Schützen & Erhalten - page 22

Meinungen
Pkt. 3, S. 50
„So konnte auch bei der im Rahmen des
vorliegenden Forschungsprojektes gutachterlich
begleiteten Mauerwerksbehandlung (Objekt 10,
Zwickau) in weiten Teilen des Mauerwerks keine
nennenswerte Erwärmung erzielt werden. Viel-
mehr wurde jeweils ein nur kleiner Bereich des
Mauerwerks oberflächlich ausreichend erwärmt,
wobei dieser der Fläche der Strahlungs-Austritt-
söffnung der Antenne entsprach. Zugleich be-
stätigte das Objekt Zwickau, dass inhomogene
Baustoffe wie Mauerwerk nicht gleichmäßig er-
wärmt werden können.“
Wenn sich nur der oberflächennahe Bereich
erwärmt, so deutet dies darauf hin, dass Kon-
densationsfeuchte vorliegt, was oft besonders in
Kellerräumen vorkommt.
Auf Grund der geringen Durchfeuchtung in
den tieferliegenden Bereichen kommt es deshalb
nicht zur ausreichenden Durchwärmung.
Desweiteren hat man beim Einsatz von nur 2
Mikrowellengeneratoren auf einer relativ großen
und massiven Wandfläche durch Wärmeleitung
einen verstärkten Wärmeabfluß. Bei den vorherr-
schenden Raumtemperaturen von ca. 11° C kann
es zudem nach Einsetzen der Wasserdampfdiffu-
sion zur weiteren Auskondensation an der Ober-
fläche kommen, sodass die Temperatur an der
Oberfläche nach mehreren Aufheizzyklen wesent-
lich höher steigt als im Inneren. Zur Bewertung
dieses Vorganges wäre eine Messung der Oberflä-
chenfeuchte sinnvoll gewesen. Außerdem ist es
kontraproduktiv, gegen den Massenstrom (Was-
serdampfdiffusion) zu heizen.
Daraus abzuleiten, dass inhomogene Bau-
stoffe (Vollziegel und Mörtel) nicht gleichmäßig
erwärmt werden können, widerspricht unseren
über 10-jährigen Erfahrungen. Wenn massives
Vollziegelmauerwerk über 60°C erwärmt wird,
verlängert sich die Abdampfphase ( Abkühlung
des Mauerwerkes auf Umgebungstemperatur) um
ein Vielfaches (Backofeneffekt).
Im Frühjahr wurde auf die bevorstehen-
de Kennzeichnung von Borpräparaten
mit dem Totenkopf aufgrund neuer
EU-Regelungen hingewiesen. Wie Ihnen
sicher aufgefallen ist, ist aber seitdem
nichts passiert, eine Kennzeichnung der
Borpräparate ist nicht erfolgt.
Die Kennzeichnungspflicht, die aufgrund der
30. Anpassungsrichtlinie (30. ATP) zur Richtli-
nie 67/548/EWG zum 1.6. in Kraft treten sollte,
ist durch das Inkrafttreten der EG-GHS-Verord-
nung (Nr. 1272/2008) im Dezember ausgebremst
worden. Die aus meiner Sicht falsche Einstufung
hatten wir bereits begründet.
Was ist passiert?
Die Richtlinie 67/548/EWG (erstmalige Ver-
öffentlichung 1967 zu Zeiten der EWG) ist die
Grundlage unserer nationalen Gefahrstoffverord-
nung. Die Richtlinie wird regelmäßig dem tech-
nischen Fortschritt angepaßt (ATP), so zum 30.
Mal Ende 2008. Nahezu zeitgleich wurde aber
ein Ersatz der EU-Gefahrstoffrichtlinie durch die
EU-GHS-Verordnung („Global Harmonising Sys-
tems“) verabschiedet. Somit verweist die 30.
ATP auf eine nicht mehr gültige Richtlinie. Die
Regelungen werden daher erst durch eine Auf-
Auf Grund der guten spezifischen Wärmespei-
cherkapazität von Ziegelmauerwerk von ca.800J/
kgk (Holz ca.1600 J/kgk) kommt es auf Grund der
Wärmeleitung zu einer weitestgehenden Homogeni-
sierung der Temperaturverteilung im Mauerwerk.
