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Skizze: Eddi Bromm

Editorial

Spurensuche

Der Himmel über Berlin war – um es vorweg

zu nehmen – ausnahmslos strahlend blau

und bot damit das ideale Ambiente für

einen einmal ganz anderen Verbandstag.

Anstatt der üblichen Vortragsveranstal-

tungen im abgedunkelten Konferenzsaal

galt diesmal das Motto „Spurensuche“

oder deutlicher, das Erkunden deutscher

Geschichte anhand von steinernen Zeug-

nissen. So z. B., wie auf dem Titelbild

dargestellt, bei einer fachkundigen Führung

direkt im Zentrum der Macht.

Bereits der Beginn der 3-tägigen Veranstaltung

war perfekt geplant, denn wie nähert man

sich am besten der Baugeschichte ei-

ner Stadt, die mitten in Sumpf und

Wasser gebaut ist? Selbstverständ-

lich mit dem Boot und dies, ebenso

selbstverständlich, unter fachkun-

diger architektonischer Begleitung.

Ausführlich über eine diesmal

gänzlich außergewöhnliche

Sachverständigenkonferenz

berichten wir ab S. 19.

Ganz anders geartet war dann die Spuren-

suche direkt am Objekt, denn sie stellte die zwei-

hundert nach Berlin angereisten DHBV-Mitglieder

vor die Qual der Wahl, Prioritäten zu setzen. Ob

man sich nun je nach Gusto für das Reale oder

das Utopische (Reichstag versus Mythos Ger-

mania), den Wiederaufbau oder die Sanierung

(Stadtschloss versus Hansaviertel) oder gar für

das Gesamtensemble (Berlin, Stadt der Archi-

tektur) entschied, das Konzept eines mal ganz

anderen Verbandstages ging auf, da es rundum

begeisterte. Mehr hierzu ab S. 5.

Eine Spurensuche bietet sich diesmal dem

interessierten Leser ebenfalls im Fachbereich

Holzschutz. Hier geht Dr. Dietger Grosser der

Frage nach: Trockenholzinsekt oder Frisch-

holzinsekt? Auch wenn dem Nicht-Holz-

schützer diese Fragestellung

etwas befremdlich oder gar

unspektakulär vorkommen

mag, so ist sie doch seit ge-

raumer Zeit Ausgangspunkt

eines ebenso interessanten

wie kontrovers geführten Dis-

puts in Fachkreisen. Lesen Sie

hierzu ab S. 10.

Auf Spurensuche ging auch

Andreas Beckmann, Geschäftsführer des DSV, un-

ter dem Titel „Das Leben ist ein Krimi“ ab S. 62.

Seine geradezu kriminalistische Recherche in

den Niederungen lukrativer wie unseriöser Ge-

schäftspraktiken zum Nachteil unwissender und

gutgläubiger Verbraucher ist nur ein weiteres

Beispiel dafür, wie gut man beraten ist, sich

vor der Auftragsvergabe über die Qualifikation

des Ausführenden zu erkundigen, z. B. der Frage

nachzugehen: Ist die Firma Mitglied in einem

anerkannten Fachverband?

Der 66. DHBV-Verbandstag ist Geschichte.

Unsere Partnerverbände WTA und BuFAS haben

ihre Festveranstaltung bzw. Tagung noch vor

sich. So feiert die WTA am 22. Oktober in Mün-

chen ihr 40-jähriges Bestehen (siehe S. 59).

Und gerade mal zwei Wochen später beginnen

am 3. November die 27. Hanseatischen Sanie-

rungstage (S. 54).

In diesem Sinne,

man sieht sich

Ihr

Friedel

Remes

Tagung vis-à-vis der Kaiser-

Wilhelm-Gedächtniskirche.

Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 3

... da läuft er nun, unermüdlich, leise vor sich hin-

summend, anspruchslos, unauffällig, zeitsparend…

… ok, stimmt fast alles. Allerdings,

solange der entzückte Besitzer mit der

stolzgeschwellten Brust eines grade nie-

dergekommenen Vaters die gleiche Zeit,

die er sonst für die leidige Gartenarbeit

verplempern würde, beim Beobachten des

neuen Familienmitglieds „Otto“ verbringt,

kann nicht wirklich von Zeitersparnis

gesprochen werden.

„Otto“, ein Rasenmähroboter der

Extraklasse oder wie es neudeutsch

heißt, ein Automower, weckt den

Spieltrieb im Manne – und macht

Lust auf mehr!

Was hatte man früher als Kind

für glänzende Augen, wenn man zur

Weihnachtszeit auf dem Dachboden

des Freundes die Märklin-Modellei-

senbahn dessen Vaters anschauen

(nicht anfassen!) durfte. Aber das

Taschengeld reichte ja grade mal für ein paar

Salinos vom Büdchen oder für ein neues Zack-

Heft.

Heute kein Problem. Losgehen, kaufen und

feststellen, dass man ja gar keinen Dachbo-

den hat.

Aber es gibt ja auch noch andere infantile

Gefühlsverstärker. Dabei meine ich nicht in erster

Linie sprit- und bandscheibenfressende Zweisit-

zer, in denen sonnenstudiogebräunte Cosmopro-

leten mit Rayban Lesebrillen potenzvergrößernde

Placeboeffekte verspüren.

Nein, da ist zum Beispiel der Kugelgrill. Na-

türlich nur in der martialischen Holzkohleversion.

Das ultimative Röstgerät für echte Männer, die

wissen, dass die gemeine Bratwurst nur dann zum

echten Grillgut wird, wenn sie mindestens einmal

im Dreck gelegen hat und vor dem

Verkohlvorgang mit Bier grob abge-

spült wurde. Kein Marinaden-Chichi,

kein digitales Grillthermometer – to-

tes Tier, Kohle, Feuer – fertig.

Oder der Klassiker – Fernbedie-

nungen für jedweden noch so abwe-

gigen Bestimmungszweck.

Mag es noch sinnvoll erscheinen,

das TV-Gerät im heimischen Schlaf-

oder Wohnzimmer aus der liegenden

Position fernzusteuern oder das Garagentor bei

strömendem Regen funkfernbedienungsgestützt

auffahren zu lassen, erschließt sich der tiefere

Sinn des neusten Smart-Home-Trends, aus der

Ferne sein Toilettenspülwasser auf angenehme

37,5° vorwärmen zu können, eher weniger.

Der Härtefall schlechthin ist jedoch, wenn

der Gatte mit der neusten Hightech-Küchenma-

schinenevolution stolz in die ureigenste Domäne

der treusorgenden Hausfrau eindringt, um dort

der unvermeidlichen digitalen Revolution den

Weg zu bereiten.

Und nur, weil für die neueste Tischbohrma-

schine im heimischen Bastelkeller wirklich kein

Platz mehr ist. Da werden die Vorzüge des ei-

erkochenden, gemüserzerkleinernden, saftpres-

senden und tieffrierenden Universalgerätes in den

buntesten Farben geschildert und schlussendlich

jeder weibliche Protest mit den folgenschweren

Worten: „Musst Du ja nicht, dann koch ich eben

ab sofort“ im Keim erstickt.

Heißt im Klartext: 7 Tage pro Woche Kugel-

grill. Die teure Neuerwerbung fristet hingegen

nach kurzer Schamzeit neuwertig und in Ori-

ginalverpackung ihr Dasein auf dem obersten

Regalbrett in der Abstellkammer, neben Vakku-

miergerät und Sandwichtoaster.

Doch genug mit dem Machogeschwätz. All

das könnte selbstverständlich auch auf Frauen

zutreffen − wären sie nicht die klügere Spezies

Mensch.

In diesem Sinne, seid wie Peter Pan – kein

Stück erwachsen, aber derbe cool

Euer Ralf Hunstock

Glosse