Schützen & Erhalten - page 18

Die maximal mögliche
Zug
spannung, die das
Steinmaterial ertragen kann. Um das zu erklä-
ren, müssen wir uns vor Augen führen, was kurz
vor dem Versagen einer durch steigenden Druck
belasteten Wand passiert. Weil der Mörtel sehr
viel elastischer ist als der Stein wird der Mörtel
zwischen den Steinlagen herausgepresst. Dieses
Herauspressen verursacht aber Zugspannungen
in der Fuge zwischen Mörtel und Stein im Stein
selber. Diese Zugspannungen verursachen das
schalenartige Lösen und Abplatzen der Steinober-
fläche und diese Zerstörungen führen schließlich
zum Versagen der ganzen Wand.“
Christoph, zurück zur eigentlichen Fragestellung:
Führen Bohrungen im Kellermauerwerk zu sta-
tischen Problemen?
„Sofern man
– Mauerwerk mit zu geringem Überbindemaß
antrifft oder
– wenig vertikale Belastung des Kellermau-
erwerks erkennt oder
– Vorschädigung, z. B. durch vertikale Risse,
feststellt,
sollte man vor Beginn der Arbeiten, zur eigenen
Sicherheit, einen Fachingenieur zu Rate ziehen.“
Eine weitere Fragestellung eines unseres Ver-
bandsmitglieder war, ob aus tragwerksplane-
rischer Sicht bei nachträglichen Bauwerksabdich-
tungen etwas aus statischer Sicht zu beachten
ist? Schließlich wird das Gebäude ganz oder
partiell freigegeben.
„Grundsätzlich ist DIN 4123 (Ausschach-
tungen, Gründungen und Unterfangungen im Be-
reich bestehender Gebäude, Ausgabe April 2013)
zu beachten. Diese Norm regelt Ausschachtar-
beiten im Allgemeinen und auch besondere Si-
tuationen. Die dort vorhandenen Skizzen sind
beinahe selbsterklärend und bedürfen an dieser
Stelle keiner weiteren Erläuterung. Als besondere
Situationen seien hier aber Hanglagen genannt.
Weiterhin ist die Kenntnis der Gründungstiefe
des Hauses sowie das Verhältnis zur Gründung-
tiefe eventuell vorhandener Nachbarbebauung
wichtig. Meine Empfehlung: In Zweifelsfällen
gilt auch hier, dass Fachleute (Tragwerksplaner
und/oder Bodengutachter) hinzugezogen wer-
den müssen.“
Wie sieht’s beim Gewölbekeller aus?
„Ein Gewölbekeller ist eine besondere Si-
tuation. Gewölbe erzeugen einen horizontalen
Schub am Gewölbefuß. Diese Schubkraft fin-
det ihr Gleichgewicht durch ein benachbartes
Gewölbe, die beiden Kräfte sind entgegenge-
setzt und heben einander auf. An der Außen-
wand ist aber kein weiteres Gewölbe vorhan-
den, die Schubkraft findet ihr Gleichgewicht
im Erdruhedruck. Beim Errichten des Gebäudes
wurde das Gewölbe kraftschlüssig in die Bau-
grube gemauert. Wird ein solches Gebäude am
Gewölbewiderlager freigegraben, besteht die
große Gefahr eines Einsturzes. Bei Tonnenge-
wölben (einachsiges Gewölbe) sind die Stirn-
seiten frei von Schubkräften, also gefahrlos
auszugraben. Die Kenntnis über das Vorhan-
densein einer Gewölbekonstruktion im Keller
des zu bearbeitenden Gebäudes ist elementar
und es gehört zu den grundlegenden Pflichten
vor Baubeginn.“
Hab’ verstanden − Sonderfachleute beauftragen!
Allgemein mal gefragt: Was gilt es aus Sicht des
Statikers bei Kellerabdichtungen zu beachten?
