S&E Glossary

LESERBRIEFE Im Rahmen der 18. Hanseati- schen Sanierungstage, in diesem Jahr unter der Thematik „Feuch- teschutz“ in Heringsdorf/Usedom stattfanden, sollte ganz großes Kino geboten werden. Neueste Er- kenntnisse über „Hydrophobierende und/oder porenverschließende In- jektionsmittel“ [1] wurden verspro- chen… aber nicht gehalten! Hauptdarsteller und gleichzeitig Referent war das Vorstandsmitglied des BuFAS e.V., Prof. Dr. tech. Mi- chael Balak aus Wien, die Neben- rolle besetzte Dr. Ing. Christian Simlinger, Leobersdorf. Der Vorhang öffnete sich und es erschien die „ZMK“ Klinik für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde in Wien. Prof. Balak erläuterte, dass dieses Objekt während des kom- pletten Drehs (Versuchsdauer) zur Verfügung stand und „im Bereich der gesamten Versuchsstrecke iden- tisch“ war, also ein ideales Praxis- objekt darstelle. [2] Anhand der prä- sentierten Bilder war augenschein- lich eine extreme Versalzung der Gebäudeaußenwände erkennbar, auf die aber im Rahmen des Mo- vies (Vortrags) nicht weiter ein- gegangen wurde. Die Ermittlung der Feuchtigkeit infolge hygroskopi- scher Salze wurde nicht erwähnt und der hygroskopische Durch- feuchtungsgrad fand keinerlei Be- rücksichtigung in den Prüfergeb- nissen. Die Prüfungen der Wirksam- keit der Injektionsstoffe wurden am Objekt dann wie folgt durchgeführt: Zunächst wurden mit Hilfe von Bewässern und Einsatz von Heiz- stabtechnik die Mauerwerksbildner auf 20%, 50% und 80% Durch- feuchtungsgrad eingestellt. An- schließend wurden „hydrophobie- rende und/oder porenverschließen- de Injektionsmittel“ drucklos oder mit Druck in die vorbereiteten Mauerwerkswände eingebracht. Die Mauerwerksstärken mussten dem Lichtbildvortrag entnommen wer- den, da diese in der „One Man“ Vorstellung ebenfalls keine Erwäh- nung fanden. Mit der „Gießkanne“ als drucklose Tränkung, wie auch mit Injektionsflachen wurde das Mauerwerk getränkt. Ebenso wur- de neben dem Druckinjektionsver- fahren mit Hohldocht- und Sprüh- impulsverfahren injiziert. Abschlie- ßend wurde oberhalb der Injekti- onszone getrocknet, unterhalb permanent gewässert. Die Überprü- fung der Wirksamkeit fand mit dem Darr-Verfahren statt, nachdem aus der Injektionszone und unmittel- bar oberhalb derselben acht Wo- chen nach den Injektionen Bohr- kerne entnommen wurden. Die Bohrkerne wurden neben ihres Feuchtigkeitsgehaltes auch in Hinblick auf das Ausbreitmaß der Injektionsstoffe überprüft. Die la- borseitige Untersuchung der Wirk- samkeit wurde ausschließlich an konditionierten (DFG) und ver- dämmten Ziegeln durchgeführt. Dies hatte allerdings eher den An- schein einer Impfung! Dass hier ein unkontrollierter Abfluss im Wandbildner der „ZMK“ stattgefunden hat, ist auf Grund der Mauerwerksdicken > 50 cm (da ohne Angabe! geschätzt mit dem Auge eines Maurermeisters) mehr als er- klärbar. Wenn wundert es also, wenn im Prüfergebnis festgestellt wird, dass „aufgrund der Inhomogenität der Wandbildner von Altobjekten in Zu- kunft Probeinjektionen vor Durchfüh- rung umfangreicher Abdichtungsarbei- ten durchgeführt werden sollten.“ [3] Bravo, Herr Prof. Balak, mit dieser Feststellung kann ich nur sagen, „Willkommen im Klub!