Schützen & Erhalten - page 16

Fachgerechte Schimmelpilzsanierung in
Innenräumen auch mit den Versicherungen?
Die VHV (Vereinigte Hanno-
versche Versicherungs-AG) hat
das Institut für Bauforschung
e.V. beauftragt, zu dem The-
ma „Feuchte- und Schimmel-
pilzschäden in Innenräumen“
einen Schadens-Prophylaxe-
Leitfaden zu erarbeiten.
Da die Versicherungen immer häu-
figer mit dem Thema „Schimmel-
pilzschäden“ konfrontiert und be-
lastet werden, z.B. durch Haft-
pflichtschäden der Architekten,
Sanierer und natürlich der Gebäu-
deversicherungen, entstand zur
Schadensvermeidung der „Feuch-
te- und Schimmelpilz-Prophylaxe-
Leitfaden“ der VHV bzw. des IFB
(Institut für Bauforschung e.V.).
Insbesondere sollen hier dem
versicherten Planer/Sanierer Wege
aufgezeigt werden, dieses beson-
dere Risiko „Feuchte- und Schim-
melpilzschäden“ zu beherrschen.
Hier heißt es u.a. im Vorwort:
„Unterschätzt wird im Woh-
nungsbau, dass sich aus Feuchte-
und Schimmelpilzschäden entwik-
kelte Risiko. Über die Schimmel-
pilzproblematik ist bereits viel
geschrieben und gesprochen wor-
den, aber die rechtlichen Aspek-
te, die Schadensursachen und
-vermeidung sowie diesbezügliche
Qualitätssicherungsaspekte von
Neu- und Altbauten sind nicht pra-
xisgerecht aufbereitet.
Optimale Schadenprophylaxe
bedarf einer Kenntnis möglicher
Schadensursachen in den Planungs-,
Bau- und Nutzungsprozessen, ei-
ner Schadensvermeidungsstrategie
und anwendbarer Methoden der
Qualitätsprüfung mit vorausschau-
endem Blick auf komfortgerechte,
gesundheitsverträgliche und qua-
litätsvolle Nutzung von Bauwerken
über den gesamten Lebenszyklus.“
Schlagwörter wie Qualitätssi-
cherungsaspekte, komfortgerech-
te, gesundheitsverträgliche und
qualitätsvolle Nutzung von Bauwer-
ken sind wir, als Sachverständige
und Sanierer, von Versicherungen
nicht gewohnt. Eher das Schlag-
wort Kostenminimierung stand bei
den Vertretern der Versicherungs-
branche im Vordergrund. Umso
mehr erstaunt ist man über die
Darstellung der richtigen und fach-
gerechten Sanierung von Schim-
melpilzschäden in Innenräumen.
Dieser von der VHV veröffent-
lichte Leitfaden fordert, bis auf ge-
ringe Ausnahmen, die Eckpunkte
des Schimmelpilz-Sanierungsleitfa-
dens des Umweltbundesamtes aus
dem Jahre 2005
ein, im dem dort
z.B. geschrieben
steht:
„Die Anwen-
dung von Biozi-
den/Fungiziden
(z.B. Schimmelex,
Schimmelstopp,
Schimmeltod oder
damit ausgerüstete
Farben) in Innen-
räumen ist absolut
abzulehnen. Diese
Stoffe sind giftig
und auch für den
Menschen und
Haustiere nicht
unbedenklich.“
Heißt es etwa
bei den Versiche-
rungen, dass ver-
schimmelte Wände
nicht überstrichen werden dürfen?
Ja, denn es heißt weiter:
„Schimmelpilzverhinderung
durch Fungizide ist aber auch des-
wegen problematisch, weil hiermit
oft nur das Problem an der sichtba-
ren Oberfläche bekämpft wird. Nicht
nur eine sichtbar bewachsene Tapete
muss entfernt werden (anstatt über-
strichen!), sondern häufig ist auch
der darunter liegende Putz mit be-
fallen. Unsachgemäße Renovierungs-
maßnahmen verdecken nur das Pro-
blem. In der Tiefe von 2 bis 3 mm
wachsen Bakterien und Pilze unter
Umständen dann oft unbehelligt
weiter und produzieren gesundheit-
lich bedenkliche flüchtige Stoffe!
Verdeckte Schimmelpilzschäden
sind wesentlich schwieriger aufzu-
decken und erfordern zum Teil sehr
aufwendige und kostspielige Labor-
untersuchungen zum Nachweis. Wer
Schimmelpilzschäden verschleiert,
handelt unverantwortlich gegen-
über seinen nachfolgenden Raum-
nutzern, da diese die Gesundheits-
gefahr nicht erkennen können.“
Endlich, auch bei den Versiche-
rungen ist der UBA-Leitfaden bzw.
der Stand der Technik eingeflos-
sen. Es ist schön, bei Diskussio-
nen mit Versicherungsvertretern
oder bei der Erstellung von Gut-
achten aus dem Leitfaden dieses
Versicherers zu zitieren. Man könnte
sich hier die Frage stellen, was ist
los mit unserem Erzfeind der fach-
gerechten Schimmelpilzsanierung,
bei der eine Versicherung als Ko-
stenträger in Erscheinung tritt.
Denn weiter heißt es:
„Grundsätzliche muss das be-
fallene Material vollständig entfernt
werden. In Einzelfällen ist dies
nicht immer möglich. Der Bewuchs
an der Oberfläche ist in der Regel
durch einen Allzweckreiniger zu
entfernen. Zu vermeiden ist unbe-
dingt das Einatmen von verpilztem
Material. Atemschutz sollte z.B. der
Filterstufe P3 entsprechen. Wenn
Staubsauger eingesetzt werden,
müssen diese ein Prüfzeichen (BG/
BIA) tragen, das sie für den Ein-
satz mit gesundheitsgefährlichen
Stäuben ausweist.
Die Reinigung allein ist jedoch
für eine hygienisch einwandfreie
Weiternutzung nicht ausreichend.
Es ist erforderlich, das mikrobiel-
le Wachstum dauerhaft zu been-
den, auch in der Tiefe der Mate-
rialien. Hierzu ist eine Desinfek-
tion erforderlich. Zu beachten
ist, dass auch eine erfolgreiche,
vollständige Abtötung von Mikro-
organismen die bereits gebildeten
flüchtigen und nicht flüchtigen ge-
sundheitsgefährdenden Stoffwech-
selprodukte nicht beseitigt.“
Von diesen Worten war ich
hellauf begeistert. Ich habe den
Eindruck, dass die Schimmelpilz-
sanierungsphilosophie der Sachver-
ständigen und der Sanierer des
DHBV sowie der Baubiologen Ein-
zug hält in die Versicherungsbran-
che. Auch könnte man den Eindruck
gewinnen, dass die Gesundheit der
Nutzer die wichtigste Rolle bei der
Sanierung spielt.
Der VHV ist zu diesem Leitfa-
den zu gratulieren. Wieder ein
Schritt nach vorne bei dem The-
ma „Gesundes Wohnen und fach-
gerechte Schimmelpilzsanierung“.
Dipl.-Ing. Norbert Becker,
Leiter der Arbeitskreises
„Schimmelschadenbeseitigung“
Schützen & Erhalten · September 2006 · Seite 16
DIE FACHBREICHE
Arbeitskreis Schimmelschadenbeseitigung
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