines Schädlingsbekämpfers. Im ungünstigsten Fall bekommt man im Hochsommer den Anruf, dass jemand in seiner Wohnung gefunden wurde, dort aber bereits mehrere Wochen gelegen hat. Nun ist nicht nur Schnelligkeit gefragt, sondern auch eine robuste Psyche. Oft möchten die Kunden vorher über die Kosten informiert werden, ohne Besichtigung des Tatortes ist dies aber nicht möglich. Eine kurzfristige Besichtigung, sowie ein entsprechendes Angebot sind unvermeidbar. Vor Ort sollte sich immer ein Bild von der Lage gemacht werden. Je nach Sachlage und Zustand der Wohnung können Aufwand und die nötigen Maßnahmen stark variieren. Zu den unange- nehmsten Vorkommnissen bei einem Leichen- fund gehört mit Sicherheit der Austritt von Lei- chenflüssigkeit. Auch Reste von Urin oder Fä- kalien können am Tatort verbleiben. Nicht nur der Geruch ist hier besonders unangenehm, auch das Entfernen jener „Hinterlassenschaften“ ge- staltet sich mitunter aufwendig. Gerade wenn der Verstorbene länger am Fundort lag und die Flüssigkeiten längst in Teppich oder gar Parkett eingezogen sind, hilft kein Desinfektionsmittel der Welt mehr. In so einem Fall müssen Teppich oder Parkett herausgerissen und entsorgt werden. Das sollte im Vorab mit den Hinterbliebenen oder dem Vermieter geklärt werden, auch um spätere Missverständnisse zu vermeiden, wenn der doch so wertvolle Teppich auf einmal entsorgt wurde. In diesem Zug kann zudem eine Entrümpelung mit angeboten werden. Nicht immer möglich, aber in einem gewissen Maß, recht sinnvoll ist in diesem Zug eine Bestandsaufnahme vor Ort, zusammen mit den Eigentümern. Es gibt durch- aus Fälle in denen man des Diebstahls bezichtigt wird, da angeblich die alte Ming-Vase im Neben- zimmer nicht mehr vorhanden ist. Der eigentliche Einsatz sollte als letzter Ta- geseinsatz terminiert werden. Es kann für einen Mitarbeiter recht undankbar sein, nach einer Tatorteinigung noch weitere Stunden anstren- gende Kunden abklappern zu müssen. Nicht nur der Ekelfaktor, vor allem die psychische Bela- stung sollte nicht unterschätzt werden und kann je nach Mitarbeiter und Auftrag durchaus enorm sein. Immerhin handelt es sich oft um tragische Fälle, vereinsamter Personen, die offensichtlich kein glückliches Leben geführt haben. Solche Situationen unverblümt vor Augen geführt zu bekommen, kann durchaus an die Nieren gehen. Um dem Ekelfaktor vorzubeugen helfen, zu- mindest bezogen auf den Verwesungsgeruch, ei- nige Tricks. Neben Masken mit Aktivkohlefilter, kann beispielsweise auch der Einsatz von Minz- öl Erleichterung schaffen. Dieses kann entweder direkt unter die Nase oder im Innenbereich von Atemschutzmasken aufgetragen werden. Eine Reinigung der Masken nach Beendigung der Ar- beit sollte selbstverständlich sein. Alternativ dazu lässt sich auch ein Ozongerät einsetzen, welches für etwa 30 Minuten die Luft „säubert“. Zwar wirkt diese Behandlung nicht nachhaltig, für den Zeitraum während des Einsatzes sollte es in milderen Fällen allerdings reichen. Die nö- tige Zeit muss eingeplant und im Angebot ein- gerechnet sein. In jedem Fall muss Arbeitsschutzkleidung in Form von Einwegschutzanzügen, inklusive Schuhe, getragen werden. Je nach Einsatz und Desinfektionsmittel gehört auch eine Schutzbrille (zusätzlich zum bereits erwähnten Atemschutz) dazu. Da sich starker Verwesungsgeruch auch in getragener Kleidung festsetzt, ist der Unterneh- mer verantwortlich, seinen Mitarbeitern eine Möglichkeit zum Wechseln der Kleidung zur Ver- fügung zu stellen und die Arbeitskleidung (sofern Matratzen, Stoffe und andere Gegenstände die so mit Körperflüssigkeiten vollgesogen sind, lassen sich nur noch entsorgen.
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