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Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 70

DIE EX-PRESS

Berufsinformation des DSV e.V. |

Schwerpunkt

Moderne Schädlingskontrolle – ein Balanceakt

Unser Berufsbild ist im Wandel. Zuneh-

mende Bedeutung der Schädlingskontrolle

in vielen Branchen, steigende Anforderun-

gen in der Aus- und Weiterbildung …. Es

ist und bleibt aufregend.

Unliebsame Wahrheiten müssen mit Diplomatie

gesagt und dokumentiert werden, eine große

Verfügbarkeit muss organisiert sein, Ruhe und

Sicherheit in brenzligen Situationen gegeben

werden, eine solide Kompetenz in allen Fragen

rund um die Schädlingsbekämpfung ist selbstver-

ständlich. Und all das für einen günstigen Preis,

denn Schädlingsbekämpfung könnte der Kunde

zur Not ja auch selbst durchführen.

Leider lassen wir uns immer wieder in die Rol-

le des Bittstellers drängen, anstatt uns als Fach-

leute mit großem und vor allem breiten Wissen

und Erfahrung zu präsentieren und letztendlich

auch so zu verkaufen. Wir lösen die Probleme

unserer Kunden, wir bringen sie nicht und sind

auch nicht dafür verantwortlich, dass sie beste-

hen. Schädlingsfreiheit und lückenlose Dokumen-

tation, eine schnelle Lösung bei akutem Befall,

Kenntnis der Anforderungen der Behörden und

der speziellen Kundenkreise, Unterstützung bei

Kundenreklamationen und Beratung am besten

umsonst. Wenn es brennt ist der Schädlings-

bekämpfer der Verantwortliche und damit der

Schuldige. Verantwortung zum Nulltarif, davon

müssen wir uns befreien!

In der Krise werden Qualität aber auch Miss-

stände der Arbeit offenbar. Dann werden das

Überwachungssystem und bekämpfende Maß-

nahmen im Detail betrachtet. Solange die Lage

ruhig ist, wird der Schädlingsüberwachung in

der Regel wenig Aufmerksamkeit geschenkt, die

Verlockung zur Lücke und Oberflächlichkeit ist

groß, aber das kann sich schnell rächen:

Stimmen die Kontrollstellen auf den Plä-

nen mit denen im Betrieb überein?

Werden die Folien und die Köder regelmä-

ßig getauscht?

Sind die Präparate angemessen und zuge-

lassen?

Sind alle Kontrollstellen korrekt befestigt

und beschriftet?

Werden die Sicherheitsdatenblätter zur

Verfügung gestellt und auf Aktualität ge-

prüft?

Werden die Vorgaben zur Guten fachlichen

Anwendung beim Einsatz von Antikoagu-

lanzien eingehalten? Stimmen die Besuch-

sinterwalle bei der prophylaktischen Bekö-

derung und bei der akuten Bekämpfung?

Ist das Überwachungssystem risikobasiert

ermittelt und begründet?

Wird das Tierschutzgesetz beachtet?

Gibt der Schädlingsbekämpfer Hinweise zu

baulichen und hygienischen Mängeln?

Sind die Verantwortlichkeiten nachvoll-

ziehbar definiert?

Weiß die QS bzw. der Ansprechpartner was

der Schädlingsbekämpfer warum tut?

Ist der Techniker geprüft und qualifiziert?

Wird das System jährlich bewertet und

ggf. verbessert?

Wird das Ausmaß der Befälle über die Jah-

re ausgewertet und möglichst geringer?

Ist der Schädlingsbekämpfungsbetrieb zer-

tifiziert?

Und nicht zuletzt: Findet man Mäusekot in

den dunklen Ecken?

Kurz gefragt, hält der Schädlingsbekämpfer, was

er verspricht?

All diese Fragen sind uns inzwischen vertraut

und geläufig, aber wie sieht es mit der Erfüllung

im wahren Leben aus? Sind alle Servicekunden

aktiv in Kenntnis gesetzt, was sie im Zweifel

gegenüber der Behörde vorweisen müssen und

können wir es liefern, mit welchen Kosten ist

dies verbunden? Längst leisten wir weit mehr als

die Arbeit des Technikers vor Ort, wir schulen

die Mitarbeiter des Kunden, wir beraten beim

Rundgang vor Ort, liefern detaillierte Berichte

mit vielen Hinweisen, schreiben Jahresberichte

und sind aktiv bei der Reklamationsbearbeitung

unserer Kunden beteiligt.

