Schützen & Erhalten - page 8

Schützen & Erhalten · Juni 2006 · Seite 8
Holzschutzkonferenz
Ein breites Themenspektrum
Praktische Bestimmungsübungen, Bekämpfungsstrategien zum Hausbock,
Prüfung von Holzschutzmitteln und biotische Schäden an Holzleimbindern
Bereits zu Beginn der Holz-
schutzkonferenz gab es etwas
Ungewöhnliches. Auf einem
separaten Tisch waren num-
merierte Schadstücke aus der
Holzschutzpraxis ausgelegt.
Die Aufgabe der Teilnehmer
bestand darin, in Form einer
kleinen Bestimmungsübung
die Schaderreger zu erkennen.
Ein in der Holzschutzpraxis
unverzichtbarer Bestandteil
der Arbeit.
Vor drei Jahren in Binz wurde die
Frage gestellt „Ist die Schwamm-
bekämpfung nach DIN 68800/4
noch zeitgemäß?“ In Deidesheim
vor zwei Jahren ging es darum zu
ergründen, wann wirken die be-
kämpfenden Holzschutzmittel. Vori-
ges Jahr in Bremen wurde als
zentrales Holzschutzthema die Kal-
kulation und die fachgerechte
Leistungsbeschreibung von Holz-
schutzarbeiten behandelt.
Dieses Jahr in Potsdam wurde
den Zuhörern ein gemischtes The-
menprogramm geboten – nicht nur
aufgrund der eingangs beschrie-
benen Bestimmungsübung. Neben
neuen wissenschaftlichen Erkennt-
nissen zum Hausbock und Hinweise
zur qualitativen Prüfung von Holz-
schutzmitteln wurden Schäden an
Brettschichtholz vorgestellt.
Dr. Horst Hertel,
Bundesanstalt
für Materialforschung und -prüfung
in Berlin, erläuterte aus der Sicht
des Wissenschaftlers zukünftige Be-
kämpfungsstrategien gegen den
Hausbock. Bereits 1738 wurde der
Hausbock als „Holzkäfer mit klei-
nen Fühlhörnern und graue Hals-
schild mit 2 Punkten“ beschrieben.
Sein derzeitiges Ausbreitungsgebiet
erstreckt sich über fast ganz Eu-
ropa, Südafrika, Ostteil Australiens
sowie Teile von Nordamerika. Dort
finden die Käfer günstige klima-
tische Bedingungen, um, von Duft-
stoffen des Holzes angelockt, von
Haus zu Haus zu fliegen. Und genau
diese Duftstoffen sind, neben an-
deren Faktoren, für einen Befall
bzw. einer Eiablage verantwortlich.
Dr. Hertel zeigte anhand ver-
schiedener Laborversuche die Zusam-
menhänge zwischen Lockstoffe und
sensorischer Wahrnehmung der Kä-
fer. Als These formulierte er: wenn
die Oberfläche nicht duftet, ist das
alte Holz nicht attraktiv genug.
In Abhängigkeit der Gefähr-
dungsklasse ist momentan der
biozide Schutz des Holzes erfor-
derlich. Jedoch eröffnen die dar-
gestellten Wechselwirkungen zwi-
schen Holz und Schadinsekt neue
Möglichkeiten des vorbeugenden
Schutzes. Diese Verfahren, bei de-
nen man Stoffe einsetzt, die das
Verhalten der Insekten verändert,
müssen jedoch noch umfangreich
in der Praxis getestet werden.
Dr. Hans-Joachim Rafalski,
ö.b.u.v. SV für Holzschutz, berichte-
te in seinem Vortrag zur Notwen-
digkeit der qualitativen Prüfung von
Holzschutzmitteln in Gebäuden über
langjährige Praxiserfahrung auf dem
Gebiet. Neben der Entnahme von
Holzproben, die für eine Analyse
im Labor bestimmt sind, stellte er
die recht preiswerte und schnell zu
realisierende Beilsteinmethode vor.