„Grundsätzlich werden die Kellerwände mit
einer zusätzlichen horizontalen Last beauf-
schlagt, dem hydrostatischen Druck. Bei einem
undichten Keller kann das Wasser beinahe druck-
los nach innen abfließen, wird dort entweder
entsorgt (abgepumpt) oder staut innen auf und
erzeugt einen hydrostatischen Gegendruck. Wird
nun der Keller abgedichtet, entsteht ein äuße-
rer Druck auf das Bauwerk. Bei Wänden ist die-
ser horizontal nach innen gerichtet, bei Sohlen
senkrecht nach oben. Die Wände müssen diesen
zusätzlichen Druck ertragen können, was sie in
der Regel tun, weil (wie zuvor beschrieben) die
Gewölbewirkung (Abtragen der Last in 2 Achsen)
zusätzlich einsetzt, sofern genügend stützende
Innenwände vorhanden sind. Die Sohlen sind
meist mit der von unten nach oben wirkenden
Kraft überfordert, weil der hydrostatische Druck
enorm ist und Sohlen, wenn überhaupt, nur für
den Lastabtrag „von oben nach unten“ bemes-
sen wurden. Achtung, nur 10 cm Wasser „über
Unterkante Bodenplatte“ erzeugt schon einen
Druck von 100 kg/m
2
! Bei einer möglichen Ab-
dichtung eines Kellers ist also das Bauteil „Soh-
le“ entscheidend, denn nur wenn diese dem
hydrostatischen Druck widerstehen kann, kann
sie überhaupt erfolgreich sein. Ein weiterer
wichtiger Nachweis ist die „Sicherheit gegen
Auftrieb“. Hierbei muss nachgewiesen werden,
dass das Gesamtgewicht des Gebäudes (wobei
nur der Rohbau angesetzt werden darf) der Auf-
triebskraft (bei 10% Sicherheit) entgegenwir-
ken kann. Bei leichten Gebäuden (Bungalows,
Holzhäuser, Fertighäuser) ist dieser Nachweis
äußerst schwierig.“
Ich vermute hier kann das Problem die „Weiße
Wanne“ lösen, oder? Die nachträgliche Abdich-
tung mit dem Einbau einer weißen Wanne in ein
bestehendes Gebäude wird im WTA Merkblatt 4-6
mit aufgeführt. Christoph, wie ist Deine Erfahrung
mit dieser Art der Bauwerksabdichtung?
„Das Prinzip der Weißen Wanne − „Weiß“
bedeutet, dass die dichtende Funktion nur über
den Beton selber erreicht wird und das hat zahl-
reiche Vorteile:
– Meines Erachtens ist es die einzige Bau-
weise auf dem Markt, bei der die anschlie-
ßende Dichtheit garantiert herstellbar ist.
– Eine nachträgliche Abdichtung von Fehl-
stellen wäre durch Verpressen einfach und
sicher möglich (wobei mir aus meiner Pra-
xis nach mehreren hundert Wannen kein
einziger Fall bekannt ist, bei dem das not-
wendig gewesen wäre).
– Individuell anpassbar.
– In vielen Varianten herstellbar (komplette
Wanne (Wände und Sohle), nur Wände
(wenn Sohle ausreichend), nur Sohle (bei
geringem Bemessungswasserstand oder
funktionierenden Wänden)).
Nachteile liegen allerdings auch auf der Hand:
– Höhenverlust im Keller (etwa 20–25 cm)
beim Betonieren einer Sohle.
– Verlust an nutzbarer Breite im Keller (etwa
2×20–25 cm) beim Betonieren von Wän-
den.
– Relativ hohe Baukosten.“
Ich bedanke mich für das Gespräch bei
TETZ Ingenieure, Am Lieberg 40,
D-41836 Hückelhoven, Telefon: (02433)
9090-0, Fax: (02433) 9090-19,
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Schützen & Erhalten · Juni 2014 · Seite 18
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