Viele Leistungen sind selbstverständlich und

auf der Rechnung ausgewiesen, da müssen wir

uns bei Mängeln an die eigene Nase fassen. Vieles

liegt aber auch in der Verantwortung des Kun-

den. Wenn wir zusätzliche Aufgaben für ihn über-

nehmen, müssen wir diese entlohnt bekommen.

Längst leisten wir weit mehr als die Arbeit

des Technikers vor Ort: Wir beraten beim Rund-

gang vor Ort, liefern detaillierte Hinweise in

Wort, Schrift und Bild bei jedem Besuch, schrei-

ben Jahresberichte, sind aktiv bei der Reklama-

tionsbearbeitung unserer Kunden beteiligt und

schulen die Mitarbeiter der Kunden zum Erken-

nen von Schädlingsbefall.

Wir sind Bindeglied zu Behörden und Audi-

toren und verhindern Eskalationen.

Für die Erfüllung dieser Aufgaben benöti-

gen wir qualifizierte, motivierte und lernbereite

Techniker vor Ort sowie ein versiertes Backoffice.

Selbstverständlich sollte eine fundierte

Ausbildung sein, Weiterbildungsmöglichkeiten

sollten wahrgenommen werden, eine angemes-

sene Entlohnung der Mitarbeiter sollte möglich

sein. Modernen Schädlingsbekämpfungsunter-

nehmen verschiedener Größe mit differenzierten

Schwerpunkten, eine aussichtsreiche Zukunft für

unsere Branche.

Ein Balanceakt fürwahr, aber fordernd und

spannend!

Gastartikel

Sabine Göggerle, Der Puschmann GmbH

Muster-Version einer Risikoanalyse zum Schädlingsbefall in einem Lebensmittelbetrieb für eigene Ergänzungen.

Schädlingsbekämpfung Maus GmbH

Risikoanalyse

zur Wahrscheinlichkeit eines Schädlingsbefalls bei

Mustermann GmbH

am Produktionsstandort in Mausdorf, Max-Mustermann-Straße 13

„Risiko: Wahrscheinlichkeit eines nachteiligen Ereignisses und die Größe der Schwere der möglichen Folgen.“

Umgebung

Ortsrand, das Grundstück von

Mustermann liegt unweit von Streuobstwiesen und landwirtschaftlicher Nutzfläche.

Ein Lebensmittelmarkt ist ein Grundstück entfernt.

Erst.SabineGöggerle

August2016

1

Schädlingsbekämpfung Maus GmbH

Risikoanalyse

zur Wahrscheinlichkeit eines Schädlingsbefalls bei

Mustermann GmbH

am Produktionsstandort in Ma sdorf, Max-Mustermann-Straße 13

„Risiko: Wahrscheinlichkeit eines nachteiligen Ereignisses und die Größe der Schwere der möglichen Folgen.“

Umgebung

Ortsrand, das Grundstück von

Mustermann liegt unweit von Streuobstwiesen und landwirtschaftlicher Nutzfläche. Ein

Lebensmittelmarkt ist ein Grundstück entfernt.

Außenbereich, Betriebsgelände

Sehr ordentliche und übersichtliche Struktur, Vegetation bis direkt an das Haus die Unterschlupf bietet,

Gebäude

Neubau, Warenein- und Ausgang über eine Rampe. Lediglich an zwei Türen des Hochregallagers und an

einer Stelle in der Produktion oberhalb eines Schaltschranks an der Austrittsstelle der Leitungen müssen noch

Abdichtungsmaßnahmen durchgeführt werden. Im Außenbereich sollte noch eine Schlupfstelle in die mit Steinwolle

isolierte vorgehängte Fassade geschlossen werden. Bilder im Anhang zeigen die beschriebenen Stellen.

