Schützen & Erhalten - page 13

Schützen & Erhalten · Dezember 2001 · Seite 13
recht, das ihr nach dem mit dem
damaligen Eigentümer verein-
barten Kaufvertrag eingeräumt
war, nicht genutzt habe. Wir
geben nachstehend den Wort-
laut dieser wichtigen Grundsatz-
entscheidung bekannt:
BUNDESGERICHTSHOF IM
NAMEN DES VOLKES – UR-
TEIL X ZR 203/98; Verkün-
det am: 14. November 2000
BGB §§ 328, 249 D
a) Wenn ein Dritter in den
Schutzbereich eines Vertrages
einbezogen ist, kommt es für
die Feststellung, welcher Scha-
den ihm durch die Pflichtver-
letzung entstanden ist, nicht
darauf an, ob überhaupt und
inwieweit ein Vertrauenstatbe-
stand gegeben war und sein Ver-
trauen enttäuscht wurde.
b) Für schädliche Auswirkun-
gen seines Gutachtens kann
auch der Gutachter einem Drit-
ten gegenüber haften, dem die
Öffentlichkeit nicht in gleicher
Weise wie beispielsweise einem
öffentlich – bestellten Sachver-
ständigen besonders hervorge-
hobene Kompetenz, Erfahrung
und Zuverlässigkeit zutrauen
kann.
BGH, Urteil vom 14. Novem-
ber 2000 – X ZR 203/98 – OLG
Frankfurt/Main LG Darmstadt
Der X. Zivilsenat des Bun-
desgerichtshofes hat auf die
mündliche Verhandlung vom 14.
November 2000 durch den Rich-
ter Dr. Jestaedt als Vorsitzen-
den und die Richter Dr. Melul-
lis, Scharen, Keukenschrijver und
Dr. Meier-Beck für Recht er-
kannt:
Auf die Revision der Kläge-
rin wird das am 23. Oktober
1998 verkündete Urteil des 13.
Zivilsenats in Darmstadt des
Oberlandesgerichts Frankfurt am
Main im Kostenpunkt und in-
soweit aufgehoben, als die Klage
gegenüber der Beklagten zu 1
abgewiesen worden ist. In die-
sem Umfang wird die Sache zur
anderweiten Verhandlung und
Entscheidung, auch über die
Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurück-
verwiesen.
Tatbestand:
Die Klägerin, ein Bauträger-
unternehmen, beabsichtigte im
Jahre 1989 ein in M. gelege-
nes Areal von dem damaligen
Eigentümer zu kaufen, um auf
ihm Eigentumswohnungen zu
errichten. Auf den Grundstü-
cken waren seit dem Jahr 1911
Betriebe der lack- und Gummi
verarbeitenden Industrie ange-
siedelt gewesen; der Boden war
bereits mehrfach untersucht; es
bestand der Verdacht, dass er
durch Schadstoffe kontaminiert
sein könnte. Mit Schreiben vom
1. März 1989 wandte sich der
damalige Eigentümer an die Be-
klagte zu 1, damit sie erneut
eine Bodenuntersuchung der
Grundstücke vornehme. Der Ei-
gentümer führte dabei aus,
dass ein Bauträger aus dem
Großraum F. an den Grundstü-
cken interessiert sei und deren
Bebauung plane. Auf Grund
eines von dem Eigentümer er-
teilten Auftrages legte die Be-
klagte zu 1 den so genannten
”dritten Bericht” vorn 31. Au-
gust 1989 vor: In diesem Gut-
achten wird als Ergebnis der
Analyse gewonnener Bodenpro-
ben eine hohe Belastung des
Bodens mit Schwermetallen,
Benzidin und Mercaptan hervor-
gehoben, wobei darauf hinge-
wiesen wird, dass die beiden
letztgenannten organischen
Substanzen karzinogen bzw.
hochgiftig seien. Daraufhin er-
klärte der zuständige Regie-
rungspräsident des Landes H.
mit Bescheid vom 9. April 1990
die Grundstücke zur Altlast. Am
8. Mai 1990 nahm die Kläge-
rin das Verkaufsangebot des
Eigentümers an. Der Kaufpreis
sollte 3 Mio. DM betragen; der
Vertrag sah ferner unter ande-
rem ein Rücktrittsrecht für den
Fall vor, dass binnen zwei Jah-
ren ein Drittel des vorrangig aus
den Erlösen beim Weiterverkauf
von Teilflächen zu begleichen-
den Kaufpreises nicht bezahlt
sei. In der Folgezeit wurde die
Beklagte zu 1 als Gutachterin
auch für die Klägerin tätig. In
ihrem Auftrag legte die Beklag-
te zu 1 unter dem 31. August
1990 den so genannten ”vier-
ten Bericht” vor. Auch hierin
wird von dem Vorhandensein
insbesondere von Benzidin und
Mercaptan ausgegangen. We-
gen der vorhandenen Gutach-
ten überführte die staatliche
Sanierungskommission die
Grundstücke in die Obhut der
Altlastensanierungsgesellschaft
(ASG): Unter dem 19. August
1991 und dem 12. Dezember
1991 erstattete die Beklagte zu
1 im Auftrag der ASG zwei wei-
tere Gutachten (so genannter
”fünfter” und ”sechster Be-
richt”). In dem Gutachten vom
19. August 1991 ist unter an-
derem ausgeführt, die bisher als
Benzidin interpretierten Peaks
würden nicht von dieser sehr
toxischen Substanz verursacht,
die in der Schlacke festgestell-
ten Substanzen erforderten
nicht unbedingt eine beson-
dere Bodenbehandlung. Im
Gutachten vom 12. Dezember
1991 wurde der ASG empfoh-
len, das Gelände an den Bau-
träger zurückzugeben. Die Klä-
gerin wurde beim Regierungs-
präsidenten
wegen
der
Rücknahme der Altlastenerklä-
rung vorstellig und stellte am
22. Oktober 1992 für die
Grundstücke einen Bauantrag.
In ihrem so genannten ”sieb-
ten Bericht” vom 17. Novem-
ber 1992 räumte die Beklagte
zu 1 Fehlinterpretationen ein
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
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