Schützen & Erhalten - page 16

Schützen & Erhalten · Dezember 2000 · Seite 16
Praxisratschlag und Konse-
quenz für den Sachverstän-
digen:
Grundsätzlich sollte
der Sachverständige sich auf
die Prüfung der Fertigstellung
und der Mangelfreiheit be-
schränken. Die Abrechnung
selbst und die Abrechnungs-
grundlagen sollten als Prü-
fungsgegenstand wegen der
Unvollkommenheit der gesetz-
lichen Regelung ausgeschlos-
sen bleiben. Eine Erstreckung
hierauf sollte nur erwogen
werden, wenn der Auftragge-
ber in die Abklärung dieses
Punktes mit einbezogen und
der Prüfungsgegenstand wie
auch die dem Gutachter zur
Verfügung zu stellenden Un-
terlagen eindeutig bezeichnet
werden.
4. Verfahren
Das Verfahren, das der Gut-
achter zwingend einzuhalten hat,
sollen die Wirkungen der Fertig-
stellungsbescheinigung eintreten,
beschreibt § 641 a Abs.3 BGB.
Besichtigung und Untersuchung
des Werks bilden die wichtigsten
Elemente.
a) Besichtigung
Mindestens eine Besichtigung
ist abzuhalten, zu welcher der
Gutachter den Besteller mit ei-
nem Vorlauf von mindestens
zwei Wochen einzuladen hat. ....
....Mindestens eine Besich-
tigung hat stattzufinden; es wird
im Ermessen des Sachverständi-
gen stehen, ob sich dem eine
zweite Besichtigung anzuschlie-
ßen hat. Das entscheidet sich
danach, ob im Rahmen der Be-
sichtigung alle Punkte abgear-
beitet werden können. Ob es zu
einer weiteren Besichtigung
kommt, muss der Sachverstän-
dige im Rahmen der ersten Be-
sichtigung erklären. Denn nach
Abschluss der Besichtigung vom
Besteller geltend gemachte Be-
anstandungen bleiben bei der Er-
teilung der Fertigstellungsbeschei-
nigung unberücksichtigt (§ 641
a Abs.3 letzter Satz BGB). Der
Besteller muss deshalb darüber
Bescheid wissen, bis wann er
Mängelrügen erheben kann. Des-
halb muss gegen Ende der er-
sten Besichtigung Klarheit dar-
über herrschen. ob es zu einer
zweiten Besichtigung kommt.
b) Vorbereitung der Besich-
tigung
Näheres zur Vorbereitung der
Besichtigung und der Sicherstel-
lung der Beteiligungsrechts des
Bestellers enthält die Regelung
nicht.
....
Praxisratschlag:
Nach Beauf-
tragung durch den Unterneh-
mer zur Erteilung einer Fer-
tigstellungsbescheinigung
sollte der Gutachter den Be-
steller des Werks davon un-
terrichten und ihm Gelegen-
heit geben, innerhalb einer
angemessenen Frist (vielleicht
1 Monat) ihm gegenüber
Mängelrügen zu erheben.
Gehen solche ein, sollte da-
von dem Unternehmer Mittei-
lung gemacht werden. Nach
Ablauf der Frist sollte zu ei-
ner Besichtigung eingeladen
werden, wobei die erhobenen
Mängelrügen ebenso als Prü-
fungsgegenstand aufgelistet
werden sollten wie die Män-
gel, die für den Gutachter bei
der Besichtigung feststellbar
sind.
Das Gesetz unterlässt in die-
sem wichtigem Punkt bedau-
erlicherweise eine nähere
Regelung.
c) Untersuchung
Der Besteller ist nach § 641
a Abs.4 8GB verpflichtet, eine
Untersuchung des Werkes oder
von Teilen desselben durch den
Gutachter zu gestatten. Ob eine
solche Untersuchung notwendig
ist, entscheidet der Gutachter
nach seinem sachverständigen
Ermessen unter Berücksichtigung
der Zielrichtung der Fertigstel-
lungsbescheinigung. Dabei ist zu
beachten, dass der Gutachter im
Rahmen der Bescheinigung nicht
nur zum Ob von Mängeln, son-
dern auch dazu Stellung zu neh-
men hat, ob diese Mängel un-
wesentlich oder nicht unwesent-
lich sind (vgl. § 640 Abs.1 Satz
2 und § 641a Abs.1 Satz 2
BGB). Die Untersuchung darf sich
jedoch nur auf solche Mängel
erstrecken, die der Besteller ge-
rügt oder die der Sachverstän-
dige bei der Besichtigung fest-
gestellt hat.
