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Fachbereiche

Sachverständige

Prüfprädikat Ib auf dem Prüfstand

Die Hersteller von bekämpfend wirksamen

Holzschutzmitteln bieten schnell, langsam und

verzögert wirksame Bekämpfungsmittel-Typen

an. Die zeitliche Abstufung zwischen schnell und

langsam wirkend wird in der Regel durch eine

deutliche Reduktion des Wirkstoffgehalts (um ca.

40 bis 45%) in den Schutzmitteln erzielt. Unter

Inanspruchnahme des Zeitrahmens für die verzö-

gerte Wirksamkeit können beim Hausbockkäfer die

Wirkstoffanteile noch weiter reduziert oder un-

bedenklichere Fraßgifte eingesetzt werden; beim

Gemeinen Nagekäfer bietet sich die Möglichkeit,

auf wasserbasierte Systeme mit käferschlupfverhin-

dernder Wirkung auszuweichen. Den Sachverstän-

digen und Planern wird dadurch die Möglichkeit

eröffnet – ausgehend von der Resttragfähigkeit

der Konstruktion, der Befallsintensität und den

zu erwartenden Folgeschäden – den Zeitrahmen

abzuschätzen, in der der Abtötungserfolg sicher-

gestellt sein muss. Diese Überlegung schafft in

fast allen Fällen Entscheidungsspielraum bei der

Auswahl eines geeigneten Bekämpfungsmittel-

Typs. Durch diesen Spielraum kann der Entschei-

der auch Überlegungen zum gesundheitlichen

Verbraucherschutz sowie umweltbezogene und

Arbeitssicherheits-Aspekte in seiner Maßnahmen-

planung und Güterabwägung berücksichtigen.

Planungssicherheit schafft hier seit vielen Jah-

ren die DIN EN 14128, die klare Prüf- und Be-

wertungskriterien für jeden Bekämpfungsmittel-

Typ definiert und – Deutschland ausgenommen

– für eine europaweit einheitliche Auslobung der

Produkteigenschaften sorgt.

In Deutschland ist diese Planungssicherheit

in mehrfacher Hinsicht nicht gegeben. Beide in

Deutschland etablierten Bewertungsverfahren

für bekämpfend wirksame Holzschutzmittel – die

Gütegemeinschaft Holzschutzmittel E.V. (RAL-GZ

830) und das Deutsche Institut für Bautechnik

(DIBt) – sind nicht konform mit den europäischen

Vorgaben. Die Typisierungen „schnell“, „langsam“

und „verzögert“ wirkend werden zwar einheitlich

verwendet, sind aber mit sehr unterschiedlichen

Anforderungsprofilen unterlegt. Die Anforderungen

bei RAL GZ-830 sind andere als die Anforderungen

beim DIBt und beide entsprechen nicht den Anfor-

derungen gemäß DIN EN 14128. Damit weisen in

Deutschland – bei identischer Produkt-Typisierung

– die langsam und verzögert wirksamen Bekämp-

fungsmittel unterschiedliche und nicht miteinan-

der vergleichbare Produkteigenschaften auf und

beide sind wiederum nicht mit Produkten aus dem

europäischen Ausland vergleichbar.

Die derzeitige Typisierung der Produkteigen-

schaften von Bekämpfungsmitteln liefert also kei-

ne eindeutigen (RAL-GZ 830) oder unter Umstän-

den fehlerhafte Angaben (DIBt) zur Wirkungsge-

schwindigkeit. Hinsichtlich der Wirksamkeit finden

sich beim RAL-GZ 830 die detailliertesten Informa-

tionen; das vom DIBt erteilte Prüfprädikat „Ib“

ist diesbezüglich am wenigsten hilfreich. Die Kri-

terien zur Vergabe dieses Prüfprädikats erlauben

grundsätzlich die Vermarktung von Bekämpfungs-

mitteln ohne Wirksamkeit gegen den Gemeinen

Nagekäfer und ohne dass dies ersichtlich ist. Es

stellt bereichsweise die derzeit niedrigsten und

unsichersten Anforderung an langsam und verzö-

gert wirkende Bekämpfungsmittel und überlässt

es dem Antragsteller, ob eine langsame oder ob

eine verzögerte Wirksamkeit gegenüber dem Haus-

bockkäfer ausgelobt werden soll.