“ Doch nun mal Hand auf ’s Herz: „Hat das mit „Neuesten Erkennt- nissen“ auch nur annähernd etwas zu tun? Hätten unsere Darsteller im Rahmen der Voruntersuchungen oder spätestens während der Bohr- arbeiten festgestellt, dass derar- tig dicke Mauerwerke Fehlstellen im Inneren aufweisen, hätte zur Hohlraumverfüllung nahtlos über- gegangen werden müssen. Späte- stens eine Probeinjektion hätte gezeigt, dass für die Niederdruck- injektion der notwendige Druckauf- bau überhaupt nicht aufgebaut werden konnte. Der Laie staunt, aber der Fachmann wundert sich vor diesem Hintergrund keineswegs über ein Prüfergebnis, das besagt, dass „Injektionen zur nachträglichen Horizontalabdichtung von Mauer- werk … bei einem Durchfeuchtungs- grad von 80% nicht wirksam, bei einem Durchfeuchtungsgrad von 50% bereits problematisch“ sind. [4] Diese vorgestellten Ergebnisse und Erkenntnisse sind den Zuschau- ern (anwesenden Teilnehmern) der Hanseatischen Sanierungstage schon langjährig aus Österreich bekannt. Was die meisten allerdings verwunderte ist die Tatsache, dass derartig beschriebene nachträgliche Injektionen von Mauerwerken ge- gen kapillare Feuchtigkeit genau mit denselben geprüften Injektionsstof- fen im Rahmen eines EU Projektes in Wismar unmittelbar vorher er- folgreich getestet wurden. Die Prü- fungen wurden von zahlreichen im Verband beheimateten Ausführungs- betrieben und Produktherstellern durchgeführt. Die Prüfungen wur- den vom Dahlberg Institut über- wacht, die positiven Prüfergebnis- se auf den vorangegangenen Sanie- rungstagen vorgestellt. Ebenso erfolgreich wird derzeit in den Prüf- instituten zur Zertifizierung von In- jektionsstoffen nach WTA Merkblatt 4-4-04/D geprüft. Also ehrlich – hoch oben an der Ostsee klappt‘s –, aber nicht in Österreich? Es wird daher niemanden ver- wundern, dass in der anschließen- den Pause dieser Dreh für reich- lich Gesprächsstoff sorgte. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass der Untertitel dieser Vorstellung nicht „Neuste Erkenntnisse“ son- dern „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ hätte heißen müs- sen. [1] Balak, M. und Simlinger, C: Hydrophobierende und/oder porenver- schließende Injektionsmittel – Endbe- richt – 1. Forschungsjahr, gefördert durch die FFG Forschungsförderungs- gesellschaft, Wien [2] Balak, M. und Simlinger, C Nachträgliche Horizontalabdichtung von Mauerwerk mittels Injektionsverfahren – neueste Erkenntnisse, Forum Altbau- sanierung 1, Feuchteschutz, www.beuth.de ISBN 978-3-4410-16652-8 www.baufachinformation.de ISBN 978-3-8167-7452-5 [3] siehe zuvor, 4 Zusammenfassung und Ausblick [4] wie zuvor [5] siehe unter www.wta.de Cetifikation Injektionsstoffe Bildnachweis: siehe 2, „Injektionsmitteleinbringung in die Mauerziegel über die Injektions- bohrlöcher“ Schützen & Erhalten · Dezember 2007 · Seite 37 Ganz großes Kino: Nachträgliche Horizontalabdichtung von Mauerwerk mittels Injektionsverfahren – „Neueste Erkenntnisse“ oder „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ Wie immer gut besucht waren auch in diesem Jahr die Hanseatischen Sanierungstage, die vom 8.–10. November 2007 erstmals in ihrer 18-jährigen Geschichte auf der Insel Usedom stattfanden.

RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=