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Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 25

Fachbereiche

Schimmelpilze

hebelt mit freundlicher Unterstützung der BP-V

ganz entspannt CLP aus und definiert Gefahr-

stoffe unter anderem auch als

Biozid-Produkten

im Sinne des § 3b Absatz 1 Nummer 1 des Chemi-

kaliengesetzes, die keine gefährlichen Stoffe oder

Zubereitungen sind.

Steht gleich ganz vorn auf

Seite 4. Kann man eigentlich nicht überlesen.

Weitere Besonderheiten bei der Verwendung

von Biozidprodukten ergeben sich gemäß §4,

Abs. 3 GefStoffV auch aus den Technischen Re-

geln für Gefahrstoffe (TRGS 500) und müssen

ggf. unter den passenden Punkten aufgeführt

werden (z. B. Arbeitsplatzgrenzwerte der TRGS

900). Das gilt unter anderem auch für Wasser-

stoffperoxid, hier ist der Arbeitsplatzgrenzwert

ab einer Einsatzkonzentration von 2,5% durch

Messung zu überprüfen. Arbeitsplatzgrenzwerte

sind übriges für fast alle in der Schimmelbe-

kämpfung verwendbaren Wirkstoffe in der TRGS

900 aufgeführt.

Doch noch bevor gemessen wird, sagt die

GefStoffV in § 16 Herstellungs- und Verwendungs-

beschränkungen:

3) Biozid-Produkte dürfen nicht

verwendet werden, soweit damit zu rechnen ist,

dass ihre Verwendung im einzelnen Anwendungs-

fall schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit

von Menschen, Nicht-Zielorganismen oder auf

die Umwelt hat. Wer Biozid-Produkte verwendet,

hat dies ordnungsgemäß zu tun. Zur ordnungsge-

mäßen Verwendung gehört es insbesondere, dass

1. ein Biozid-Produkt nur für die in der Kenn-

zeichnung ausgewiesenen Verwendungs-

zwecke eingesetzt wird,

2. die sich aus der Kennzeichnung und der

Zulassung ergebenden Verwendungsbedin-

gungen eingehalten werden und

3. der Einsatz von Biozid-Produkten durch

eine sachgerechte Berücksichtigung phy-

sikalischer, biologischer, chemischer und

sonstiger Alternativen auf das Minimum

begrenzt wird.

Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für private Haus-

halte.

Was für ein schöner letzter Satz. Ob der je

gelesen wurde?

Was hier steht, sollte dem Anwender unter

dem Aspekt STOP bekannt sein. TOP, also tech-

nisch vor organisatorisch vor persönlich, be-

schreibt die Rangfolge von Schutzmaßnahmen.

Nämlich alles so einzurichten und zu planen,

dass die Verwendung von persönlicher Schutz-

ausrüstung (PSA) auf ein Minimum reduziert

wird. Das S im STOP steht nun für Substitution

und ist noch vor TOP anzuwenden. Der Anwen-

der hat also vor dem Verwenden von Bioziden

zu prüfen, ob er es nicht auch sein lassen kann.

Weil es andere Verfahren gibt, die ohne zusätz-

liche Gefährdung das gleiche Ergebnis erzielen

– denn wir erinnern uns: Biozide sind bestim-

mungsgemäß schädlich.

Und die Substitution einer Biozidanwendung

von Schimmelschäden ist denkbar leicht und noch

viel mehr − sowieso − vorzunehmen: ausbauen,

absaugen, HEPA-Filter einsetzen, feucht wischen!

Natürlich ist die Anwendung von Biozi-

den unter Berücksichtigung der oben genann-

ten Aspekte auch weiterhin zulässig.

Über die

Zulassung von

Bioziden nach Biozidprodukte-

Verordnung hinausgehend, werden vom Robert

Koch-Institut (RKI) sowie der Deutschen Ge-

sellschaft für Hygiene und Medizin/Verband für

angewandte Hygiene (DGHM/VAH) Listen mit

geprüften Desinfektionsmitteln herausgegeben.

Hier werden Produkte und Formulierungen ge-

prüft und unter dem Handelsnamen aufgelistet

(BPV – nur Wirkstoffe). Diese Listen orientieren

sich bei der Prüfung an praktischen Erwägungen

und berücksichtigen hierbei den klinischen All-

tag, Verunreinigungen, Arbeitsweisen sowie un-

terschiedliche Zielorganismen und Oberflächen.

Diese Listen werden alle zwei Jahre aktualisiert.

Die VAH-Prüfung ist teilweise praxisorientierter,

da hier

auf Wunsch

auch auf Holz getestet wird.

Die RKI-Prüfungen sehen dies nicht vor. In allen

Fällen wird jedoch präventiv geprüft. D. h. es wird

ein Auskeimen auf kontaminierten Oberflächen

unterdrückt, in keinem Fall wird gegen vorher

angezüchtete Befälle getestet. Daher können

die Ergebnisse derartiger Prüfungen auch nur

auf eine präventive Behandlung oder im Rah-

men einer Endreinigung gegen vergleichsweise

geringe Zellzahlen angewendet werden, für be-

kämpfende Behandlungen sind die Testergebnisse

nicht aussagekräftig.

Zusammenfassung

Ein Biozid ist eben einfach nur ein Biozid

und daher bestimmungsgemäß schädlich. Sonst

wäre es ja keines und tatsächlich nur Wasser.

Zum Putzen würde das reichen, was eindeutig

die favorisierte Anwendung der Autorin wäre.

Doch die ausgelobte Wirkung ist nur eine Sei-

te der Medaille. Vielmehr muss ein Biozid auch

regulative Anforderungen erfüllen, die eine si-

chere Anwendung garantieren.

Bereitstellen und Inverkehrbringen sind

Sache des Lieferanten. Er hat einen bei der

ECHA gelisteten Wirkstoff zu verwenden, die

gebrauchsfertige Mischung

mindestens

zur Zu-

lassung anzumelden (N-Nummer), ein Dossier

zu erstellen und das Produkt vollständig zu

kennzeichnen. Er darf sein Produkt weder ver-

niedlichen noch verharmlosen noch von der

Kennzeichnung freistellen. Auch Wirkstoffe,

die nach CLP nicht als gefährliche Stoffe ein-

gestuft sind, gelten nach BP-V und GefStoffV

als Gefahrstoffe. Aus dieser Nummer kommt der

Inverkehrbringer nicht raus, selbst bei homöo-

pathischen Konzentrationen.

Die Anwendung und deren sämtliche Risiken

liegen beim Ausführenden. Er hat zu prüfen, ob

er ein verkehrsfähiges Biozid verwendet: