Schützen & Erhalten - page 3

Schützen & Erhalten · September 2003 · Seite 3
EDITORIAL
Lockerung der Handwerksordnung
So gar nicht meisterlich
Ihr
Friedel
Remes
Noch streitet man sich
trefflich darüber inwie-
weit die Handwerksord-
nung nun gelockert wer-
den darf und welches Ge-
werk demnächst nicht
mehr dem Zwang des Gro-
ßen Befähigungsnachwei-
ses unterliegen soll.
Während die Reformer argumen-
tieren, dass endlich Schluss sein
muss mit dem alten Zunftden-
ken, welches Firmenneugrün-
dungen und damit die Schaf-
fung von Arbeitsplätzen verhin-
dert, stützen sich die Bewahrer
auf das höchst ehrenwerte Ar-
gument des Verbraucherschut-
zes. Sie prognostizieren einen
Markt, auf dem der ahnungslose
Hausbesitzer völlig allein gelas-
sen einer Vielzahl von selbst-
ernannten Malern oder Stuck-
ateuren gegenübersteht, deren
Leistungen aufgrund ihrer ge-
ringeren Qualifikation minder-
wertig sein müssen und damit
enormen Schaden verursachen.
Natürlich sind auch wir fas-
sungslos, denn schließlich ha-
ben wir uns daran gewöhnt, dass
Heimwerkertätigkeiten wie ta-
pezieren und Fenster streichen
nur von Meisterbetrieben aus-
geführt werden dürfen, während
der Holz- und Bautenschutz
aufgrund seiner viel geringeren
Anforderungen nach wie vor eine
mindere „Jedermann-Tätigkeit“
darstellt. Was haben wir alles
für Argumente ins Feld geführt,
um doch immer wieder das glei-
che zu hören. „Aufgrund des
geringen Anforderungsprofils
sind Tätigkeiten zur Behebung
von Feuchteschäden und die
Bekämpfung von Holzschädlin-
gen nicht ausreichend für ein
eigenständiges Berufsbild mit
Meisterabschluss.“ Komplizier-
te Arbeiten sind eben kompli-
ziert und einfache eben einfach,
und was einfach ist bedarf nun
mal keiner Qualifikation und
damit auch keiner Ausbildung.
Die Folgen sind bekannt.
Seit Jahren ist der Holz- und
Bautenschutz ein Sammelbek-
ken für all diejenigen, die ei-
nen Weg suchen den Meister-
zwang zu umgehen. So ist der
Markt überschwemmt mit Holz-
und Bautenschutzbetrieben, von
denen ein großer Anteil das
ausübt, was der Firmeninhaber
als Geselle gelernt hat, näm-
lich anstreichen und tapezieren,
Mauern setzen, Dächer decken
oder Wände verputzen. Alles
natürlich unter dem Deckman-
tel des Holz- und Bautenschut-
zes und damit illegal. Für den
Bauherren sind diese getarnten
Maler- Stuckateur- Dachdecker-
und Maurerfirmen allerdings
noch ein Glücksfall, denn
schlimm wird es erst, wenn die-
se „Pseudo-Holz- und Bauten-
schützer“ aufgrund zahlreicher
Abmahnungen von ihrer erlern-
ten Tätigkeit ablassen und ge-
zwungenermaßen das tun, was
ihnen die Eintragung in die
Anlage B der Handwerksordnung
unter Punkt 6 „Holz- und Bau-
tenschutz“ erlaubt.
Seit Jahren werden so Haus-
besitzer wissentlich und unwis-
sentlich geschädigt. Diese ha-
ben ohne jegliche Überprüfung
von Qualifikationen und Refe-
renzen dem Billigsten den Auf-
trag erteilt, ganz im Vertrauen
darauf, dass derjenige, der in
Deutschland einen Betrieb auf-
machen darf sein Metier auch
gelernt hat und folglich be-
herrscht. Kaum ein Verbraucher
kann sich bis heute vorstellen,
dass er selbst als handwerkli-
cher Laie ohne Komplikationen
schon morgen den gleichen
Betrieb aufmachen könnte, wie
der Bautenschützer, der gera-
de seinen Keller trockenlegt.
Doch genau dieser Glaube in die
staatlich garantierte Qualifika-
tion des Handwerks wird nun
durch die so gar nicht meister-
liche Diskussion erschüttert.
Denn je mehr das Handwerk den
Meister verteidigt und damit die
Qualität der Nicht-Meisterbetrie-
be kaputt redet, desto mehr und
desto deutlicher werden die Be-
fürworter einer Lockerung dem
entgegenhalten, dass die Mei-
sterprüfung keineswegs eine
Garantie für Qualität darstellt,
da sie lediglich ein einmal nach-
gewiesenes Wissen dokumen-
tiert, welches längst überholt
sein kann. Qualifiziert ist eben
nur der, der sich und seine Mit-
arbeiter kontinuierlich weiter-
bildet und diese Qualität in sei-
nem Betrieb auch lebt.
Der Verbraucher wird somit
in Zukunft nach neuen Sicher-
heiten suchen, um zwischen Gut
und Schlecht unterscheiden zu
können. Vielleicht kann sich der
ein oder andere von Ihnen an
den Bericht „Qualitätssiegel –
der Weg zur Elite“ in der letz-
ten Schützen & Erhalten erin-
nern. Der Verbandsrat hat sich
am vergangenen Freitag und
Samstag zu einer Klausurtagung
in Kassel getroffen, um die An-
forderungen an die Führung ei-
nes Qualitätssiegels DHBV ab-
schließend zu beraten. Ich bin
sicher, wir sind hiermit auf dem
richtigen Weg.
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