Schützen & Erhalten - page 41

Schützen & Erhalten · März 2004 · Seite 41
Nun ist es allen klar: die Mi-
krowelle bekämpft Schädlinge!
Ökonomisch und ökologisch! Wer
es bis heute nicht wusste, der
bekommt es nun noch einmal
brühwarm erklärt. Erstaunlich, wie
gewissenhaft die Details beschrie-
ben werden, so richtig für den
Gebrauch von Fachleuten, die
bestrebt sind, ihr fachliches Wis-
sen zu optimieren. Oder soll dem
Leser vielleicht etwas vorgegau-
kelt werden?
Wer weiß das
schon!
Wenn ein Fachartikel mit dem
heute mehr denn je aktuellen
Schlagwort „ökonomisch“ eine
Anwendungstechnik beschreibt,
so erwartet der interessierte Le-
ser exakt nachgewiesene Verglei-
che mit anderen Verfahrenstech-
niken. Wo sind diese denn
geblieben? Nichts, aber auch gar
nichts kann man über die Kosten
der Mikrowellen erfahren. Sehr
wahrscheinlich haben die Verfas-
ser nämlich das vergessen, was
die Leser nun wirklich sehr in-
teressiert?
Aber wer weiß das
schon!
Ebenso schlimm sieht es mit
der „Ökologie“ aus! Dass mit die-
sem Schlagwort noch immer viele,
viele Millionen
in unserer so
arg geschüttelten Republik zu ver-
dienen sind, dürfte allen bekannt
sein. Aber was hat die Ökologie
mit der Mikrowelle zu tun? Bit-
te liebe Verfasser, das muss man
doch dem fachkundigen und dar-
über hinaus mündigen Leser deut-
lich erklären, oder wurde der
Titel dieses so ausführlichen Ar-
tikels in der Redaktion vielleicht
verwechselt?
Wer weiß das
schon!
Klar hingegen erscheint die
Mitteilung, dass die für das äl-
teste Haus in Bad Soden zustän-
dige Denkmalbehörde trotz eines
akuten Befalls durch den Ge-
scheckten Nagekäfer in Eichen-
balken aus dem 16. Jahrhundert
darauf bestand, diese Hölzer „bei-
zubehalten“. Denn ein Gutachter
hatte angesichts des lebenden
Befalls geraten das Holz auszu-
tauschen
(Anm.: Ein sehr vernünf-
tiger Vorschlag, da doch allen Holz-
schützern bekannt ist, dass gerade
diese Anobienart in Vergesellschaf-
tung mit holzzerstörenden Pilzen
lebt!),
aber die Wahl des Verfah-
rens
(Anm.: wahrscheinlich auf
Grund fachlicher Beratung durch
die Verfasser)
fiel auf ein
mo-
dernes
und
effizientes
Verfah-
ren: die Mikrowelle!
Modern
ist
möglicherweise richtig, aber
ef-
fizient
? Effizienz heißt u.a. „Wir-
kungsgrad als Verhältnis von Auf-
wand und Ertrag bei einem
gegebenen Ziel“ und bedeutet
doch gewissermaßen „Rentabili-
tät“. Und damit sind wir wieder
bei der Ökonomie –
aber wer
weiß das schon!
Immerhin stammt aus glei-
cher Feder auch aus früheren
Zeiten so manches, was bei sach-
kundigen Lesern große Zweifel
über das tatsächliche Wissen der
Verfasser aufkommen lässt, oder
liegt dieser Eindruck in einer
mangelnden Interpretationsfähig-
keit begründet? Das wäre doch
eine Erklärung, weil die deutsche
Sprache als eine der schwierig-
sten gilt und beileibe nicht von
jedem interpretiert werden kann.
Wahrscheinlich wurde in den Ver-
einigten Staaten von Amerika aus
diesem Grunde bei der Abstim-
mung über die Festlegung der
Landessprache nicht „Deutsch“,
sondern „Englisch“ gewählt.
Aber
wer weiß das schon!
Eigentlich müsste man den
besagten Artikel als äußerst „kon-
fus“ bezeichnen. So werden dem
Leser als absolute Neuheit auf
dem Gebiet der Schädlingsbe-
kämpfung nun sogar „Sonnen-
strahlen“ angeboten, was wohl
eher dem Reich der Phantasie zu-
zuordnen wäre. Und dann „
die be-
sondere Eigenschaft der Mikrowel-
len, die nämlich in alle Baustoffe
eindringen und dabei die Wasser-
moleküle im Inneren der Baustoffe
in Schwingungen versetzen, denn
auf diese Weise wird die Hoch-
frequenztechnik durch Reibung der
Moleküle vollständig in Wärme
umgesetzt.“
Und jetzt kommt’s:
Und da die Schädlinge selbst am
meisten Wasser enthalten, werden
diese auch vorrangig erhitzt.“
Na
toll, was es so alles gibt! Da
müssen die Viecher aber lange
Zeit am Wassertrog verbracht und
sich so richtig vollgesoffen ha-
ben. Und weiter: „
Zur Sicherheit
werden jedoch auch die Vorgaben
der DIN 68800 erfüllt“,
und noch
etwas weiter: „
Damit konnte die
DIN 68800 sicher nachgewiesen
werden, weil aufgrund der Wär-
meisolierung die Auskühlung der
Balken weniger als 5°C. pro Stunde
beträgt.“
Wo um Himmels Wil-
len steht das in der Norm! Und
noch ein Gedicht: „
Zum anderen
nimmt die Mikrowellenleistung mit
der Entfernung quadratisch ab“,
was den Leser große Probleme
bei der mathematischen Umset-
zung dieser Aussage bereiten
könnte.
Aber wer weiß das
schon!
Was nun auch als absolute
Neuigkeit gilt, ist die Behaup-
tung:
„Die sichere Langzeitwirkung
wurde bereits im Jahre 2000 im
Museumsdorf Detmold in Zusam-
menarbeit mit der Bundesfor-
schungsanstalt für Forst- und Holz-
wirtschaft in Hamburg nachgewie-
sen,
denn
seit
der
Mikrowellenbehandlung ist auch
dort (Anm.: wo denn noch?) kein
Befall mehr feststellbar.“
Späte-
stens jetzt schlägt es Dreizehn!
Also erzeugt die Mikrowelle nach
Meinung der Verfasser einen vor-
beugenden Schutz gegen einen
Befall durch holzzerstörende In-
sekten! Dem aufmerksamen Le-
ser stellt sich nun bestimmt die
Frage:
was wird wohl Herr Dr.
Nolte in Hamburg hierzu sagen?
Oder kann man von dort keinen
Kommentar zu dieser tollen Ent-
wicklung liefern?
Na ja, wer weiß
das schon!
Liebe Verfasser des hier kom-
mentierten Artikels: Was zum Teu-
fel haben Sie sich eigentlich dabei
gedacht, einen derartigen Unsinn
in die Welt zu setzen! Ich jeden-
falls habe wirklich und wahrhaftig
gedacht, mich tritt ein Pferd! Und
meinen vielen guten Fachkolle-
gen möchte ich beim Nachlesen
dieses tollen Artikels raten: „Glau-
ben Sie ja nicht, wen Sie da vor
sich haben!“ –
Aber das weiß
man ja schon!
Peter Grabow
FORUM
Leserbrief
„Eine ökonomische und ökologische Stellungnahme“
von Peter Grabow, Bad Honnef zum Bericht: „Ökonomische und ökologische Schädlingsbekämpfung mit
Mikrowellen“, S & E Ausgabe 4, Dezember 2003, Seite 27, „Aus Industrie und Handel“
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