Dabei wird eine Holzprobe zusam-
men mit einem Kupferblech in eine
Flamme gebracht. Eine Grünverfär-
bung der Flammen, hervorgerufen
durch Kupferchlorid, zeigt mögliche
Holzschutzmittelbelastung an. Mit
dieser Methode kann man, so Dr.
Rafalski, anhand der Farbintensität
und der Farbdauer den Giftstoffge-
halt grob quantitativ bewerten. Dies
ist jedoch nur bei Holzschutzmit-
teln mit chlorierten Kohlenwasser-
stoffen, wie PCP, DDT und Lindan
möglich.
Trotz des sehr groben Testver-
fahrens sollte der Sachkundige Pro-
ben aus unterschiedlichen Tiefen des
Holzes entnehmen. Eine Auswer-
tung von Proben, die lediglich von
der Holzoberfläche stammen, ist nur
zum Teil aussagekräftig und könn-
te Fehleinschätzungen hinsichtlich
der Sanierungen zur Folge haben.
Abschließend wies Dr. Rafalski
auch auf die Gefährdung anderer
am Bau beteiligten Personen hin.
Insbesondere besteht bei der In-
halation kontaminierter Stäube
eine Gesundheitsgefährdung. Hier
sollte die „Handlungsanleitung:
Umgang mit holzschutzmittelbela-
steten Bauteilen, Gegenständen
und Materialien“ des LAGetSi –
Berlin berücksichtigt werden.
Einsturzgefährdete Holzleim-
binder mit biotischen Schäden zeig-
te
Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr,
Fach-
bereichsleiter Holzschutz im DHBV,
in seinem Vortrag. Der Einsturz ei-
ner Eislaufhalle in Bad Reichen-
hall hat bundesweit die Verantwort-
lichen sensibilisiert. Vermehrt wur-
de daraufhin eine Überprüfung der
bestehenden Hallenkonstruktionen,
insbesondere der Holzleimbinder,
angeordnet.
So berichtete Flohr von einer
Tribünenüberdachung eines Fuß-
ballstadions, welche erheblich
durch den Tannen- und Balkenblätt-
ling zerstört wurde. An den Flan-
ken der frei bewitterten Binder-
konstruktionen waren zahlreiche
Fruchtkörper der Pilze zu erkennen.
Als Ursache des Schädlingsbe-
falls wurden deutlich Mängel in der
Planung offen gelegt. Durch ein-
fache konstruktive Maßnahmen
(Schutz der Konstruktion vor Nie-
derschlägen) hätte der Befall ver-
hindert werden können.
Als zweites Beispiel wurde ein
Spaßbad gezeigt. Die dort einge-
bauten Holzleimbinder waren durch
den Tannen- oder Zaunblättling
befallen. Einige Knotenpunkte hat-
ten sich bereits „aufgelöst“ und es
bestand akute Einsturzgefahr. Es
erfolgte durch die Untersuchenden
eine sofortige Sperrung des Gebäu-
des. Mangelnde Detailplanung und
Ausführungsfehler haben entstehen-
des Kondensat an das Holz geführt
und so für optimale Wachstums-
bedingungen der Pilze gesorgt.
Ekkehard Flohr machte zum
Abschluss des Vortrages deutlich,
dass Holzleimbinderkonstruktionen
durchaus ihre Daseinsberechtigung
haben. Werden diese richtig ein-
gebaut und gewartet, können sie
weit über 100 Jahre bestehen.
Die Holzschutzkonferenz ende-
te mit der Auswertung der Bestim-
mungsübung. Fast alle Holzschützer
hatten sich an diesem Wissenstest
beteiligt. Dieser Test wird, so der
Wunsch der Teilnehmer, zur näch-
sten Holzschutzkonferenz wieder-
holt.
Ekkehard Flohr
THEMA
Experten unter sich – hier konnte jeder testen, wie fit er in
Sachen Schaderregerbestimmung ist.
Holz muss duften, damit es für den
Hausbock attraktiv ist – so die These
von Dr. Horst Hertel.
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