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Schützen & Erhalten · Dezember 2011 · Seite 20 Bei einem Schimmelpilz bzw. bei einem Bakterienbe- fall auf einer Dichtstofffu- ge (Silikon bzw. Acryl) muss zwischen einem Primär- und Sekundärbefall unterschieden werden. Nach der Aufkeimung einer Schimmelpilzspore muss für das Fortschreiten des My- zel ein verwertbares Substrat (Nährstoff) vorliegen. In die- ser Entwicklungsphase ist der Dichtstoff selbst für die Ver- stoffwechselung (Schimmel- pilzbefall) nicht geeignet. Die für eine Schim- melpilzbildung notwendigen organischen Ver- bindungen in einem Dichtstoff sind chemisch gebunden, sodass diese als Nährstoffgrundlage nicht genutzt werden können. Das heißt, dass der primäre Schimmelpilzbefall erst in der ver- schmutzten Oberfläche eines Dichtstoffes statt- findet. Diese Verschmutzung setzt sich aus or- ganischen Stoffen zusammen, die z.B. in einer Duscheinheit durch Hautschuppen, Textilfasern, Haare und Waschmittel sichergestellt wird. Nachdem die organische Verschmutzung auf einer Dichtstofffuge einen Schimmelpilzbefall ausgebildet hat, kommt es im weiteren Verlauf zu einem sogenannten Sekundärbefall, bei dem das Myzel in den Dichtstoff hineinwächst und durch eine Absonderung von Stoffwechselpro- dukten den Dichtstoff chemisch aufschließt, die verwertbaren Kohlenstoffverbindungen freisetzt und diese als Nährstoffgrundlage nutzen kann. Hierbei wächst das Myzel langsam, aber stetig in die Tiefe der Dichtstofffuge, welche dann das eigentliche Substrat einer Schimmelkultur dar- stellt. Ist es zu einem Sekundärbefall gekommen, muss der gesamte Dichtstoff entfernt werden, da der Schimmelpilz bzw. die Bakterien bei einer erneuten Befeuchtung weiter anwachsen. Das bedeutet, dass bei dem Ausbau einer schimmel- pilzbefallenen Dichtstofffuge darauf zu achten ist, dass diese Fuge vollständig entfernt wurde. Selbst kleine Reste sind hier nicht zu tolerieren. Zusätzlich ist eine Desinfektion mit Isopropanol- Alkohol bzw. Wasserstoffperoxyd als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme sinnvoll. Fungizide Stoffe werden Dichtstoffen zu- gesetzt, um einen in Feuchträumen eingesetz- ten Dichtstoff vor einem Schimmelpilzbefall zu schützen (Sanitärsilikon). Aus diesem Grunde riechen Sanitär-Silikone bei der Verarbeitung häufig nach Essig. Früher wurden noch queck- silberhaltige Präparate eingesetzt, wobei heute nur noch ungiftige Fungizide den Dichtstoffen zugemischt werden. Diese heute eingesetzten ungiftigen Fungizide weisen – wenn auch nur in geringem Maße – eine Wasser- löslichkeit auf. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die bei- gemengten Fungizide – gerade im Feuchtbereich – nicht all- zu schnell aus dem Dichtstoff herausgelöst werden. Es muss auch sichergestellt sein, dass über einen längeren Zeitraum eine ausreichend hohe gelö- ste Konzentration an Fungizi- den vorhanden ist, um einen mikrobiellen Befall präventiv ausschließen zu können. Da- raus ist zu schließen, dass die Schimmelpilzprä- vention durch Fungizide nach einem begrenzten Zeitraum erlischt und ein Schimmelpilzbefall in Feuchträumen als normal bezeichnet werden muss. Aufgrund der Wasserlöslichkeit dieser Fun- gizide in Dichtstoffen ist der Verbrauch dieses Fungizides stark von der anfallenden Feuchtig- keitsmenge abhängig. Fungizide-Beimengungen in Dichtstoffe können einen Schimmelpilzbefall grundsätzlich nicht ausschließen. Wenn z.B. die Dichtstoffoberfläche durch abgelagerten Schmutz oder durch wasserabweisende Stoffe an seiner Entfaltung gehindert wird, kann es trotz des fungiziden eingestellten Dichtstoffes zu einem Schimmelpilzbefall kommen. Aus Erfahrung kann jedoch gesagt werden, dass die fungizide Ausrü- stung eines Giftstoffes als ausreichende Hemm- schwelle bei normal genutzten Feuchträumen und bei Einhaltung normaler Reinigungsmaß- nahmen anzusehen ist und es zu keinem mikro- biellen Befall auf einer Dichtstofffuge kommt. Forciert wird ein Schimmelpilzbefall auf Dicht- stoffen neben einer Verschmutzung auch durch ein feuchtwarmes Klima, häufige Wasserkonden- sation oder -benetzung und schlechte Belüftung. Würde es unter diesen Bedingungen zu einem Primärbefall kommen, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis Myzele in den Dichtstoff vordringen und damit ein Sekundärbefall entsteht. Um ei- nen primären als auch einen sekundären Befall zu verhindern und die Lebensbedingungen des Schimmels zu stören, bedarf es einer erhöhten Sauberkeit und Hygiene. Problematisch sind Flankenabrisse, die sich insbesondere an Kreuzfugen ergeben. Hier be- steht häufig kein homogener Verbund des Dicht- stoffes zum Untergrund. Mit dem hinterläufigen Wasser gelangen auch Schmutzpartikel unter die Dichtstofffuge, die durch normale Reinigungsin- tervalle nicht mehr nachhaltig gereinigt werden können. Aus diesem Grund ist in der täglichen Baustellenpraxis der Schimmelpilzbefall in einer Dichtstofffuge häufig von solchen Flankenabris- sen ausgehend. Fachbereiche Schimmmelpilze Es schreibt für Sie: Dipl. Ing. Norbert Becker Fachbereichs- leiter Schimmelpilze Aehlemaar 12 51467 Bergisch Gladbach Telefon: (02202) 863853 Telefax: (02202) 863854 E-Mail: becker@dhbv.de Was macht der Schimmelpilz an der Dichtstofffuge in Feucht- räumen? 4

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