S&E Glossary

Fachbereiche Bautenschutz die Verdunstungszone der Putzoberfläche ist es nicht verwunderlich, dass „bei anfänglich hoher Feuchtigkeits- und Salzbelastung… die Mauer- werkssalze an der Putzoberfläche kristallisieren. Diese können von der Oberfläche abgebürstet oder abgesaugt werden.“ Diese Art der entfeuchtenden Putze bezeich- net Dipl.-Ing. Jürgen Gänßmantel als „Salztrans- porter“ und hält sie für „vertretbar, wenn derartige Produkteigenschaften mit dem Kunden vertraglich vereinbart werden.“ (1) Die Einschränkung eines der am Markt agierenden Hersteller ist für den Fachkundigen verständlich, dass Feuchteregulie- rungsputze „…nur bei geringem Feuchtigkeitsan- fall eine Horizontalsperre und/oder Vertikalsperre ersetzen. Sobald der Putz mit Salzen gesättigt ist, muss er ersetzt werden.“ Anlässlich der 21. Hanseatischen Sanie- rungstage wurden Untersuchungsergebnisse von Feuchteregulierungsputzen vorgestellt. Prof. Dr.- Ing. Harald Garrecht untergliederte in zwei Ar- ten von Putzsystemen, die zurzeit dem Anwen- der angeboten werden: – Feuchteregulierungsputze (FRP) mit hoher kapillarer Leitfähigkeit, die Feuchte und Salze bis an die Putzoberfläche transpor- tieren – Entfeuchtungsputze (EFP), die eine sper- rende Schicht darstellen, wobei die Salze in gelöster Form im Mauerwerk verbleiben. „Die Mikroporen lassen die Diffusion von Feuchtigkeit nach außen zu, blockieren je- doch das Eindringen von Feuchtigkeit in die Wand“ (lt. Hersteller). Doch zurück zur Fragestellung Hierzu beschreibt Prof. Dr.-Ing. H. Garrecht dass „…die Bezeichnung „Feuchteregulierungs- putz“ für den Anwender irreführend ist, da es sich bei den untersuchten Putzen eher um Funk- tionsputze handelt.“ Charakteristische Merkmale der Feuchteregulierungsputze seien, dass diese hohe kapillare Leitfähigkeiten aufweisen, die den Feuchtetransport bis zur Oberfläche zulas- sen. „Die andere Gruppe bildet demgegenüber eine eher dichte Putzschicht aus, deren Wirkung ähnlich der von Sperrschichten ist. Allen Feuchteregulierungsputzen gemeinsam ist der Herstellerhinweis, dass eine „ausreichend“ raumseitige Lüftung sicherzustellen ist.“ (2) „Be- trachten wir einen typischen Ort mit hoher Feuch- tigkeitsbelastung: einen Kellerraum 4×5 m, Keller- höhe 2,50m mit einer (idealen) Raumtemperatur von 15°C (in der Praxis häufig deutlich niedriger) und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 75% r. F. Nichts ungewöhnliches, ein idealtypischer Praxis- fall. Die Raumluft kann dann maximal 12,8 g/m³ Wasserdampf aufnehmen, bei 50m³ Raumvolu- men also 640 g Wasserdampf. 75% davon, also 480 g Wasserdampf, sind schon enthalten. Diese Kellerluft kann also noch 160 g Wasserdampf bis zur Sättigung aufnehmen. Wenn die Kellerfenster geschlossen sind, also keine Raumlüftung erfolgt, würde die tägliche Wasserdampfverdunstungsra- te über die Wandflächen von (4+4+5+5) × 2,5 = 45m² etwa 2100×45 = 94500 g betragen; pro Minute wären das also 94500 : 1440 = 65,7 g. Nach knapp 160 : 65,7 = 2,5 Minuten wäre diese Kellerraumluft damit gesättigt.