Schützen & Erhalten - page 33

Schützen & Erhalten · März 2004 · Seite 33
BAUVERTRAGSRECHT
BGH, Urteil vom 13. November 2003 (Az: VII ZR 57/02)
Selbstschuldnerische Bürgschaft
Eine Klausel in den Allge-
meinen Geschäftsbedin-
gungen eines Bauvertrages,
wonach ein Sicherheitsein-
behalt in Höhe von 5% der
Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährlei-
stungsfrist nur dann durch
eine selbstschuldnerische
unbefristete Bürgschaft
abgelöst werden kann,
wenn keine wesentlichen
Mängel vorhanden sind, ist
unwirksam.
Dies entschied der Bundesge-
richtshof mit o.g. Urteil. Dem
Verfahren lag im Wesentlichen
folgender Sachverhalt zu Grun-
de: Die klagende Bauträgerin
nimmt die beklagte Bank aus
einer Gewährleistungsbürgschaft
in Anspruch.
Der Bürgschaft lag folgende
Klausel im Vertrag zwischen der
Klägerin und dem von ihr beauf-
tragen Generalunternehmer zu
Grunde:
„Zur Absicherung eventueller
Gewährleistungsansprüche wer-
den 5% des Pauschalfestpreises
für die Dauer von 5 Jahren in Geld
einbehalten. Der Auftragnehmer
kann, soweit die Sicherheitsleis-
tung nicht verwertet ist, die Aus-
zahlung verlangen, sofern er in
Höhe der geschuldeten Sicherheit
eine selbstschuldnerische unbe-
fristete Bürgschaft gemäß § 17
Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungs-
klausel erbringt und wesentliche
Mängel nicht mehr vorhanden
sind.“
Die Beklagte hat eine solche
Bürgschaft ausgegeben, hält je-
doch die Vertragsklausel für un-
wirksam und möchte deshalb aus
der Bürgschaft nicht für die Er-
füllung der Verbindlichkeit ein-
stehen.
Nach Abweisung der Klage
durch das Landgericht hat das
Berufungsgericht ihr weitgehend
stattgegeben. Hiergegen wendet
sich die Beklagte mit ihrer Re-
vision.
In seiner Entscheidung führt
der Bundesgerichtshof u.a. Fol-
gendes aus:
Die umstrittene vertragliche
Regelung, bei der es sich um eine
Allgemeine Geschäftsbedingung
handele, sei gemäß § 9 Abs. 1
AGBG (nunmehr: § 307 BGB)
unwirksam, weil der Auftragneh-
mer unangemessen benachteiligt
werde. Dies ergebe sich nicht aus
der Einschränkung, dass der Si-
cherheitseinbehalt nur gegen eine
selbstschuldnerische Bürgschaft
auszuzahlen sei, sondern vielmehr
aus der weiteren Voraussetzung,
dass wesentliche Mängel nicht
vorhanden sein dürften.
Anders als im Falle einer Bürg-
schaft auf ersten Anfordern biete
die Möglichkeit eines Austausches
des Sicherheitseinbehaltes gegen
eine selbstschuldnerische unbe-
fristete Bürgschaft einen hinrei-
chenden Ausgleich zu dem in der
Vertragsklausel vorgesehenen
Einbehalt.
Dahingehend führe die wei-
tere Voraussetzung, dass wesent-
liche Mängel nicht vorhanden sein
dürften, zur Unwirksamkeit der
Klausel.
Diese Voraussetzung bedeu-
te eine so weitreichende Ein-
schränkung der Berechtigung,
eine Austauschbürgschaft zu stel-
len, dass ein angemessener Aus-
gleich zu den Nachteilen des Si-
cherheitseinbehaltes nicht mehr
zugestanden werde.
Jeder Streit um wesentliche
Mängel blockiere das Austausch-
recht, so dass es bei dem Sicher-
heitseinbehalt bleibe. Es sei
nichts Ungewöhnliches, dass sol-
che Auseinandersetzungen sich
selbst bei unberechtigten Bean-
standungen über die Dauer der
Gewährleistungsfrist hinzögen.
