Schützen & Erhalten - page 16

Empfehlungen zum Aufbau
eines Sachverständigen-
gutachtens
Zu diesem Thema erhalte ich
von den Mitgliedern des Fach-
bereiches und Teilnehmern
von Fortbildungsveranstaltun-
gen immer wieder Anfragen.
Es besteht bezüglich des rich-
tigen Aufbaus von Gutachten
und Untersuchungsberichten
ein z.T. größere Verunsiche-
rung.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass
sich Aufbau und Aussehen der Gut-
achten und Berichte bei den meis-
ten Sachverständigen in einem
Prozess über mehrere Jahre der
praktischen Sachverständigentätig-
keit entwickelt haben. Was häu-
fig so einfach und logisch aussieht,
ist mit viel Entwicklungsarbeit und
erworbenen Know-how verbunden.
Aus diesem Grunde geben erfahre-
ne Sachverständige ihre entwickel-
ten Unterlagen auch nicht so
gerne einfach an Kollegen, die mit
der Sachverständigentätigkeit be-
ginnen, weiter. Dieses wird dann
häufig als unkollegial usw. bezeich-
net, was aber bei weitem nicht so
ist. Kein Unternehmen, egal in
welchem Wirtschaftsbereich es tätig
ist, wird freiwillig seine eigenen
Entwicklungen zum Kopieren frei-
geben, wenn hierdurch der Wett-
bewerb gestärkt und die eigene
Position evtl. geschwächt wird oder
wenn hierfür nicht Lizenzen usw.
erworben werden (siehe Software-
produkte).
Es gibt aber allgemeine Ein-
führungen und Grundlagen, die als
Hilfe herangezogen werden kön-
nen, wenn die ersten Schritte zur
Gutachtenerstellung beschritten
werden. Neben den zahlreichen
Rechts- und Ausbildungsseminaren
für beginnende Sachverständige
bietet das IfS (Institut für Sach-
verständigenwesen) auf seiner In-
ternetseite
hier-
zu eine 7-seitige Empfehlung, die
als pdf-Datei frei herunter geladen
werden kann.
Es lohnt sich und dies nicht
nur für Anfänger, auch schon „län-
ger“ am Markt agierende Sachver-
ständige können hier den ein oder
anderen wichtigen Hinweis bekom-
men.
Anzumerken ist hier noch, dass
vom DHBV in Absprache mit den
bestellenden Handwerkskammern
Vorbereitungskurse für die ö.b.u.v.
angeboten werden, die schwer-
punktmäßig die fachlichen Anfor-
derungen herausstellen, nicht die
rechtlichen.
Näheres hierzu ist im Protokoll
des Sachverständigentagung 2006
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
des DHBV nachzulesen, welches
auf der Internetseite des DHBV im
geschützten Bereich für Mitglieder
des Fachbereichs Sachverständige
einzusehen ist.
Online 24 Stunden geöffnet!
Die Streitverkündung ge-
genüber dem gerichtlichen
Bausachverständigen
von Rechtsanwalt und Notar Dr. Harald Volze,
Frankfurt am Main
Das derzeit aktuellste Thema
im Sachverständigenrecht bei
Bauprozessen ist die Streitver-
kündung gegenüber dem ge-
richtlichen Sachverständigen.
Die Häufung derartiger Fälle ist auf
den am 1. 8. 2002 neu eingeführ-
ten § 839 a BGB zurückzuführen.
Danach haftet ein gerichtlicher
Sachverständiger, wenn er vorsätz-
lich oder grob fahrlässig ein Gut-
achten falsch erstellt und das Ge-
richt aufgrund des unrichtigen Gut-
achtens falsch geurteilt hat.
Durch die Streitverkündung ge-
genüber dem gerichtlichen Sach-
verständigen soll dieser bereits
während seiner gutachterlichen Tä-
tigkeit vor dem Gericht von einer
Prozesspartei unter Druck gesetzt
werden.
Der gerichtliche Sachverstän-
dige soll veranlasst werden, eine
angeblich unrichtige Meinung zu
revidieren, da er andernfalls in
Regress genommen wird.
Mit der Streitverkündung soll ein
Sachverständiger mit seinem Gut-
achten so prozessual eingebunden
werden, dass er von diesem Gut-
achten in einem späteren Regress-
prozess nicht mehr abrücken kann.
I. Der Fall
Ein Bauunternehmer wurde
wegen eines Baumangels an dem
Wohngebäude seines Bauherrn von
diesem zunächst mit einem selb-
ständigen Beweisverfahren vor dem
Landgericht überzogen. In dem
selbständigen Beweisverfahren
sollte festgestellt werden, ob Män-
gel vorhanden sind, wer die Mängel
verschuldet hat und mit welchen
Kosten bei der Mängelbeseitigung
gerechnet werden muss.
Der Bausachverständige X wur-
de beauftragt und erstellt sein
Gutachten. Er kam zu dem Ergebnis,
dass der Bauunternehmer den
Mangel verschuldet hat und Män-
gelbeseitigungskosten in Höhe von
250.000,00
€
anfallen werden.
Dem Bauunternehmer und sei-
nem Rechtsanwalt hat das nicht
gefallen.
Im Hinblick auf das Ergebnis
des Beweisverfahrens erhebt der
Bauherr anschließend Klage auf
Schadenersatz und klagt die Ko-
sten der Mängelbeseitigung ein.
In dem Hauptsacheprozess wird
der Bausachverständige X erneut
von dem Gericht als Gutachter be-
stellt. Daraufhin wird dem gericht-
lichen Sachverständigen X von dem
Rechtsanwalt des Bauunternehmers
der Streit verkündet.
Der Sachverständige X fragt
seinen Anwalt, was er tun soll.
Dieser erläutert die Vor- und Nach-
teile des weiteren Vorgehens.
Bleibt der Sachverständige
neutral und verhält sich so, als ob
es eine Streitverkündung nicht
gegeben habe, läuft er Gefahr, dass
ein Prozess weitergeführt wird ohne
ihn. Der Bausachverständige X bleibt
in diesem Fall aus dem gesamten
Verfahren draußen.
Das ist mit einem Risiko ver-
bunden.
Der Sachverständige hört und
sieht nämlich nichts mehr von dem
Fortgang des Verfahrens. Nach
mehreren Jahren wird der Sachver-
Schützen & Erhalten · Juni 2006 · Seite 16
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