Rohstoffe, Ware

Rohstoffe und Endprodukte lagern im übersichtlichen und von allen Seiten begeh- und einsehbaren Hochregallager,

sind gute Nährstoffe für Schadnager und an Vorräten schädliche Insekten.

Abfall

Die Abfallentsorgung ist entfernt vom Gebäude übersichtlich und in geschlossenen Containern straff organisiert.

Durch den hohen Zuwanderungsdruck aus dem benachbarten Feld und den Streuobstwiesen kann auf eine vorbeugende Dauerbeköderung im unmittelbaren

Außenbereich nicht verzichtet werden. Die Kontrollen der Nagerköderstationen außen finden monatlich statt, der Gesamtbetrieb wird einmal im Quartal

überprüft. Die Schadnagerüberwachung in der Produktion erfolgt mit Nontox Köder.

Außenbereich,

Betriebsgelände

Sehr ordentliche und übersichtliche Struktur, Vegetation bis direkt an das Haus die Unterschlupf bietet,

Gebäude

Neubau, Warenein- und Ausgang über eine Rampe. Lediglich an zwei Türen des Hochregallagers und an einer Stelle in

der Produktion oberhalb eines Schaltschranks an der Austrittsstelle der Leitungen müssen noch Abdichtungsmaßnahmen

durchgeführt werden. Im Außenbereich sollte noch eine Schlupfstelle in die mit Steinwolle isolierte vorgehängte Fassade

geschlossen werden. Bilder im Anhang zeigen die beschriebenen Stellen.

Rohstoffe, Ware

Rohstoffe und Endprodukte lagern im übersichtlichen und von allen Seiten begeh- und einsehbaren Hochregallager, sind

gute Nährstoffe für Schadnager und an Vorräten schädliche Insekten.

Abfall

Die Abfallentsorgung ist entfernt vom Gebäude übersichtlich und in geschlossenen Containern straff organisiert.

Durch n hohen Zuwanderu gsdruck aus dem benachbarten Feld und d Streuobstwiesen kann a f eine vorb ugende Dauerbeköderung im

unmittelbaren Außenbereich nicht verzichtet werden. Die Kontrollen der Nagerköderstationen außen finden monatlich statt, der Gesamtbe-

trieb wird einmal im Quartal überprüft. Die Schadnagerüberwachung in der Produktion erfolgt mit Nontox Köder.

Übersicht zur Risikoabschätzung einzelner Schädlingsarten

Schadorganismus

Möglicher Eintrittsweg

Wahrschein-

lichkeit des

Eintritts

Wahrschein-

lichkeit der

Etablierung

Wahrschein-

lichkeit der

Ausbreitung

Risiko Detektion

Hausmaus

Tür und Tor, Einschleppung

+

+

+

+

Mäuseköderstationen, Kotspuren

Feldmaus

Tür und Tor

+/o

+/o

+

+/o Mäuseköderstationen, Kotspuren

Wanderratte

Tür und Tor, Kanalisation

+/o

+/o

+

+/o Nagerköderstationen, Fraßschaden

Schaben

Zuwanderung, Einschleppung

+

+

+

+

Klebefallen für kriechende Insekten

Lebensmittelmotten

Zuflug, Einschleppung

+

o

+

+

Pheromonfallen, UV-Fliegenfänger

An Vorräten schädliche Käfer Zuflug, Einschleppung

+/o

+/o

+

+/o Lockstofffallen, UV Fliegenfänger

Ameisen

Tür und Tor

+

o

+

+/o Klebefallen für kriechende Insekten, Sichtkontrolle

Fruchtfliegen, Schmetter-

lingsmücken

Zuflug

+

+/o

+

+

Fruchtfliegenmonitore, UV-Fliegenfänger,

Sichtkontrolle

Fluginsekten (Wespen,

Fliegen…)

Zuflug

+

o

+

+

UV Fliegenfänger

Vögel (Tauben, Spatzen)

Zuflug

+/o

+/o

+

+/o Sichtkontrolle

Wahrscheinlichkeit/Risiko groß + Wahrscheinlichkeit/Risiko mittel +/o Wahrscheinlichkeit/Risiko gering o

Erst. Sabine Göggerle

August 2016