Schützen & Erhalten - page 19

Schützen & Erhalten · Juni 2003 · Seite 19
STEUERRECHT
Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Februar 2003 (Az.: VI R 74/00)
Besteuerung von ULAK-Entschädigungs-
zahlungen für verfallene Urlaubsansprüche
Bei Entschädigungszah-
lungen der Urlaubs- und
Lohnausgleichskasse der
Bauwirtschaft für verfal-
lene Urlaubsansprüche
handelt es sich um Ein-
künfte, die nicht dem
Steuerabzug vom Arbeits-
lohn unterliegen und auf
die die Härteregelung
nach § 46 Abs. 5 EStG an-
zuwenden ist.
Dies entschied der Bundesfi-
nanzhof mit o.g. Urteil. Dem
Verfahren lag im Wesentlichen
folgender Sachverhalt zugrun-
de:
Der klagende Arbeitnehmer
erzielte während des in Streit
stehenden Veranlagungszeitrau-
mes Einkünfte aus nicht selbst-
ständiger Arbeit, von denen ein
Lohnsteuerabzug vorgenommen
wurde. Außerdem zahlte die
ULAK an den Kläger eine Ent-
schädigung für verfallene Ur-
laubsansprüche aus Vorjahren.
Die Entschädigung wurde nicht
dem Lohnsteuerabzug unterwor-
fen. In seiner Einkommensteu-
ererklärung für das Streitjahr
beantragte der Kläger für die
Zahlung der ULAK die Anwen-
dung des Härteausgleiches nach
§ 70 EStDV. Hiervon abweichend
sah das beklagte Finanzamt die
Zahlung der ULAK als eine dem
Lohnsteuerabzug unterliegende
Arbeitslohnzahlung eines Drit-
ten
(§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG)
an. Die Zahlung der ULAK rech-
nete es dem Bruttoarbeitslohn
des Klägers zu und unterwarf
sie ungemildert der Einkommen-
steuer.
Die dagegen nach erfolglo-
sem Einspruchsverfahren erho-
bene Klage hat das Finanzge-
richt abgewiesen. Die hiergegen
gerichtete Revision des Klägers
hingegen war erfolgreich.
In seiner Entscheidung führt
der Bundesfinanzhof u. a. Fol-
gendes aus.
Die Voraussetzungen des
§ 70 EStDV seien im Streitfall
gegeben.
Der Kläger habe im in Streit
stehenden Veranlagungszeit-
raum aus einem Dienstverhält-
nis Einkünfte aus nicht selbst-
ständiger Arbeit, von denen ein
Steuerabzug vorgenommen wur-
de, erzielt. Bei der Zahlung der
ULAK handele es sich um ein-
kommensteuerpflichtige Ein-
künfte, nämlich um Arbeitslohn,
welcher im Streitfall den Grenz-
betrag des § 46 Abs. 2 Nr. 1
EStG übersteige. Zum Arbeits-
lohn gehörten auch Entschädi-
gungen, die der Arbeitgeber an
den Arbeitnehmer für nicht ge-
währten Urlaub zahle. Insoweit
handele es sich um nachträg-
liche Lohnzahlungen. Eine sol-
che sei auch dann anzunehmen,
wenn ein Dritter, wie hier die
ULAK, an den Arbeitnehmer auf
der Grundlage eines Tarifvertra-
ges eine Entschädigung für ver-
fallene Urlaubsansprüche zah-
le.
Die Entschädigung, die die
ULAK an den Kläger geleistet
habe, unterliege nicht dem Steu-
erabzug vom Arbeitslohn. Ein-
künfte aus nicht selbstständi-
ger Arbeit gehörten nur dann
zu den nach den vorgenannten
Normen zu berücksichtigenden
Einkünften, die nicht dem Steu-
erabzug vom Arbeitslohn zu
unterwerfen sind, wenn der
Lohnsteuerabzug
rechtmäßig
unterblieben sei. Bei Einkünf-
ten aus nicht selbstständiger
Arbeit werde die Einkommen-
steuer durch Abzug vom Arbeits-
lohn erhoben (Lohnsteuer),
soweit der Arbeitslohn von ei-
nem inländischen Arbeitgeber
bezahlt werde. Dies gelte auch
für den im Rahmen des Dienst-
verhältnisses üblicherweise von
einem Dritten für eine Arbeits-
leistung gezahlten Arbeitslohn.
Im Streitfall handele es sich
bei der Zahlung der ULAK nicht
um eine unechte Lohnzahlung
eines Dritten. Zwar habe die
ULAK Anspruch auf die zur Fi-
nanzierung ihrer Leistungen
festgesetzten Beiträge, die von
den Arbeitsgebern der Bauwirt-
schaft geleistet würden. Leiste
die ULAK an einen Arbeitneh-
mer eine Entschädigung für
verfallene Urlaubsansprüche,
werde sie dadurch jedoch nicht
zur Zahlstelle oder zur Lei-
stungsmittlerin desjenigen Ar-
beitgebers, bei dem der Arbeit-
nehmer seine Urlaubsansprüche
erworben habe. Der Entschädi-
gungsanspruch des Arbeitneh-
mers gegen die ULAK trete an
die Stelle des durch Zeitablauf
erloschenen, gegen den Arbeit-
geber gerichteten Anspruches
auf Urlaub.
Die Zahlung der Entschädi-
gung durch die ULAK sei zwar
Lohnzahlung eines Dritten; sie
unterliege aber nicht dem Lohn-
steuerabzug, weil der Arbeitge-
ber in die Zahlungen nicht ein-
bezogen bzw. eingeschaltet sei.
Schließlich scheide die An-
wendung des § 70 EStDV im
Streitfall auch nicht deshalb aus,
weil in den Fällen, in denen der
Arbeitnehmer
von seinem Arbeit-
geber
eine Zahlung zur Urlaubs-
abgeltung erhalte, ein Lohnsteu-
erabzug nach § 38 Abs. 1 Satz
1 EStG vorzunehmen sei. Die
Regelung verfolge das Ziel, dass
bei denjenigen Steuerpflichti-
gen, deren Einkommen ganz
oder teilweise aus Einkünften
aus nicht selbstständiger Arbeit
bestehe, von denen ein Steu-
erabzug vorgenommen worden
sei und bei denen nach § 46
Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG eine Ver-
anlagung erfolge, die Nebenein-
künfte i. S. d. § 46 Abs. 2 Nr.
1 EStG unberücksichtigt blieben,
soweit sie den Grenzbetrag nicht
überschritten. Die betreffenden
Steuerpflichtigen sollten inso-
weit keinen Nachteil gegenüber
denjenigen Steuerpflichtigen
erleiden, die nicht zu veranla-
gen seien und Nebeneinkünfte
höchstens bis zum dort bezeich-
neten Betrag erzielten. Entspre-
chendes gelte für die Anwen-
dung der Härteregelung des § 70
EStDV. Da im Streitfall die ein-
kommensteuerpflichtigen Ein-
künfte, von denen der Steuer-
abzug vom Arbeitslohn nicht
vorgenommen worden sei, die-
sen Betrag überschritten, kom-
me § 70 EStDV zur Anwendung.
1...,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24,25,26,27,28,29,...44
Powered by FlippingBook