Schützen & Erhalten - page 10

– kein chemischer Holzschutz vorhanden (was
rein rechtlich ein Mangel ist)
– kein Befall mit holzzerstörenden Pilzen fest-
stellbar (in dieser giftigen Atmosphäre auch
kaum möglich)
– die Statik war zwar „ausgereizt“, aber rech-
nerisch nachweisbar
– kein Substanzverlust (Holzabbau) feststell-
bar
– das Holz in der Bruchzone hatte einen pH-
Wert von 3 (Substrat pH-Wert 8)
– mikroskopisch deutliche Schädigungen der
Holzstruktur erkennbar (Auflösung von Zell-
wänden und Ablösung von Zellverbänden)
Fachbereiche
Holzschutz
Die Lösung des Problems ergab sich aus dem
Studium früherer Veröffentlichungen von For-
schungsergebnissen zur Mazeration (u. a. Erler,
Besold, Fengel, Schwar) und dem Wissen um
der im Gärraum ablaufenden chemischen Pro-
zesse in Verbindung mit der eigentlichen Funk-
tion des Holzdaches. Neben dem erwünschten
Methan entsteht bei der Fermentation durch
Bakterien u. a. Schwefelwasserstoff (H
2
S). Die-
ses hochgiftige und aggressive/korrodierende
Gas muss eliminiert werden. Dazu gibt es ne-
ben aufwendigen externen Verfahren das re-
lativ einfache Mittel des Einsatzes von sog.
Thiobakterien, die sich in o. g. Baumwollvlies
ansiedeln. Diese Thiobakterien wandeln unter
Zugabe von Luftsauerstoff den Schwefelwasser-
stoff zu elementarem Schwefel um, der sich an
den Holzteilen absetzt und zurück in das Sub-
strat fällt (Abb. 5).
Bei diesem Umwandlungsprozess bildet
sich jedoch auch Schwefelsäure, die auf die
Holzoberfläche gelangt. Nach gegenwärtigem
Wissenstand zur Mazeration ist Holz gegen-
über Schwefelsäure relativ widerstandsfähig.
Das Problem in diesem Fall ist, dass die Holzbau-
teile aufgrund der umgebenden Atmosphäre mit
einer relativen Luftfeuchte von rd. 100% und
einer Temperatur von rd. 35–40 °C permanent
eine Holzfeuchte aufweisen, die knapp unter der
Fasersättigungsfeuchte liegt. Damit bleibt die
Schwefelsäure nicht nur auf der Holzoberfläche,
sondern kann über Diffusion den gesamten Holz-
querschnitt durchdringen. Es kommt also zu einem
sog. „sauren Angriff“ auf die Holzbestandteile.
Der pH-Wert sinkt, die Holzstruktur löst sich auf
und die Festigkeit nimmt ab, bis es letztlich zum
Bruch kommt. Dies ist keine Mazeration nach her-
kömmlicher Definition (Erler), sondern eine bio-
chemische Zersetzung über den gesamten Holz-
querschnitt. Hinzu kommt, dass die Bakterien,
die die Biomasse zersetzen, auch Cellulose zerset-
zen, also weitere Schäden am Holz verursachen.
Da das ein genereller Prozess in dieser Art von
Biogasanlagen ist, habe ich diese Holzdachkon-
struktion generell als gefährdet und schadens-
trächtig bewertet.
Viele Fragen sind allerdings
bis heute offen:
– Warum brachen bei dieser Anlage die Dach-
balken schon nach fünf Jahren durch und
bei anderen Anlagen nicht?
– Welche chemischen Prozesse laufen genau
im Gärraum ab?
– Wie ist der zeitliche Verlauf des Eindringens
der Säure in das Holz?
– Welche chemischen Verbindungen bewirken
welche Schädigungen der Holzbestandteile?
– Welche Schäden verursachen die Bakterien?
Über Hinweise zu analogen Schadensfälle bin
ich immer dankbar.
Einige der aus dem zweiten geschädigten
Fermenter stammenden Holzbalken wurden von
mir am Tage des Abbruchs geborgen und wur-
den und werden weiter in der HS Wismar (Prof.
Claudia v. Laar) untersucht. Auf die Ergebnisse
darf man gespannt sein.
Es schreibt für Sie:
Dipl.-Ing. (FH)
Detlef Krause
ö. b. u. v. SV für
das Holz- und
Bautenschutz-
gewerbe der HWK
Ostmecklenburg-
Vorpommern
Geschäftsführer
des BuFAS e.V.
Dorfstraße 5, 18246 Groß Belitz
Telefon (038466) 20591
Mobil (0173) 2032827
E-Mail:
Web:
Abb. 4: Fermenter in der Sanierung (oben). Abb. 5: Schwefelablagerungen.
Schützen & Erhalten · Juni 2013 · Seite 10
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