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Schützen & Erhalten · September 2001 · Seite 14
Sorgfaltspflicht des Sonderfachmanns
Ein Privatgutachter kann
seine Haftung grundsätz-
lich wirksam auf grobe
Fahrlässigkeit und Vorsatz
beschränken.
Aus dem Urteil
...Dass der Beklagte in sei-
nem Gutachten die von dem
Kläger beabsichtigte Nutzungs-
änderung des Altbaus bautech-
nisch für unbedenklich gehalten
und nicht auf die in seinem öst-
lichen Bereich gegebenen Grün-
dungsschwierigkeiten hingewie-
sen hat, ist nur als leicht fahr-
lässiger Verstoß gegen seine
Sorgfaltspflichten zu werten. Die
Pflichtverletzung des Beklagten
wiegt nicht schwer, weil Grün-
dungsprobleme lediglich an der
östlichen Seite des Altbaus zu
erkennen waren und das Feh-
len von Rissen im übrigen Be-
reich darauf hindeutete, daß die
Gründung die geringe Tragfähig-
keit des Baugrundes berücksich-
tigte.
Auf einen leicht fahrlässi-
gen Verstoß des Beklagten ge-
gen seine Sorgfaltspflichten
kann sich der Kläger nicht be-
rufen. Denn der Beklagte hat
seine Haftung wegen Fahrläs-
sigkeit in dem Vertrag vom
28.7.1989 wirksam ausgeschlos-
sen. Der Ausschluss der Haftung
für leichte Fahrlässigkeit im hier
gegebenen Privatgutachterver-
trag ist zulässig.
Der Haftungsausschluss für
leichte Fahrlässigkeit verstößt
auch nicht gegen § 9 Abs. 2 Nr.2
AGBG. Bei dem Vertrag vom
28.7.1989 handelt es sich nicht
um einen Formularvertrag, der
allgemeinen Geschäftsbedingun-
gen gleichsteht. Er stellt viel-
mehr eine Individualvereinba-
rung dar.
Das ergibt sich daraus, daß
die wesentlichen Vertragsbedin-
gungen wie der Gegenstand des
zu erstattenden Gutachtens, die
Vergütung des Beklagten und
dessen Zeitaufwand für das
Gutachten individuell festgelegt
sind.
Aber selbst wenn der Ver-
trag vom 28.7.1989 als Formu-
larvertrag anzusehen wäre und
damit allgemeinen Geschäfts-
bedingungen gleich stünde,
würde der Haftungsausschluss
für leichte Fahrlässigkeit nicht
gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG
verstoßen. Der Haftungsaus-
schluss für leichte Fahrlässig-
keit in allgemeinen Geschäfts-
Sonderfachleute müssen
sich die für ihr Gutachten
notwendigen Informatio-
nen in eigener Verantwor-
tung beschaffen. Dazu
müssen sie ihrem Auftrag-
geber die Fragen stellen,
die zur Klärung des Sach-
verhaltes erforderlich
sind. Sie dürfen sich nicht
darauf verlassen, daß ihr
Auftraggeber von sich aus
auf alle wesentlichen
Punkte hinweisen werde.
Dem Geschädigten, der von
einem beauftragten Sonderfach-
mann wegen eines unrichtigen
Gutachtens Schadensersatz for-
dert, kann grundsätzlich nicht
deswegen ein Mitverschulden
angelastet werden, weil er eine
Gefahr, zu deren Vermeidung er
den Sonderfachmann hinzuge-
zogen hat, bei genügender Sorg-
falt selbst hätte erkennen und
abwenden können.
Aus dem Urteil
...Die Bekl. wenden sich
nicht gegen ihre Schadenser-
satzpflicht als solche und räu-
men ein, dass ihr hydrologisches
Gutachten sachliche Fehler ent-
hielt. Insoweit bedarf es daher
keiner weiteren Ausführungen.
Der Streit der Parteien geht viel-
mehr nur darum, ob den KI. ein
Mitverschulden (§ 254 BGB)
anzulasten ist, wie das La an-
genommen hat.
Dem kann der Senat sich
nicht anschließen. Der Vortrag
der Bekl. vermittelt den unrich-
tigen Eindruck, nicht sie seien
die hydrologisch versierten Son-
derfachleute, die der Streithelfer
im Auftrag der KI. zugezogen
hat, weil er wegen des in der
Baugrube auftretenden Wassers
Bedenken hatte, sondern um-
gekehrt hätten die Bekl. der
Aufklärung durch ihre Auftrag-
geber bedurft. Grundsätzlich
sind es indessen die Sonderfach-
leute, die sich die für ihr Gut-
achten notwendigen Informa-
tionen beschaffen müssen. Dazu
gehört auch, dass sie ihrem Auf-
traggeber die Fragen stellen, die
zur Klärung des zu beurteilen-
den Sachverhalts erforderlich
sind. Sie dürfen sich nicht darauf
verlassen, dass ihre Auftragge-
ber, die sie gerade wegen ihrer
eigenen Bedenken zugezogen
haben, von sich aus auf alle
wesentlichen Punkte hinweisen
werden.
Zu dieser Lastenverteilung
hat der Senat in seinem Urteil
vom 20.1.1993 (NJW-RR 1992,
1550 = VersR 1993, 101 = BauR
1992, 804 = DRsp-ROM Nr.
1993/107 [auszugsweise] u. a.)
ausgeführt. „Insbesondere
brauchten die Bekl. (:Architek-
ten), nachdem die Versiche-
rungsnehmer der KI. von den
Bauherren als Sonderfachleute
mit der Bodenuntersuchung
beauftragt worden waren, kei-
ne eigenen Untersuchungen zum
Grundwasserstand anzustellen.
Sie konnten vielmehr darauf
vertrauen, dass das von den Ver-
sicherungsnehmern erstattete
Gutachten zutreffend war ...“
Diese Lastenverteilung hat
der BGH erst jüngst in einem
Urteil vom 18.12.1997 (NJW
1998, 1486) bestätigt. Danach
kann grundsätzlich dem Geschä-
digten nicht deshalb ein Mit-
verschulden angerechnet wer-
den, weil er eine Gefahr, zu
deren Vermeidung er einen Fach-
mann hinzugezogen hat, bei ge-
nügender Sorgfalt selbst hätte
erkennen und abwenden kön-
nen...
„
OLG Köln,
Urteil vom 6.3.1998
(19U116/97)
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
Haftungsbeschränkung im Privat-
gutachtervertrag
bedingungen ist zulässig. Ein
Fall der ausnahmsweisen Unzu-
lässigkeit des Haftungsaus-
schlusses bei noch nicht gro-
ber Fahrlässigkeit wegen Ver-
letzung von „Kardinalpflichten“
ist hier nicht gegeben. Der Be-
klagte hat als beratender Inge-
nieur, der mit einer eine Kauf-
entscheidung vorbereitenden,
hinsichtlich der Zielsetzung
beschränkten Begutachtung
beauftragt war, anders als etwa
ein Arzt, Rechtsanwalt oder
Steuerberater nicht in beson-
derer Weise das Vertrauen in
seine allgemeine Berufstätigkeit
für sich in Anspruch genommen.
Anmerkung
Vergleichen Sie dazu die Anmer-
kung von Meyer-Reem in BauR
1995,717.
„
OLG Celle, Urteil vom 5. 1. 1995
(22 U 196/93)
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...44
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