“ (3) Trocknung bis zur Ausgleichsfeuchte des Bau- stoffes, wie es von diesen Putzsystemen mit dem Begriff „Entfeuchtung“ beschrieben wird, kann nur stattfinden, wenn kein Wasser mehr über das Mauerwerk nachgeführt wird. Hierfür sind ver- tikale Sperrschichten und Horizontalsperren im Mauerwerksquerschnitt notwendig. Nachweislich findet der kapillare Feuchtetransport in weitaus größerem Umfang statt als durch natürliche Dif- fusion verdunsten kann. Eine „Entfeuchtung“ ohne technische Trocknung und entsprechende vorherige Beseitigung der Durchfeuchtungsur- sache durch den Einbau zuvor erwähnter Sperr- schichten ist nicht möglich. Sanierputze-WTA finden oftmals als flankie- rende Maßnahme, nie als alleinige Maßnahme bei der Instandsetzung von feuchte- und salz- geschädigten Mauerwerken Anwendung und wer- den für die Wiederherstellung der Oberfläche von geschädigten verputzten Mauerwerken genutzt. Der Wirkmechanismus des Sanierputzes wird im WTA-Merkblatt 2-4-04/D wie folgt beschrieben: „Sanierputz-WTA lässt Feuchtigkeit aus dem Mau- erwerk wenige Millimeter eindringen. Aufgenom- menes Wasser bzw. Salzlösung verdunstet inner- halb des Putzes. Dabei auskristallisierende Salze werden im porigen Gefüge des Sanierputzes ein- gelagert. Dadurch bleibt die Putzoberfläche tro- cken und frei von Ausblühungen. Darüber hinaus wird das Mauerwerk durch Verlagerung der Kris- tallisationsebene in den Putz vor weiterer feuch- tigkeits- und salzbedingter Schädigung bewahrt. Im Gegensatz zu anderen Putzen wird trotz Sal- zeinlagerung die Wasserdampfdurchlässigkeit des Sanierputzsystems langfristig nicht beeinträchtigt (keine Trocknungsblockade).“ (4) Diese Eigenschaften nutzend, ließ sich ein Anbieter eines Entfeuchtungsputzes (EFP) von der WTA zertifizieren. Richtig, der EFP erfüllt die Anforderungen nach DIN EN 998-1 „Fest- legungen für Mörtel im Mauerwerksbau – Teil 1 „Putzmörtel“ und die eines einlagigen Sanier- putzes nach dem WTA-Merkblatt 2-4-04/D. Dieser EFP ist somit ein zertifizierter Sanierputz. Nach Anfrage an den Zertifizierungsausschuss liegen keine weiteren Prüfzeugnisse, erst recht nicht von der WTA vor, die zusätzlich eine Wirkung wie „Entfeuchtung“ nachweisen. Diese Art von Putz- system ist somit nicht Stand der Technik und Wissenschaft. Das Zertifizierungslogo, die WTA- Buchstabenkombination, wird für den Anwender und den Verbraucher irreführend genutzt. Ich möchte an dieser Stelle auf die Empfeh- lungen des Wirtschaftsjuristen Bernd Mikosch hinweisen, die er in seinem Fachartikel „Welche Risiken bestehen bei einer Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik?“ wie folgt erläutert: Egal aus welchen Gründen eine Abweichung von den allgemein anerkannten Re- geln der Technik vereinbart wird, den Auftrag- nehmer trifft immer eine Hinweispflicht! Aus dieser Hinweispflicht ergeben sich die folgenden „Notwendigkeiten“: – sich über die fortlaufenden Entwicklungen der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu informieren und entsprechende Kenntnisse an die Auftraggeber weiterzugeben. – konkrete Bedenken zu äußern, ob zum Bei- spiel bestehende DIN-Normen (noch) den all- gemein anerkannten Regeln der Technik ent- sprechen. – den Auftraggeber darüber zu informieren, dass es „bessere“ Baumethoden/Baustoffe gibt, die sich am Markt durchgesetzt haben, aber von Bild 1: Anwendungsbereich Sockel. Bild 2: Salzausblühungen auf Putzsystem. Schützen & Erhalten · Dezember 2010 · Seite 10

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