10 Zwickau, Domhof 7 – Priester-
häuser, Jahr der Sanierung: 2002
Gutachterliche Überwachung:
E. Flohr, Dessau, S.132
„Ergebnisse der Kontrollüberwachung
Aus allen eingebauten sechs Hausschwamm-
Prüfkörpern sowie aus den in einem Nebenraum
verwahrten Nullproben wuchs im Labor der Prüf-
pilz wieder aus. Aus einer Probe entwickelte sich
ein für den Echten Hausschwamm atypisches
Myzel (veränderte Variante infolge der Wärme-
behandlung). In allen fünf Hausbock-Prüfkör-
pern hatten die Larven die Wärmebehandlung
überlebt. Das bedeutet, dass mit den mit der
Mikrowellen-Technik im Mauerwerk erreichten
Temperaturen und der Dauer der Temperatur-
haltung weder das Hausschwamm-Myzel noch
die Hausbockkäfer-Larven abgetötet werden
konnten“
Da weder die Letaltemperaturen für den Ech-
ten Hausschwamm noch für die Hausbockkäfer
erreicht wurden ist obiger Feststellung nichts
hinzuzufügen.
Bedenken sollte man jedoch beim Einbau
von Proben, die kleiner als die Wellenlänge der
verwendeten Frequenz sind, dass die Proben wei-
testgehend vom zu erwärmenden Material ohne
Luftspalt umschlossen sind, da Luft bekanntlich
ein schlechter Wärmeleiter ist und von Mikrowel-
len kaum erwärmt wird.
In eine einzelne Hausbocklarve oder ein
Stück Myzel in einem Glas-oder Pappröhrchen
kann man nun mal keine Energie bei 2,45 GHz
einkoppeln.
Die auf Seite 49 geäußerten Zweifel zur Über-
tragung des Mikrowellenverfahrens in die Praxis
liegen schon einige Jahre zurück. Sicher gibt es
noch Untersuchungsbedarf zur Verbesserung der
Technologie und der Technik.
Der könnte in weiteren Forschungsvorhaben
abgearbeitet werden, wie z. B. das Verhältnis
Temperatur und Zeit in verschiedenen Stadien
des Myzels. Ein Hauptvorteil des Mikrowellenver-
fahrens liegt ja gerade darin, dass im Minuten-
bereich Temperaturen, die weit über den publi-
zierten Letaltemperaturen liegen, und somit keine
stundenlangen Haltezeiten erfordern. In der Zwi-
schenzeit sind durch mehrere Firmen eine Vielzahl
von Objekten erfolgreich mittels Mikrowellentech-
nologie behandelt worden, sodass es an der Zeit
ist, dieses Verfahren in die Neufassung der DIN
68800 aufzunehmen.
Literatur:
1 Togornikov: Dielctric properties of wood and wood-
based materials. 1993
Dipl.-Ing. Steffen Steinbach
MTB® Mikrowellen Technik
Bauwerkserhaltung Holzschutz
Mittenwalderstraße 79,
15749 Mittenwalde/OT Motzen
Bor – vom Ökomittel zum Gift, der ganz
normale Wahnsinn der EU – Teil 2
nahme in den Anhang IV der GHS-Verordnung
verbindlich. Dies ist noch nicht erfolgt.
Bei der Vielfalt der EU-Regelungen ist der
EU offenbar selber der Überblick abhanden ge-
kommen.
Vor dem Hintergrund dieser Problema-
tik wurden die zum Jahresende auslaufenden
bauaufsichtlichen Zulassungen bis Mitte 2010
verlängert, so daß praktische Auswirkungen
nicht vor Mitte bis Ende 2010 (dem Ablaufda-
tum der längsten Laufzeiten der Zulassungen)
zu erwarten sind.
Da aber ebenfalls zeitgleich der zweitgröß-
te Bor-Produzent endlich Klage beim Europäi-
schen Gerichtshof gegen die Einstufung und die
Kennzeichnungspflicht eingereicht hat, ist noch
nicht sichergestellt, daß nicht doch wieder eine
Änderung der 30. ATP erfolgen könnte.
Somit bestehen derzeit keine Klarheiten,
was 2010 geschehen wird. Wir warten ab und
sind Guter Dinge, daß der Realitätssinn wieder
Oberhand gewinnen könnte.
P.S.: Mit der GHS-Verordnung werden sich
aber sämtliche bekannten und bewährten Gefah-
rensymbole ändern – weltweit einheitlich.
Dipl.-Holzwirt Dr. André Peylo
Holzlabor Peylo
Blumenstraße 22, 21481 Lauenburg
Bor im Periodensystem. Grafik: Wikipedia/Atanamir.
Schützen & Erhalten · Dezember 2009 · Seite 22
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