Damit fehlen den Sachverständigen und Pla-

nern in Deutschland eindeutige und vergleichbare

Produktinformationen zur korrekten Einbeziehung

des gesundheitlichen Verbraucherschutzes sowie

zur Berücksichtigung von umweltbezogenen und

Arbeitssicherheits-Aspekten. Die hierzu benötig-

ten Detail-Informationen werden vermutlich erst

nach der Zulassung der Bekämpfungsmittel im

Rahmen der Biozid-Produkte-Verordnung und dann

allgemein und einheitlich zur Verfügung stehen.

Derzeit sind sie in der Regel nur durch eine ge-

zielte Anfrage unter Bezugnahme auf die DIN EN

14128 bei den Herstellern erhältlich. Das Ergeb-

nis einer diesbezüglichen Anfrage bei den deut-

schen Herstellern von Bekämpfungsmitteln ist bei

http://www.holzschutz-überwachungsverband

.

com/ zugänglich.

Einleitung

Die bekämpfend wirksamen Holzschutzmittel

gliedern sich in drei Typen: „schnell“, „langsam“

und „verzögert“ wirksame Mittel. Diese Typisie-

rung basiert weitestgehend auf unterschiedlich

langen Wartezeiten, die zwischen dem Zeitpunkt

der Schutzmittelbehandlung und der Auswertung

der Überlebensrate in den jeweiligen Wirksam-

keitsprüfungen einzuhalten sind.

Die Wirkungsgeschwindigkeit von bekämp-

fend wirksamen Holzschutzmitteln ist in den

Prüfnormen DIN EN 22 (für Larven des Hausbock-

käfers) und DIN EN 48 (für Larven des Gemeinen

Nagekäfers) festgelegt. Die Unterscheidung zwi-

schen schnell und langsam wirkend erklärt sich

aus der Geschichte dieser Normen. Ursprünglich

war der Zeitraum der schnellen Wirksamkeit für

die Bewertung von lösungsmittelbasierten Be-

kämpfungsmitteln mit organischen Wirkstoffen

vorgesehen. Der Zeitraum der langsamen Wirk-

samkeit diente zur Bewertung der früher üblichen

wasserlöslichen Bekämpfungsmittel (UB-Salze)

auf Basis Hydrogenfluorid.

Diese Differenzierung nach Schutzmittel-Typ

war aber nie Bestandteil der Prüfnormen und

wird seit Mitte der 80er Jahre von den Schutz-

mittelherstellern im Sinne des Verbraucherschut-

zes zur Reduktion des Wirkstoffgehalts in den

Bekämpfungsmitteln genutzt. Die Nutzung der

verlängerten Prüfzeiten gestattet i.d.R. eine

Herabsetzung der Insektizid-Konzentration um

ca. 30 bis 45 Prozent. Dies bietet deutliche Vor-

teile hinsichtlich der Arbeitssicherheit und des

Eintrags von Bioziden in die unmittelbare Woh-

numgebung. Dem Planer und Sachverständigen

gestattet sie eine Anpassung der Mittelauswahl

an die vor Ort festgestellte Befallssituation und

an die Resttragfähigkeit des befallenen Objekts.

Aus diesem Grund wurde die Unterscheidung zwi-

schen schnell und langsam wirkend auch in die

neuere DIN EN 1390 übernommen, die die DIN

EN 22 abgelöst hat.

Ende der 90er Jahre wurde die DIN EN 1390

um eine verlängerte Prüfzeit ergänzt und damit

das Bewertungskriterium für „verzögert“ wirk-

same Bekämpfungsmittel gegen den Hausbock-

käfer geschaffen. Dies bot den Schutzmittelher-

stellern die Möglichkeit – wiederum im Sinne des

Verbraucherschutzes – entweder die Wirkstoffan-

teile noch weiter zu senken oder gesundheitlich

unbedenklichere Fraßgifte einzusetzen. Diese Er-

gänzung ebnete insbesondere den Bor-haltigen

Mitteln den Weg in die Hausbock-Bekämpfung.

Ein wenig anders stellt sich die Situation

beim Gemeinen Nagekäfer dar. Bei diesem Schad-

organismus existiert das Bewertungskriterium

für „verzögert“ wirkend seit mehreren Jahr-

zehnten, es basiert auf derselben Prüfzeit wie

beim Hausbockkäfer, ist aber abweichend über

die „Verhinderung des Käferschlupfs“ definiert

und erfordert einen eigenen Wirksamkeitsnach-

weis gemäß DIN EN 370.

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Schützen & Erhalten · Dezember 2014 · Seite 22