S&E Glossary

Im Zuge der Generalreno- vierung des ältesten Hau- ses in Bad Soden am Tau- nus fiel auf, dass etliche Eichenbalken aus dem 16. Jahrhundert vom gescheckten Nagekäfer (Xestobium rufovillosum) befallen waren. Die Wahl des Verfahrens zur Be- kämpfungsmaßnahme fiel auf ein modernes und ef- fizientes Verfahren: Mi- krowellen. Das Gebäude war gerade fertig gestellt. Im Frühjahr zeigten sich frische Fraßmehlausriese- lungen an der Fassade. Zwar wurde in einem Gutachten fest- gestellt, dass es lebenden Be- fall gibt und dass geraten ist, das Holz auszutauschen, jedoch bestand die Denkmalpflege dar- auf, diese Hölzer beizubehal- ten. Mit dem chemischen Verfah- ren wurde ein Teil der Hölzer Bohrloch imprägniert. Da aber bei der Sanierung nicht alle Fraßgänge mit der Bohrlochim- prägnierung erreicht wurden, konnten punktuell einige Insek- tenlarven überleben. Der Eigen- tümer entschied sich auf An- raten des Sachverständigen auf die Anwendung dieses Verfah- rens, da die komplette Wand- konstruktion erhalten werden konnte. Bei allen konventionellen Heizmethoden, ob Sonnenstrah- len, Öl- oder Gasbrenner, Heiß- luft oder Heizstäbe kann die Wärmeübertragung nur über die Oberfläche der zu behandeln- den Objekte erfolgen. Mikrowel- len jedoch verfügen wie Radio- oder Funkwellen über die Eigen- schaft, dass sie in praktisch alle Baustoffe eindringen. Dabei werden die Wassermoleküle im Inneren des Baustoffs in Schwingungen versetzt und so die Hochfrequenzenergie durch Reibung der Moleküle vollstän- dig in Wärme umgesetzt. Und da die Schädlinge selbst am meisten Wasser enthalten, wer- den diese auch vorrangig er- hitzt. Durch die Wärme gerinnt das Eiweiß (schon ab 46°C) und die Schädlinge sterben ab. Zur Sicherheit werden jedoch auch die Vorgaben der DIN 68800 erfüllt, d.h. 55°C mindestens 1 Stunde lang gehalten. In der Summe also ein effizientes und wirtschaftliches Verfahren ohne Chemie, Gas, Abgase oder son- stige gesundheitliche Beein- trächtigungen. Mit einer optimierten Schlitzantenne (Gebrauchsmu- ster geschützt) können örtliche Überhitzungen vermieden wer- den, da der Generator die Mi- krowellen schon über den Hohl- leiter gleichmäßig verteilt. Im Detail wurden in diesem Objekt die Mikrowellengeräte (1) außen montiert, weil die Bal- ken von innen bereits verputzt (2) waren. Um die Wärmever- luste zu minimieren wurden die zu behandelnden Bereiche so- wohl innen als auch außen mit Hartschaumplatten (3) isoliert. Die auf den Innenseite ange- brachte Abschirm- und Refle- xionsfolie (4) übernimmt eine doppelte Aufgabe: Sie reflektiert zum einen die noch nicht ab- sorbierten Mikrowellen wieder zurück und erhöht so den Wir- kungsgrad, zum anderen ver- hindert sie, dass austretende Wellen den von der Berufsge- nossenschaft für normale Wohn- und Kommunikationsbereiche geforderten Grenzwert von 1 mW/cm² überschritten wird (der z.B. von den meisten Han- dies nicht eingehalten wird!). Verfahrensbedingt ist die Temperatur im Balkeninneren grundsätzlich höher als an der Oberfläche. Zum anderen nimmt die Mikrowellenleistung mit der Entfernung quadratisch ab, so dass der kritischste und reprä- sentative Messpunkt (5) auf der Innenseite der Balken zu mes- sen war. Hier wurden 60°C rea- lisiert. Damit konnte die DIN 68800 sicher nachgewiesen werden, weil aufgrund der Wär- meisolierung die Auskühlung der Balken weniger als 5°C pro Stunde beträgt. Obwohl erhebliche thermi- sche Spannungen unvermeidbar sind, konnten befürchtete Ris- se oder Farbveränderungen am bereits aufgetragenen neuen Außenanstrich nicht festgestellt werden. Auch am Innenputz der INDUSTRIE UND HANDEL Ökonomische und ökologische Schädlings- bekämpfung mit Mikrowellen Balken waren wider Erwarten keine Risse nachvollziehbar. Die sichere Langzeitwirkung wurde bereits im Jahre 2000 im Museumsdorf Detmold in Zusam- menarbeit mit der Bundesfor- schungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft in Hamburg nachgewiesen, denn seit der Mikrowellenbehandlung ist auch dort kein Befall mehr feststell- bar. Ob alles abgetötet ist, oder auf Grund der sehr langen Po- pulationszeit noch nichts wie- der ausgeflogen ist, wird noch einige Jahre nicht sicher beant- wortet werden können – oder meiden die Käfer(innen) die Wiederkehr, wenn sie tote „Ka- meraden“ im Bereich ihrer vor- gesehenen Ei-Ablage antreffen? Doch ob Mikrowellen auch gleichzeitig vorbeugen oder nicht, alles in Allem ein opti- males Verfahren zur kostengün- stigen Schädlingsbekämpfung für teilbefallene Bereiche. Mit der verfügbaren und anpassungsfähigen Modul- und Antriebstechnik kann sowohl die Montage als auch die Qualitäts- überwachung individuell auto- matisiert werden. Autoren: Fritz Kohler, Telefon (0 60 33) 7 10 21 und Joachim Wießner, Tel. (0 44 72) 9 48 40

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