Ober die Untersuchungsme-
thoden befindet der Sachverstän-
dige gleichfalls nach seinem
Ermessen. Hinsichtlich zerstören-
der Prüfungen besteht besonde-
rer Klärungsbedarf. Das Gesetz
regelt eine zerstörende Prüfung
nicht besonders. Eine Befugnis
dazu verschafft die Regelung
keineswegs. denn sie bestimmt
sogar, dass bei Verweigerung ei-
ner Untersuchung ganz generell
eine Vermutungswirkung greift.
Konsequenz und Praxisrat-
schlag:
Zerstörende Untersu-
chungen sollte der Sachver-
ständige, der dabei meist in
Eigentum des Bestellers ein-
greift, nur im Einverständnis
mit dem Besteller/-Werkeigen-
tümer vornehmen. Dabei ist
darauf zu achten, ob Besteller
und Werkeigentümer identisch
sind. Das Einverständnis muss
auch die Kosten und die Fol-
gen erfassen, also auch, wer
für die Beseitigung der Ein-
griffsmaßnahmen und Folgen
verantwortlich ist, auf wessen
Kosten das geht und wen die
Risiken eventueller Schadens-
folgen treffen.
5. Erarbeitung der Fertig-
stellungsbescheinigung
– Rechtsnatur
Die Fertigstellungsbescheini-
gung ist ein Gutachten. Den
Maßstab für die Begutachtung
bilden die schriftliche Vertrags-
grundlage oder bei fehlen von
Aussagen in dem schriftlichen
Vertrag die allgemein anerkann-
ten Regeln der Technik. ....
Die Fertigstellungsbescheini-
gung ist nach Art eines Gutach-
tens zu erarbeiten und nach
bestem Wissen und Gewissen
unparteiisch zu erteilen. ....
Das Gutachten endet mit der
Feststellung: Die Fertigstellungs-
bescheinigung wird erteilt oder
die Fertigstellungsbescheinigung
wird versagt.
Das Gutachten endet nicht
mit der Feststellung: Das Werk
wird abgenommen oder die Ab-
nahme des Werks wird verwei-
gert. Der nach § 641a BGB be-
auftragte Gutachter hat nicht den
Auftrag abzunehmen, sondern
Feststellungen zu treffen und
Bewertungen vorzunehmen, an
die dann das Recht die Rechts-
folge der Abnahme knüpft, wenn
bestimmte gesetzlich geregelte
Bedingungen erfüllt sind.
....
b) Gutachteninhalt
Inhaltlich hat die Fertigstel-
lungsbescheinigung deshalb
nach Art eines Gutachtens nach-
vollziehbar und nachprüfbar die
Mängelrügen und die vom Sach-
verständigen getroffenen Feststel-
lungen abzuarbeiten und zur
Frage der Herstellung Stellung zu
nehmen.
Das bedeutet:
Der Gutach-
ter kann sich seiner Aufgabe
nicht einfach damit erledigen,
dass er die Herstellung und die
Mangelfreiheit lediglich feststellt,
sondern er muss dies im Detail
nachvollziehbar und nachprüfbar
begründen. Insbesondere ist
herauszuarbeiten, ob unwesent-
liche oder nicht unwesentliche
Mängel vorliegen (§ 640 Abs.1
Satz 2 BGB). Denn die Fertig-
stellungsbescheinigung führt die
Abnahmewirkungen nicht herbei,
wenn das Gutachten nicht un-
wesentliche Mängel auflistet. Der
Sachverständige hat also Ausfüh-
rungen darüber zu machen, ob
Mängel unwesentlich oder nicht
unwesentlich sind- Dass das ge-
wisse Gefahren für die Begutach-
tung in sich birgt, leuchtet ein,
wird jedoch dadurch entschärft.
dass der Sachverständige das
Gutachten nach bestem Wissen
und Gewissen zu erstatten hat.
Der Bundestagsdrucksache
14/2752 kann hinsichtlich der
Abfassung des Gutachtens ent-
nommen werden, dass die Fer-
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
1...,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15 17,18,19,20,21,22,23,24,25,26,...44
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