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Wurzeln im Gebäude, Diagnose und Bedeutung

Nicht selten werden in Gebäuden, insbe-

sondere an und in Kellerwänden bzw. im

Traufbereich, Baum- und Strauchwurzeln

gefunden. Die mitunter üppigen Erschei-

nungen gehören nicht in das Bauwerk und

können Verformungen an der Bausubstanz

verursachen. Das Internet ist voll von

Schadensberichten. Die Kombination

von feuchtem Milieu im Mauerwerk und

abbaubare Holzsubstanz aus den Wurzeln

lassen die Holzschützer jedoch an eine

ganz andere Gefahr denken. Könnten sich

hier nicht andere holzzerstörende Pilze

(auch der Echte Hausschwamm) ansiedeln?

Erscheinungsform der Wurzeln

Die im Gebäude vorkommenden Wurzeln ge-

hören mehrheitlich zu den „heterogenen Wur-

zelsystemen“. Hierbei zweigen von den Haupt-

wurzeln seitliche Nebenwurzeln ab (Bild 1).

Die Erscheinungsformen werden hauptsächlich

an der Wand- oder Putzoberfläche beobachtet.

Bei flüchtiger Betrachtung kann dieses Wurzel-

geflecht auch als Pilzgeflecht fehlinterpretiert

werden (Bilder 2 und 3). Betrachtet man die

Farbgebung beider Organismen, so sind Paral-

lelen feststellbar.

Um eine Fehldiagnose auszuschließen,

sollte in der Praxis auf folgende Merkmale ge-

achtet werden:

– Das Wurzelgeflecht ist gegenüber ver-

gleichbar dickem Myzelgeflecht in seiner

Konsistenz stabiler. Die „Verholzung“ und

das in der Mitte gebildete Xylem sorgen

dafür, dass sich Wurzeln schwerer ausein-

anderreißen lassen. Entnimmt man Myzel

von der Wand, so sind diese weitaus la-

biler als Wurzeln.

– Das Wuchsbild von Myzel (hier der Echte

Hausschwamm, Braune Kellerschwamm,

Weißer Porenschwamm und Sternsetenpilz)

ist grundsätzlich radiär bzw. fächerförmig

ausgerichtet. Demgegenüber zeigen Wur-

zeln eher eine ungeordnete Struktur mit

mehrheitlich nahezu rechtwinkligen Ver-

zweigungen (Bilder 3 und 4).

Das immer wieder diskutierte Anbrennen der

Myzelteile mit einem Feuerzeug und dann die

Diagnose über den Geruch bei der Rauchentwick-

lung durchzuführen, ist nicht praktikabel. Dabei

kommt es sehr auf das individuelle Empfinden an.

Praktische Bedeutung eines Wurzel-

befalls

Findet man in und am Gebäude bis zu armdi-

cke Wurzeln (Bilder 5 und6), so handelt es sich

um Grobwurzeln, die verholzen und im Zuge des

sekundären Dickenwachstums einen statischen

Druck auf umgebende Bauteile ausüben. Im Rah-

men der Sanierung sind diese Wurzeln zu ent-

fernen und das in seinem Gefüge geschädigte

Mauerwerk zu erneuern.

Mehrheitlich beobachtet man im

Kellermauerwerk jedoch Feinwurzeln

(Bild7), die bei Bäumen einen Durch-

messer bis 2mm erreichen. Diese phy-

siologisch sehr aktiven Wurzeln sind

für die Nährstoff- und Wasseraufnahme

verantwortlich. Abgesehen von einem

Oberflächenbewuchs wachsen diese un-

ter Nutzung von kleinen Hohlstellen auch

im Mauerwerk. Diese sind noch nicht in der

Lage, eine statisch relevante Gefügelockerung

im Mauerwerk herbeizuführen. Aus dem Grund

ist es aus bautechnischer Sicht ausreichend, das

Wurzelgeflecht zu entfernen und ein weiteres

Wachstum im Mauerwerk (z. B. durch Abschot-

tung, Fällung) zu verhindern.

Das heißt, es verbleibt ein gewisser Anteil

organischer Substanz im Mauerwerk. Da die Wur-

zeln auch reich an Zellulose sind, stellt sich die

Frage, ob die Feinwurzeln auch Ausgangspunkt

Es schreibt für Sie:

Dipl.-Ing.

Ekkehard Flohr

Fachbereichsleiter

Holzschutz

An der Hohen Lache 6 · 06846 Dessau

Telefon: (0340) 6611884

Telefax: (0340) 6611885

E-Mail:

flohr@dhbv.de

Fachbereiche

Holzschutz

1

Kleine Birkenwurzeln (Feinwurzeln) in der Nähe

einer geschädigten Drempelsäule.

2

Eingebrochener Deckenbereich lässt Myzelstränge

vermuten – es sind ausschließlich Wurzeln.

3

Feines Wurzelgeflecht auf gekalkter

Kellerwand.

4

Gemeinsames Vorkommen von Wurzeln und

Sternsetenpilz mit unterschiedlicher Wuchs­

struktur.

6

Eine Grobwurzel wächst

zwischen Putz und

Farbanstrich und

reist Letzteres auf.