Previous Page  20 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 20 / 80 Next Page
Page Background

auf Oberflächen möglich, welche allgemeinhin

als trocken gelten [2, 4, 8].

Mittlerweile haben die MCF ihre extremen

Standorte der Wüsten verlassen und sind nun

auch in Nordeuropa und in Deutschland vor-

zufinden. Sie suchen sich hier Pseudowüsten,

also Standorte, die durch extreme Betauung am

Morgen, extreme Besonnung über den Tag und

massiven Temperaturabfällen in der Nacht ge-

kennzeichnet sind.

High Tech für Extremisten

Daher muss man sich nicht wundern, dass

ihnen das deutsche WDVS so gut gefällt (10, 11).

Die extreme Anpassungsfähigkeit verschafft den

MCF einen ökologischen Vorteil: So können sie

auch solche Oberflächen besiedeln, die Schim-

melpilzen nicht mehr zugänglich sind. Sind Bau-

werksoberflächen schnell trocknend und kapilla-

raktiv eingestellt, verwandeln sie sich quasi in

Pseudowüsten. Dass nunmehr „normale“ Biofilme

fehlen, verdeutlicht, dass die Wasserverfügbar-

keit dieser Oberflächen tatsächlich massiv redu-

ziert wurde. Und doch kann es vorkommen, dass

diese Oberflächen bei ausreichender Nährstoff-

versorgung durch Monokulturen mikrokolonialer

Pilze besiedelt werden, weil das, was kurzzei-

tig an Tauwasser anfällt und eigentlich gleich

wieder abtrocknet, für diesen besonderen Pilz

allemal ausreicht.

Das gilt auch für Innenräume. Schäden mit

MCF werden immer wieder festgestellt, und zwar

auf abgetrockneten Feuchteschäden. Badsilikon

wird ebenso besiedelt, wobei hier wieder die

echten schwarzen Hefen wie Recurvomyces sp.

oder Aureobasidium sp. dominieren. Auch Mine-

ralwolle wird befallen (10). Da stehen die MCF

den Schimmelpilzen in Nichts nach.

Klein, aber clever

Also ist es nicht verwunderlich, dass For-

scher mehr als verrückt nach den kleinen Bie-

stern sind und versuchen, ihnen im Labor auf

den Leib zu rücken. Dabei wurde sowohl ihre

Fähigkeit zur Überwindung widriger Umweltbe-

dingungen als auch ihre Rolle in Biofilmen und

bei der Flechtenbildung untersucht. Dabei sind

zwei ökologische Gruppen von Bedeutung, die

sich auch in ihrer Morphologie unterscheiden (7,

9). Die mikrokolonialen melanisierten Pilze, wie

Sarcinomyces (Knufia) sp. oder Coniosporium sp.,

besitzen eine Multilayer-Zellwand, produzieren

UV-Schutzpigmente, wie Carotinide oder Myco-

sporine, sowie Mycosporin ähnliche Aminosäu-

ren. Die schwarze Färbung weist bereits darauf,

dass in den Zellen reichlich Melanin eingelagert

ist. Dabei ist jede einzelne Zelle eingefärbt.

Typisch für das mikrokoloniale Wachstum ist

die Abwesenheit von Sporen und anderen Fort-

pflanzungsstadien. Doch die Zellwandstruktur

der einzelnen Zellen ist so aufgebaut, dass sie

der von pigmentierten Dauersporen gleicht (4).

Jede einzelne Zelle hat ein Survival Kit und ist

für sich allein überlebensfähig. Typisch ist auch

das Fehlen von Hyphen, vereinzelt sind sog. Sa-

tellitenhyphen zu finden, die die einzelnen Clu-

ster miteinander verbinden (4, 7, 8, 9). Daraus

ergibt sich ein hefeartiges Pelletwachstum, was

eine zumindest morphologische Verwandtschaft

mit den schwarzen Hefen vermuten lässt. Diese

sind jedoch eine eigene ökologische Gruppe und

den echten Sprosspilzen zuzuordnen, wenngleich

auch einige Vertreter polymorph sind, also Hy-

phen und Myzel bilden können. MCF können im

Labor unter geeigneten Bedingungen in das fi-

lamentöse Wachstum rücküberführt werden und

ein differenziertes Myzel ausbilden, was auch

als ein wesentlicher Unterschied zu den schwar-

zen Hefen angesehen wird. Andererseits können

alle Pilze, die meristematische Zellen (eine Art

Stammzelle) ausbilden, in das mikrokoloniale

Stadium übergehen.

Also doch nicht so besonders? Denn me-

ristematische Zellen sind auch bei Alternaria

spp., Ulocladium spp. oder Stemphylium spp.

nachweisbar. Komischerweise werden gerade

diese Pilze immer wieder von MFC-haltigen Ge-

steinsproben isoliert. In der Literatur heißt es

dann, dass diese „normalen“ Schimmelpilze des-

halb nachweisbar sind, weil sie extrem wider-

standsfähige Sporen bilden (7). Eigene Untersu-

chungen zeigen aber, dass diese Gattungen auf

Fachbereiche

Schimmelpilze

3

Enge Verwandte der MCF: schwarze Hefen, hier

Recurvomyces spec. auf Badsilikon in 600-facher

Vergrößerung.

4

Auch verwandt: Bläuepilze auf Holz wie z.B.

Aureobasidium spp.

5a

5b

Wechselhaft: Alternaria sp. in 600-facher

Vergrößerung. Gilt nicht als MCF, kann aber,

wenn er meristematische Zellen ausbildet

(Bild links), in das MCF-Stadium wechseln

(Bild rechts). Leider nicht auf Kommando.

Wie man das MCF-Stadium anregt, ist leider

immer noch unbekannt.

3

4

5a

5b

Schützen & Erhalten · Dezember 2015 · Seite 20