S&E Glossary
Die Ex-Press Berufsinformation des DSV e.V. | Wissenswertes sechs Monate laufenden Studie trat in den 15 Appartments mit Klebeband-Behandlung nur ein Verdachtsfall auf. Im gleichen Zeit- raum gab es in den 44 unbehandelten Ap- partments insgesamt 75 eindeutige Bettwan- zenbefälle. Alle dieser 44 Appartments wa- ren betroffen, in einige davon mussten die Schädlingsbekämpfer mehrfach anrücken. Bei der Auswertung der Studie wurde der eine Verdachtsfall in der Gruppe der 15 behandelten Appartments genauer unter die Lupe genommen. Dabei kam heraus, dass das Klebeband nicht korrekt angebracht wurde. Nach Frau Jacobsen von Nattaro Lab muss beim Aufkleben beson- ders auf ausreichenden Druck geachtet werden. Der Hersteller empfiehlt dazu die regelmäßige Kontrolle auf Bettwanzen durch Fachpersonal. Inzwischen möchten schwedische Kommunen die Klebebänder auch in Studentenwohnheimen und Obdachlosenasylen anwenden. Kieselgur gegen Getreideschädlinge nur bedingt praxistauglich Die Hersteller von Kieselgurstäuben geben bei Getreide je nach Befall eine Dosierung von etwa ein bis zwei Kilogramm pro Tonne an. Je- doch ist der Einsatz gegen Vorratsschädlinge im Getreide sehr umstritten und nicht immer erfolgreich. So wirkt Kieselgur nicht gegen die Larven des Kornkäfers. Das schwarz-braune Korn- käferweibchen bohrt die Getreidekörner auf und legt die Eier im Inneren des Korns ab. Hier kann sich die Larve gut geschützt vor einer Kieselgur- Bestäubung entwickeln. In einer Information des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen werden insbesondere für Brotgetreide „erhebliche Bedenken“ gegen den Einsatz von Silikatstäuben erhoben, da die am Korn anhaftenden Stäube schlecht entfernt wer- den könnten und nicht geschmacksneutral seien. Jürgen Plange von der Premium Mühlen Gruppe bestätigt diese Skepsis: „Wir sehen Kieselgur als nicht geeignet an zur Anwendung im Getreide.“ Dafür gebe es viele Gründe. Ein Nachteil liege darin, dass es das Korn zusammenbacke. Nach Plange drücken sich die Silikatpartikel in die Oberfläche der Körner und binden diese zusam- men. Er erinnert sich an Schwierigkeiten, die eine mit Kieselgur behandelte Ladung Bio-Wei- zen verursachte: „Der LKW wollte seine Ladung kippen, das Getreide rutschte jedoch nicht in die Gosse, sondern haftete wie ein Block auf dem LKW fest.“ Dazu sei eine Reinigung von Getrei- de mit zusammengebackenen Körnern nur unter hohem Produktverlust möglich. Weitere Nachteile liegen nach Plange in der scheuernden Wirkung des Silikatstaubes, die den Verschleiß in Förder- anlagen und Silozellen befördere und die Lau- stärke in Förder- und Reinigungsanlagen stark erhöhe. Nicht zuletzt würden die Masttiere das bestäubte Getreide als Futter ablehnen. Ange- sichts dieser „gravierenden Nachteile“ sei Kie- selgur keine wirkliche Alternative. Schädlings- bekämpfer Wolfgang Szemjonneck von S&A aus Westerholz teilt die Bedenken Planges, sie beträ- fen ein „Riesenproblem“. Dazu weist er auf Hau- tirritationen hin, die Kieselgurstäube auslösen könnten. Andererseits eignet sich Kieselgur nach Szemjonneck gut im Randbereich von Getreide, insbesondere nach der Auslagerung im Frühjahr, und grundsätzlich bei der Leerraumentwesung. Die Beispiele zeigen, dass Kieselgur keine Wunderwaffe ist, sondern ein interessanter Wirk- stoff im Sortiment der Schädlingsbekämpfung- mittel. Viele und nur von erfahrenen Fachleuten erkennbare Kriterien bestimmen den Einsatz in der Praxis, Ungiftigkeit und Wirksamkeit eines Biozids reichen dafür alleine nicht aus. 1 Modell eines Kornkäfers an einem Weizen korn, 1935 angefertigt von Alfred Keller für das Museum für Naturkunde Berlin. Bild von Anagoria, Wikipedia.fr 2 Mit Kieselgur eingestäubte Mundwerkzeuge eines Kornkäfers im Rasterelektronenmikroskop. Bild: Dr. Inge Mewis, Berlin 3 Bettrahmen mit Kieselgur-Klebeband. Bild: Nattaro Lab 4 Mit Silikatstaub getötete Bettwanzen. Bild: Nattaro Lab 5 Getötete Bettwanze auf Kieselgur-Klebeband. Bild: Nattaro Lab 2 3 4 5 Schützen & Erhalten · März 2016 · Seite 67
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