Schützen & Erhalten - page 6

Thema
war zu einem Großteil fertiggestellt, entsprach
das Projekt nicht mehr den Vorstellungen der
Zarin und Katharina beauftragte einen anderen
russischen Star-Architekten, Matwei Kasakow, an
der gleichen Stelle ein gänzlich neues Schloss
zu errichten. Die gerade erst erstellten Gebäude
wurden abgerissen und man begann nun erneut
zu bauen. Doch auch diese Arbeiten wurden nach
10 Jahren, mit dem Tod von Katharina im Jahr
1796, beendet, indem ihr Nachfolger Zar Paul I
die Arbeiten einstellen ließ.
Zwei Jahrhunderte später war die Bauruine
weithingehend verfallen und dies, obwohl das
Gebäude zur Sowjetzeit teilweise für Wohnun-
gen genutzt wurde. Erst auf Initiative des heu-
tigen Bürgermeisters von Moskau, Jurij Lusch-
kow, entstand der Plan, das Schloss nach 200
Jahren zu vollenden. Der Park wurde völlig neu-
gestaltet, die Park-Pavillons restauriert und das
Schloss komplett saniert bzw. nach den alten
Plänen fertiggestellt
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. 2007 waren die Arbei-
ten, bei denen auch Produkte der Fa. Remmers
verarbeitet wurden, nach nur 3-jähriger Bau-
zeit vollendet.
Die Besichtigung in Begleitung der leitenden
Architekten
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eröffnete viele Fragen hinsicht-
lich der Sanierung der alten Bausubstanz, wobei
sich als besonders interessant die Philosophie
des Denkmalschutzes in Russland heraustell-
te. Die Direktorin räumte ein, dass es durchaus
Stimmen gab, die Schlossruinen als Architek-
turdenkmal zu erhalten, doch die überwiegende
Mehrheit ist mit dem Resultat zufrieden, denn
heute sei Zarizino eine wunderschöne Parkan-
lage mit einer weltweit architektonisch einzig-
artigen Palastanlage.
Der Moskauer Kreml
Wie erhalte ich ein Weltkulturerbe, das
gleichzeitig der politische Mittelpunkt eines
gigantischen Territorialstaates ist?
Der Moskauer Kreml
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ist der älteste Teil
der russischen Hauptstadt und deren historischer
und geografischer Mittelpunkt. Kennzeichnend
für das im 15. Jahrhundert erbaute architekto-
nische Ensemble ist die Burgmauer und ihren
20 Türmen.
Doch der Kreml ist bekanntlich weit mehr
als nur eine Befestigungsanlage. Innerhalb sei-
ner Mauern beherbergt er nicht nur die Schalt-
stellen der Macht, sondern ein wahres Ensemble
grandioser Sakral- und Profanbauten aus unter-
schiedlichen Zeitepochen. Entsprechend hat der
Kreml gleichzeitig den Status eines Museums
und steht seit 1990 auf der Liste des UNESCO-
Welterbes.
Ein Besuch des Kremls aus baugeschichtli-
cher Sicht kann daher nur bruchstückhaft sein
und sich auf einzelne Segmente beschränken.
Als Beispiel für das Schaffen ausländischer Bau-
meister und Künstler wurden deshalb die Mariä
Entschlafens Kathedrale (1475–1479), ein Werk
des Bologneser Renaissance-Architekten Aris-
totile Fioravanti, und die Erzengel-Michael-Ka-
thedrale (1505–1508), ebenfalls das Werk eines
Italieners, in diesem Fall des Mailänders Aloisio
Lamberti da Montagnana, ausgesucht.
Der architektonische Stil beider Kathedralen
fasziniert in seiner Mischung aus traditioneller
altrussischer Sakralbaukunst und Elementen der
italienischen Renaissance: So etwa die für rus-
sische Kathedralen typische symmetrische Fünf-
kuppelkonstruktion und die halbkreisförmigen
Fassadenabschlüsse (sogenannte Sakomary),
während die Dekoration der Fassaden, z. B. mit
ihren muschelförmig stilisierten Ornamenten
in den oberen Bogennischen oder den reich-
lich mit Pflanzenornamenten versehenen Ein-
gangsportalen, deutlich die architektonischen
Besonderheiten der italienischen Renaissance
widerspiegeln.
Die Christi-Erlöser-Kathedrale
Geradezu einen Kontrapunkt zu den original
erhaltenen Kathedralen des Kremls bietet die au-
ßerhalb der Mauern am Ufer der Moskwa liegende
Christi-Erlöser-Kathedrale
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. Als detailgenaues
Replikat erhebt sie sich seit dem Sommer 1997
wieder an der Stelle, wo sie einst 1883 geweiht
wurde. Stalin hatte sie 1931 sprengen lassen,
mit dem Ziel an ihrer Stelle einen gigantischen
Palast der Sowjets zu errichten. Der sandige
Grund am Moskwaufer verhinderte dieses ehrgei-
zige Vorhaben und stattdessen baute man unter
Chruschtschow ein Schwimmbad. Wie in Zarizino
war es erneut Bürgermeister Luschkow, der mit
viel Aufwand und Geld die Vergangenheit archi-
tektonisch wiederauferstehen ließ. Was entstand
war eine genaue Kopie des schneeweißen Got-
teshauses, welches heute mit seinen goldenen
Kuppeln die Innenstadt dominiert. Um diesen
von der Moskauer Geschäftswelt mit 300 Milli-
onen Dollar finanzierten Bau originalgetreu zu
gestalten, wurde nicht nur auf alte Entwürfe
und Skizzen zurückgegriffen, sondern auch auf
Erinnerungen von Zeitzeugen und auf Fotos, die
in den Archiven gefunden wurden. Original in
ihrem Aussehen, aber verwirklicht mit moder-
nen Baustoffen und Techniken. So wurden die
Grundmauern der Kathedrale nicht wie ursprüng-
lich aus Backsteinen, sondern aus Stahlbeton er-
richtet, was dazu beitrug, dass der Wiederaufbau
mit fünfeinhalb Jahren geradezu atemberaubend
schnell vonstatten ging.
Gutshof Ostafyevo
Der Gutshof Ostafyevo
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, ca. 1,5 Std.
Busfahrt von Moskau entfernt, wurde 1792–1898
erbaut und liegt inmitten eines Parkensembles.
Als „russischer Parnass“, dem Sagen umwogen-
den Berg des Apollon und Heimat der Musen, be-
zeichnet, liegt der Gutshof, der einst auch Domi-
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