Schützen & Erhalten - page 16

Fachbereiche
Bautenschutz
Das öffentliche Bewusstsein der meisten
Menschen rückt Gefahren durch Strahlung
und Radioaktivität in erster Linie in den
Dunstkreis von Kernkraftwerksunfällen.
Der Super-GAU vom 11. März 2011 in Ja-
pan ist jedem noch in Erinnerung. In drei
Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima
kam es nach dem schweren Erdbeben und
folgendem Tsunami zur Kernschmelze. Zer-
störungen wie nach einem Bombenangriff
gingen um die Welt.
Inzwischen liegt die Katastrophe von Fukushima
anderthalb Jahre zurück. Die radioaktiven Stoffe
gelangen nach wie vor nicht nur in die Umwelt,
sondern auch ungehindert in die regionale Nah-
rungskette, solange der Abfluss von strahlendem
Wasser aus dem Reaktorwrack in den Ozean nicht
unterbunden wird. Die Probleme werden noch
lange Zeit anhalten, schließlich hat das Meer
„80 Prozent der gesamten Strahlenbelastung
abbekommen“. Sogar vor der Küste Kaliforniens
wurden belastete Thunfische gefangen, „wenn-
gleich deren Strahlendosis weit unter dem japa-
nischen Grenzwert lag“. Die Belastung sei zwar zu
gering, um Menschen zu gefährden, doch zeigt
sie anschaulich, wie „sich Schadstoffe in Tieren
durch die Meere verbreiten können“.
1)
Doch warum erst in die Ferne schweifen…?
Natürliche radioaktive Gase aus dem Unter-
grund können in Gebäude eindringen und zu
Gesundheitsschädigungen der Bewohner und
Nutzer führen.
Gestatten: Radon
Man sieht es nicht, man riecht es nicht, man
schmeckt es nicht… „Gesteine und Erden un-
seres Planeten enthalten seit ihrer Entstehung
natürliche radioaktive Stoffe wie Uran und auch
Radium, bei deren Zerfall sich Radon bildet… In
der Reihe der Zerfallsprodukte radioaktiver Stoffe
nimmt Radon eine Sonderstellung ein, weil es als
radioaktives Edelgas aus den Gesteinen und Böden
in die Atmosphäre entweichen kann, wo es sich
gleichmäßig verteilt und weiter zerfällt. Radon
ist überall vorhanden und stellt die Hauptquel-
le der natürlichen Strahlenbelastung dar.“
2)
Das
Gas ist farb-, geruchs- und geschmacklos, kann
also mit den menschlichen Sinnesorganen nicht
wahrgenommen werden. Radon ist ein Zerfalls-
produkt des im Boden vorkommenden Uran-235,
welches über Radium-226 zum Edelgas Radon-222
zerfällt. Die Halbwertszeit des Radon-222 beträgt
3,8 Tage. Radon-222 zerfällt unter Freisetzung
von Helium-Ionen, sogenannten Alpha-Teilchen,
die zu den ionisierenden Strahlen gehören. Wird
Radon eingeatmet, schädigt diese Strahlung das
Lungengewebe. Übrigens, das in der Umgebung
von Fukushima freigesetzte Cäsium-137 hat eine
Halbwertszeit von 30 Jahren.
Gesundheitsrisiko: Lungenkrebs
Radon und dessen Zerfallsprodukte werden
mit der Atemluft aufgenommen. „Die gesund-
heitliche Gefährdung geht weniger vom Radon-
gas selbst aus, das zum größten Teil wieder aus-
geatmet wird, sondern von seinen kurzlebigen
Zerfallsprodukten. Dabei handelt es sich um die
radioaktiven Schwermetalle Polonium und Wis-
mut, die überwiegend an die in der Luft befind-
lichen Aerosole oder Staubteilchen angelagert
sind und nach dem Einatmen im Atemtrakt abge-
lagert werden und dort zerfallen. Die dabei ent-
stehende energiereiche radioaktive Alphastrah-
lung trifft die strahlenempfindlichen Zellen des
Lungengewebes und kann zu einer Schädigung
der Zellen führen und damit die Entstehung einer
Lungenkrebserkrankung begünstigen.“
2)
Der Zu-
sammenhang zwischen der Exposition mit Radon
und vermehrt auftretenden Lungenkrebserkran-
kungen wurde bereits vor Jahrzehnten nachge-
wiesen. Bergarbeiter, die untertage extrem ho-
hen Radonbelastungen ausgesetzt waren, litten
unter Krebserkrankungen der Atemwege. Nicht
zuletzt wurde Radon 1980 vom internationalen
Krebsforschungszentrum der Weltgesundheitsbe-
hörde (WHO) als krebserregender Stoff für den
Menschen eingestuft. „Inzwischen ist unbestrit-
ten, dass auch eine langjährige Radonbelastung
in deutlich niedrigeren Konzentrationen – wie
sie auch in Wohnungen vorkommen – Ursache
für das Auftreten von Lungenkrebs sein kann.“
2)
Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 7–10%
der Lungenkrebsfälle in Deutschland auf das
Edelgas und dessen Zerfallsprodukte zurückge-
führt werden können. „Der Expositions-Wirkungs-
Zusammenhang ist annähernd linear ohne Hin-
weis auf einen Schwellenwert, das heißt, das
Lungenkrebsrisiko erhöht sich proportional mit
steigender Radonkonzentration. Dabei nimmt
das Risiko um cirka zehn Prozent pro Anstieg der
Radonkonzentration um 100 Becquerel pro Ku-
bikmeter (Bq/m³) zu. So hat beispielsweise eine
Person, die dauerhaft einer Radonkonzentration
von 100 Bq/m³ ausgesetzt ist, im Vergleich zu
einer Person, die nie Radon ausgesetzt ist, ein
um cirka zehn Prozent höheres Lungenkrebsrisi-
ko, beziehungsweise eine Person mit 200 Bq/m³
ein 20 Prozent höheres Risiko und so weiter.“
3)
„Becquerel (Bq) ist die Einheit der Aktivi-
tät eines Radionuklids; benannt nach dem Ent-
decker der Radioaktivität Henri Becquerel. Das
Kurzzeichen für die Einheit ist Bq. Die Aktivität
beträgt 1 Becquerel, wenn von der vorliegenden
Menge eines Radionuklids 1 Atomkern pro Se-
kunde zerfällt.“
4)
Radon: Wo tritt es auf?
Die Radonkarte Deutschlands, aufgestellt
vom Bundesamt für Strahlenschutz, gibt eine
Orientierung über die regionale Verteilung der
Radonkonzentration in der Bodenluft, in einem
Meter Tiefe unter der Erdoberfläche gemessen. Die
Radonkonzentration ist ein Maß dafür, wie viel
Radon im Untergrund zum Eintritt in ein Gebäu-
de zur Verfügung steht. Üblicherweise liegt das
Verhältnis von Radon in der Raumluft zu Radon
in der Bodenluft bei ca. 1 bis 5 Promille, das
Radon
Man sieht es nicht, man riecht es nicht, man schmeckt es nicht…
Reaktorgebäude 4 des Atomkraftwerks Fukushima.
Radonaufnahme
über die
Atemorgane.
Schützen & Erhalten · Dezember 2012 · Seite 16
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