S&E Glossary

Foto: 123rf.com · Rashid Valitov Editorial …ist das wieder ein Stress heute ... Kaum ist das alte Jahr zur Neige gegangen, in dessen letzten Tagen man phlegmatisch seinen ausgelaugten Körper nur mühsam aus der Horizontalen gebracht hat, steckt der Tatendrang seinen vorwitzigen Kopf durch die Tür. Große Aufgaben wollen in Angriff genommen werden. Wen scheren da schon die Großtaten der Vergangenheit, die noch immer gespannt auf ihre finale Fertigstellung warten? Fußleisten, die nach der rückenmor- denden Verlegung des neuen hochfloorigen Bodenbelags noch immer senkrecht in der Flurecke stehen, anstatt gnädig die ausge- fransten Schnittkanten zu verdecken. Kartons voller Belege, akribisch gesammelt, um dem gierigen Finanzminister die Raffzähne zu ziehen, natürlich nachdem sie demnächst sorg- sam abgeheftet worden sein werden. Zählen eigentlich das Auswaschen von Pin- seln und Verschließen von Farbeimern nach er- folgreichem Anstrich der Wohnzimmerdecke auch zu Restarbeiten? Außer Konkurrenz läuft in je- dem Fall die defekte Glühbirne im Bad, verendet an einem der letzten lauen Spätsommerabende des ver- gangenen Jahres. Ihr Wechsel wäre wahrlich nicht als Großtat zu be- zeichnen, außerdem lässt die Sim- plizität des Arbeitsvorgangs nicht wirklich Raum für eine Vernachlässi- gung von Teilaufgaben. Es sei denn, man zählt den Verbleib der Tritt- leiter vor der Klosettschüssel dazu. Apropos: „wen“ scheren die unfertigen Groß- taten der Vergangenheit. Wie oft habe ich der besten Ehefrau der Welt gesagt: Wenn ein Mann sagt, er repariert/verräumt/erledigt das, dann tut er das auch und man braucht ihn nicht alle 6 Monate daran zu erinnern. Aber zurück zum Tatendrang. Erwiesener- maßen erfordern die ersten 80% eines Projekts (z. B. Wartung der Heizungsanlage) lediglich 20% Selbstdisziplin, der Rest ist Enthusiasmus und wohlige Selbstüberschätzung. Zum Ende hin allerdings mutiert das Projekt zur „Aufgabe“, in dessen Wortstamm das Verb „aufgeben“ bereits ange- legt ist. Dieser Umstand lässt den Bedarf an Selbstdisziplin auf 80% anwachsen, der Rest ist Resignation und Angst vor dem kalten Winter. Es handelt sich dabei quasi um ein Naturgesetz und heiße ich Einstein, dass ich solches in Frage stelle? Das schönste an einem anstehenden Pro- jekt ist ohnehin die Planung. Wenn es gelingt, in dieser Phase schon besagte 80% Eifer und Begeisterung zu verballern, bleibt für die ei- gentliche Arbeit nur der Kampf mit dem inneren Schweinehund, der in der Regel verlorengeht. Dadurch bleibt Manchen Vieles erspart. In diesem Sinne – es träumt sich weg Ihr Ralf Hunstock Glosse Schützen & Erhalten · März 2016 · Seite 3 „Denn was man schwarz auf weiß besitzt, ... ... kann man getrost nach Hause tragen.“ Diese Erkenntnis, die Goethe in seinem Faust den Schüler im Zwiegespräch mit Mephisto äußern lässt, ist heute, gute 200 Jahre später, um wiederrum, wenn auch in Abwandlung mit Goethe zu spre- chen, allerdings nicht mehr der Weisheit letzter Schluss. Dies musste jedenfalls die Redaktion von S&E erfahren, die in diesem Jahr auf der Messe des Deutschen Schädlingsbekämpferverbandes, der PEST-PROTECT in Stuttgart (S&E berichtet ab Seite 62 darüber), erstmals mit einem eigenen Stand vertreten war. Denn während sich die als kostenfreies Probeexemplar ausgelegte aktuelle S&E des erwarteten reißenden Absatzes erfreute, erfuhren die älteren Ausgaben, selbst von dem mit Tragetaschen bewaffneten Typus „Jäger und Sammler“ nicht annähernd die gleiche Würdigung. Der Grund für dieses augenscheinliche Des- interesse war unser, bereits des Öfteren vorge- stelltes hochattraktives Konkurrenzprodukt „S&E Online“, das am Messestand mittels PC und Bea- mer auf Leinwand geworfen verdeutlichte, dass es heute nicht mehr eines umfangreichen anti- quarischen Zeitschriftenarsenals bedarf, um mal eben nachschlagen zu können, was denn zu dem Thema xy in den letzten Jahren so erschienen ist. Denn es ist ja gerade dieses „eben mal“ Nach- schlagen, das sich dann angesichts eines Berges an Gedrucktem in der Regel als aussichtsloses Unterfangen erweist und somit zwangsläufig den Errungenschaften der Moderne, hier in Form einer blitzschnellen, fast überall verfügbaren Online Datenbank hoffnungslos unterlegen ist. Um dennoch allen Lesern das habtische Er- lebnis, eine druckfrische S&E in den Händen zu halten, auch weiterhin gewährleisten zu kön- nen, haben wir uns entschieden, den unglei- chen Konkurrenzkampf „Klassik versus Moder- ne“ dahingehend zu beeinflussen, dass wir dem langsamen Medium Zeitschrift einen Vorsprung von einer Ausgabe, sprich drei Monaten, gegen- über dem schnellen Medium Internet gewähren. Durch diese Hommage an das gedruckte Wort haben unsere Abonnenten einen Informations- vorsprung gegenüber all denen, die unsere Mit- teilungen und Angebote erst mit dreimonatiger Verspätung unter www.schuetzenunderhalten.de nachblättern können. Entsprechend hat es uns gefreut, auf der Messe zahlreiche neue Abonnenten gewonnen zu haben, die nicht erst auf die Online Ausga- be von S&E warten möchten. Und auf die Frage, warum wir so viel Fachwissen und damit auch die von uns geleistete Arbeit letztendlich gänz- lich kostenfrei ins Netz stellen, dem sei auch hier mit einer Ansicht Goethes geantwortet, die der Dichterfürst einst seinem Freund Ecker- mann anvertraute: „Wer nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine Zeile schreiben.“ In diesem Sinne, Ihr Friedel Remes

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