S&E Glossary

Innenliegende Dachbalkone – biotische Schäden und Bauteilbewertung aus holzschutztechnischer Sicht Im Rahmen der in den letzten Jahrzehnten stattfindenden Sanierungsarbeiten an Wohnhäusern wird oft der Wunsch laut, einen zu Wohnzwecken ausgebauten Dachstuhl mit entsprechendem Dachbalkon aufzuwerten. Der Form und der Vielfalt sind dabei kaum Grenzen gesetzt (Bild 1). Bautechnisch gesehen werden meist in einem Steildach (z.B. Sattel-, Mansard-, Walmdach) die Dachhaut und Dachverbandshölzer bereichsweise entfernt, um so einen mehreren Quadratmeter großen Balkon zu erhalten. Da diese Dachbalkone kaum überdacht sind, wird die Wetterschutzebene in die horizontale Nutzebene integriert. Die Zu- sammenführung dieser beiden Ebenen mit den unterschiedlichen Ansprüchen stellt besondere Ansprüche an die Planung und Ausführung. Zu- dem trennt diese, meist 25 bis35 cm dicke Kon- struktionsebene, unterschiedliche Klimazonen (beheizter Wohnraum, kalter Außenbereich). Demnach müssen zusätzlich bauphysikalische Belange beachtet werden. Da eine Konstruktionsebene drei verschie- denen Ansprüchen genügen muss, ist sie einem erhöhten Schadensrisiko ausgesetzt. Im profanen Wohnungsbau gibt es keine vergleichsweise Kon- struktionen (außer Dachterrassen), die einem ähnlichen Risiko ausgesetzt sind. Die Sensibili- tät gewinnt zusätzlich an Bedeutung, wenn die Tragkonstruktion aus Holzbauteilen besteht – und dies ist in der Regel der Fall. Feuchtebelastungen innerhalb der Konstruk- tion sind die Ursachen einer raschen Entstehung holzzerstörender Pilze. Insektenbefälle sind ver- gleichsweise seltener. Die Feuchtigkeit gelangt grundsätzlich auf zwei verschiedene Wege in die Konstruktionsebene; einmal aufgrund bauphysika- lischer Vorgänge infolge Taupunktunterschrei- tung und zum anderen durch Leckstellen in der Wetterschutzebene (Balkonfußboden). Zahlreiche begut- achtete Schadens- fälle zeigen, dass als Feuchteursache eher selten allein Taupunkt­ unterschreitungen in- frage kommen. In den meisten Fällen handelt es sich um Leckstellen im Balkonfußboden. Dabei ist zu beachten, dass es innerhalb der Konstruktionsebenen infolge der Leckstellen zu sehr hohen Luftfeuchten kommt und dies dann die Ursache der Taupunktunter- schreitung darstellt. So wurde zu Beginn der Bauteilöffnung ein flächiger Fäulnisbefall an der Schalung unterhalb der Abdichtungsebene festge- stellt (Bild 2). Dieses Schadbild entspricht einer typischen Kondensatzone – nur dass das Wasser hierfür nicht aus der darunter befindlichen Küche (!) stammt, sondern durch eine undichte Stelle von oben eindrang. Verantwortlich dafür war eine undichte Manschette um einen Strebenfuß. Ins- besondere Schlagregen gelangte über die Strebe hinter die Manschette. Die baugleiche Konstruk- tion auf der gegenüberliegenden Südwestseite des Balkons war durch den Dachüberstand bes- ser gegenüber einer Schlagregenbelastung ge- schützt (Bild 1). Dass es sich hierbei um einen lokalen Pilzschaden (daran beteiligt waren der Braune Keller- oder Warzenschwamm und der Weiße Porenschwamm) handelt, der nicht auf Diffusionsprozesse aus dem darunter liegenden Wohnbereich stammt, wurde nach Öffnung der gesamten Abdich- tungsebene deutlich. Es gab keine weiteren Schäden an der Scha- lung (Bild 3) bzw. das vorhandene Schadbild war nur auf ein Balken- feld beschränkt. Besonders brisant ist die Situation, wenn Wasser eindringt und hierdurch ein alter Pilzbefall (hier der Echte Hausschwamm) nach Jahren reaktiviert wird. Über einem Bad im 3. Obergeschoss erfolgte die Anordnung eines Dachbalkons. Durch man- gelhafte Sanierungsarbeiten wurden befallene Holzbauteile nur unvollständig ausgebaut. Die Feuchtebelastung infolge undichter Balkonab- dichtung führte, insbesondere an den neueren Schalbrettern, zu einem frischen Befall durch den Echten Hausschwamm (Bild 4). Die Abdichtungsebene unterhalb eines Bal- konfußbodens besitzt viele potenzielle Schwach- stellen. Dies sind in erster Linie Einbindungen an Fußbodeneinläufen (Bild 5), Klebestellen (Bild6) und Anschlüsse (Bild 7). Eine fehlerto- lerante Bauweise in der Deckenebene zwischen Balkon und darunter befindlichem Geschoss ist so gut wie nicht umsetzbar. Aus dem Grund verzei- hen diese Konstruktionen kaum Baufehler. Dem Rechnung tragend, verlangt die DIN 68800, T. 2 unter Punkt 5.2 4 und 6.1 bei werkseitig vorge- fertigten Elementen deshalb einen zusätzlichen Tauwasserschutz. Und zu diesem Tauwasserschutz wird unter Bauphysikern die Sinnhaftigkeit die- Es schreibt für Sie: Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr Fachbereichsleiter Holzschutz An der Hohen Lache 6 · 06846 Dessau Telefon: (0340) 6611884 Telefax: (0340) 6611885 E-Mail: flohr@dhbv.de Fachbereiche Holzschutz Bild 1: Im Gebäudebestand nachträglich angeordnete Dachbalkonanlage. Bild 2: Fäulnisschäden an der Schalung lassen Feuchtebelastungen infolge Taupunktunterschreitung vermuten. Schützen & Erhalten · März 2016 · Seite 8

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