S&E Glossary

Was bedeutet eine Mauer „trocken„ zu legen? In den letzten Jahren fällt mir auf, dass viele Rechtstreitig- keiten wegen unklaren Formu- lierungen bei Instandsetzun- gen entstanden sind. Beschreibungen wie „Kellertrocken- legung oder Mauertrockenlegung„ sind nirgends eindeutig beschrie- ben und bedeuten stets sehr un- terschiedliche Maßnahmen und oft ein Ärgernis. Die gültigen Normen, wie z.B. 18195 Abdichtungen und 4108 Wärmedämmung, sind explizit nur für den Neubau gedacht. Dies ist auch richtig so, denn oft ist bei einem Altbau der Untergrund (ein Konglomerat aus unterschiedlichen, ebenfalls nicht genormten Baustof- fen) nicht oder nur schwer zu de- finieren. Weiterhin sind auch oft die Belange der Denkmalpflege zu be- rücksichtigen und diese spielen in der Gestaltung der Oberflächen eine nicht unerhebliche Rolle. So ist zwar verständlich, dass eine Nor- mung im Altbau bei der Instand- setzung nicht angebracht ist, was aber nicht gleichzeitig bedeuten darf, dass hier jeder Bautenschützer seine Werte je nach Gutdünken selbst bestimmen kann. Wie bewertet man eine feuchte Wand? Selbstverständlich gibt es in unserem Lande auch für diese Pro- blematik Verordnungen und Richt- linien. Studiert man allerdings die Normen für Abdichtungen an Ge- bäuden genauer, so stellt sich her- aus, dass einige dieser Regelwer- ke seit langem überholungsbedürf- tig sind. So sind sie für eine nachträgliche Abdichtung im Alt- bau nicht oder nur bedingt anwend- bar. Es gibt nur wenige Gewerke am Bau, wo soviel Unsicherheit be- steht, bzw. wie auch daraus resul- tierender Pfusch abgeliefert wird, wie in der Mauertrockenlegung. Das Problem beginnt schon bei der Namensgebung. Was ist tro- cken? Was ist feucht oder gar nass? Gibt es überhaupt Definitionen oder Zuordnungen nach denen gehan- delt werden muss? Es gibt viele Baumaterialien, z.B. Ziegel, die durchaus mehr als 20% Feuchte aufnehmen, ohne dass es dabei zu irgendeiner Schädigung kommt. Mörtel und Beton bzw. Natursteine werden durch geringe Feuchte keinesfalls geschädigt. Auch Beton mit einem Feuchtege- halt von 1%–3% (dies ist oft schon die maximale Wasseraufnahme) wird dadurch in der Regel nicht zerstört oder geschädigt. Was mich sehr wundert ist ein Urteil des OLG Düsseldorf. Die Ein- zelheiten sind nachzulesen unter Aktenzeichen I-3 Wx 95/04 vom 15. 4. 2004. Hier heißt es: Ein Käufer hat- te nach dem Erwerb der im Keller gelegenen Räumlichkeiten festge- stellt, dass der von ihm zum Be- wohnen geplante Kellerbereich Feuchtigkeitsschäden aufwies. Eine von ihm beauftragte Architektin stellte fest, dass die Außenwände „feucht„ waren und diese Schäden auf von außen eindringende und senkrecht aufsteigende Feuchtig- keit aufgrund unzureichender und fehlender Abdichtung zurückzufüh- ren waren. Gemäß § 21 Abs. 4 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Woh- nungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Dazu gehört insbesondere die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG). „Das bedeutet, dass jeder Woh- nungseigentümer einen Anspruch auf Erhaltung des ursprünglichen „ordnungsgemäßen“ Zustandes hat. Aber auch bei Mängeln durch Feuchte kann die Herstellung (auch die Wiederherstellung) eines ord- nungsgemäßen Zustandes (vgl. BayObLG NJW- RR 1980, 1293) durch Reparatur oder Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzes ver- langt werden. Das OLG hat angegeben, dass ebenso wie andere Teile des ge- meinschaftlichen Eigentums, wie z.B. der Außenputz, die Außenfen- ster, das Dach oder die Hauptlei- tungen für Wasser und Strom, bei Vorlegen von Undichtigkeiten, Ver- schleißschäden o. ä. repariert oder ausgetauscht werden müssen und die Eigentümer einen Anspruch darauf haben, dass das im gemein- schaftlichen Eigentum stehende Mauerwerk des Kellergeschosses in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzt wird. Dadurch soll sicher- gestellt werden, dass das Entste- hen weiterer Schäden, sowohl am gemeinschaftlichen Eigentum als auch am Sondereigentum eines ein- zelnen Wohnungseigentümers, ver- hindert wird. Somit kann jeder Wohnungs- eigentümer von den übrigen Woh- nungseigentümern die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes verlangen, wobei hinsichtlich der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht zwischen Wohnungseigentum und Teileigentum unterschieden werden kann. Letztendlich trifft dies auch auf eine Mietsache zu, denn die da- für bezahlte Miete setzt ebenfalls einen ordnungsgemäßen Kellerraum voraus. Soweit meine Interpreta- tion des Urteils vom OLG Düssel- dorf. Die dabei verwendeten Begriffe wie z. B. „ordnungsgemäße„ In- standhaltung oder „feucht„ sind allerdings auch hier nicht eindeutig definiert und somit verbleibt wei- terhin Unsicherheit. Dies führt ins- besondere bei Wohngemeinschaf- ten mit verschiedenen Eigentümern zu Problemen. Es wäre daher hilfreich, wenn amtliche anerkannte Institutionen, z.B. die Fraunhofer Gesellschaft oder die Bundesanstalt für Mate- rialprüfung, eine Grundlage für sol- che Kenngrößen erarbeiten wür- den. Eine Bewertung ist sicher nicht einfach, denn neben der Feuchte (wo werden eigentlich die Feuchte und die Temperatur gemessen?) müssen auch andere Parameter, wie Raumklima oder Nutzung festgelegt werden. Eine wichtige Kenngröße ist sicher die Ausgleichs- feuchte sowie die max. Feuchteauf- nahme und der Durchfeuchtungs- grad der Baumaterialien. Angaben, „nur aus dem Labor“ werden hier allein nicht weiterhelfen. Es reicht nämlich nicht aus, wenn das so genannte Normklima, z.B. 20° und 50% oder 80% Luftfeuchte, heran- gezogen wird. Bekanntermaßen führt auch ein Mittelwert von 80% noch nicht automatisch zu Tauwas- ser an den Oberflächen. Es gibt hier- für leider keine ausreichenden Grundlagen oder gar eine Normung für die Praxis. Wie „trocken„ muss denn nun eine Wand überhaupt sein und was muss außerdem berücksichtigt wer- den, um eine schadenfreie oder ord- nungsgemäße Oberfläche zu behal- ten? Da eine trockene Wand nicht möglich ist, muss je nach Baustoff abgeklärt werden, wie dieser, so- wohl mit Wasser, als auch mit z.B. bauschädlichen Salzen belastet werden kann, um über einen aus- reichend langen Zeitraum schadens- frei zu bleiben. Weiter muss sichergestellt wer- den, dass Schimmelpilze (oder Schwamm) auf den Wandoberflä- chen nicht wachsen können und auch keine Frostschäden entstehen. Der wohl wichtigste Grund eine „trockene“ Wand herzustellen ist jedoch, dass durch die Abnahme der Feuchte die Wärmedämmung verbessert wird. Edmund Bromm Isar Bautenschutz Ismaning MEINUNG “ Isar Bautenschutz,

RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=