BGH, Urteile vom 22. Januar 2004 (Az: VII ZR 183/02, VII ZR 267/02, VII ZR 68/03)
Sicherheit nach § 648 a BGB auch nach Abnahme
oder Kündigung
Die Regelungen des § 648
a BGB gelten auch dann,
wenn der Auftraggeber die
Leistung abgenommen hat
oder wenn der Vertrag ge-
kündigt worden ist. Diese
seit längerer Zeit in Recht-
sprechung und Literatur
umstrittene Frage ent-
schied der Bundesgerichts-
hof nunmehr mit o.g. Ur-
teilen.
Bei seiner Entscheidung stellt der
Bundesgerichtshof maßgeblich
darauf ab, dass § 648 a BGB dem
Unternehmer die Möglichkeit
verschaffe, die gesetzlich geschul-
dete Vorleistung abzusichern und
dass ein solches Bedürfnis nach
Absicherung bestehe, solange der
Unternehmer ungesicherte Vorlei-
stungen erbringen müsse. Dies
könne auch nach Abnahme oder
Kündigung des Vertrages der Fall
sein, nämlich dann, wenn der
Auftraggeber noch Mängelbesei-
tigung fordere, der Werklohn je-
doch noch nicht bezahlt sei. Ist
der Unternehmer bereit und in
der Lage, die Mängelbeseitigung
vorzunehmen, könne er sie da-
von abhängig machen, dass der
Auftraggeber eine Sicherheit für
den noch offenen Werklohn stelle.
Nach Ablauf der Frist, binnen
derer die Sicherheit gestellt wer-
den müsse, dürfe der Unterneh-
mer auch nach Abnahme oder
Kündigung die Mängelbeseiti-
gungsarbeiten einstellen.
Über die grundsätzliche Klä-
rung der Frage nach der Anwend-
barkeit von § 648 a BGB nach
Kündigung und Abnahme hinaus
hat der Bundesgerichtshof dar-
über entschieden, wie der Unter-
nehmer den Vertrag nach Abnah-
me oder nach Kündigung abrech-
nen kann, wenn der Auftragge-
ber die Bezahlung wegen Mängeln
verweigert, eine Sicherheit indes
nicht stellt. In einer solchen Si-
tuation habe der Unternehmer die
Möglichkeit, dem Auftraggeber
eine Nachfrist zur Sicherheitslei-
stung mit der Erklärung zu set-
zen, dass er die Mängelbeseiti-
gung ablehne, wenn die
Sicherheit nicht fristgerecht ge-
leistet werde. Nach fruchtlosem
Ablauf der Nachfrist erlöschten
der Mängelbeseitigungsanspruch
des Auftraggebers und damit auch
sein Leistungsverweigerungsrecht.
Der Unternehmer habe Anspruch
auf die Vergütung, die jedoch um
den mangelbedingten Minderwert
zu kürzen sei. Dies bedeute, dass
regelmäßig diejenigen Kosten von
der vertraglichen Vergütung ab-
gezogen würden, die notwendig
seien, um den Mangel beseitigen
zu lassen. Außerdem habe der
Unternehmer Anspruch auf Ersatz
des Vertrauensschadens nach
Maßgabe des § 648 a Abs. 5 Satz
2 BGB. Von dieser Möglichkeit
müsse der Unternehmer keinen
Gebrauch machen. Er könne da-
von absehen, eine Nachfrist zu
setzen um den Mängelbeseiti-
gungsanspruch des Auftraggebers
zu Fall zu bringen. In diesem Fall
könne er die volle vertragliche
Vergütung verlangen, müsse es
jedoch hinnehmen, dass der Auf-
traggeber sein gesetzliches Lei-
stungsverweigerungsrecht geltend
mache.
1...,23,24,25,26,27,28,29,30,31,32 34,35,36,37,38,39,40,41,42,43,...44
Powered by FlippingBook