Schützen & Erhalten - page 14

Schützen & Erhalten · März 2010 · Seite 14
Ein weiteres Regelwerk, die Energieein-
sparverordnung (EnEV), ist seit dem 1.
Oktober 2009 für Neubauten und Bauten
im Bestand eingeführt. Reichhaltige aber
auch nachhaltige Änderungen wurden mit
dieser Verordnung eingeführt und können
zu einer Menge Missverständnisse führen.
Zwei Vorstandsmitglieder der WTA, Dipl.-
Ing. Frank Eßmann und Dipl.-Ing. Jürgen
Gänßmantel, gingen der Anfrage eines
unserer Verbandsmitglieder nach, wann
bei nachträglichen Bauwerksabdichtungen
gedämmt werden muss. Wir bedanken uns
für den folgenden Artikel.
Die nachträgliche Abdichtung von Bauteilen an
Gebäuden im Bestand kann in manchen Fällen
zu Konflikten mit der zum 01.10.2009 einge-
führten Neufassung der Energieeinsparverord-
nung (EnEV) führen. In §9 Absatz 1 EnEV 2009
sind energetische Anforderungen bei Änderun-
gen von Gebäuden dargestellt. Die so genannten
„auslösenden Tatbestände“ sind Änderungen im
Sinne der Anlage 3 Nr. 1 bis 6
bei beheizten
(oder gekühlten) Räumen von Gebäuden. Die
Maßnahmen sind so auszuführen, dass die in
Anlage 3 festgelegten Wärmedurchgangskoef-
fizienten der betroffenen Außenbauteile nicht
überschritten werden (Bauteilverfahren). Für
Flachdächer zum Beispiel wurde der zulässige
Grenzwert auf 0,20 W/(m²·K), für Decken und
Wände gegen unbeheizte Räume oder Erdreich
auf 0,30 W/(m²·K) festgelegt.
Ist eine geplante Maßnahme nicht einem
„auslösenden Tatbestand“ zuzuordnen, so liegen
auch keine Anforderungen aus der EnEV vor.
Nach § 9 Absatz 3 ist das Bauteilverfahren
allerdings nicht anzuwenden auf Änderungen
von Außenbauteilen, wenn die Fläche der ge-
änderten Bauteile
nicht mehr als 10% der ge-
samten jeweiligen Bauteilfläche
des Gebäudes
betreffen. Diese so genannte Bagatellgrenze soll
den Bauherrn davor schützen, dass bei kleinen
Instandsetzungen bereits ein riesiger Planungs-
aufwand erforderlich wird. Gleichzeitig soll ver-
mieden werden, dass das Erscheinungsbild von
bestehenden Gebäuden dadurch uneinheitlich
wird, dass schon bei sehr kleinem Maßnahmen-
umfang in dem betroffenen Bereich auf Grund
der Verordnung andere Ausführungen gewählt
werden müssen. Die Anforderungen gelten je-
doch nur, soweit eine der in Anlage 3 genann-
ten Maßnahmen durchgeführt wird, d. h. nur
für die von der jeweiligen Maßnahme betroffe-
ne Bauteilfläche.
Beispiel:
Wird ein Sockelputz erneuert und diese Putz-
fläche liegt im Bereich unbeheizter (Keller-) Räu-
me so sind die Anforderungen der EnEV sowieso
nicht anzuwenden. Liegt die Putzfläche im Be-
reich beheizter Räume so gilt die Bagatellrege-
lung, d. h. die Sockelputzfläche muss weniger
als 10% der gesamten Bauteilfläche betragen.
Dies wird in der Regel der Fall sein.
Mit der Bagatellregelung soll dem Wirtschaft-
lichkeitsgebot des Energieeinsparungsgesetzes
Rechnung getragen werden, zumal eine wärme-
technische Verbesserung in der Regel nur in Kom-
bination mit ohnehin durchgeführten Maßnahmen
wirtschaftlich ist. In vielen Fällen lässt sich eine
Maßnahme an einer Teilfläche nur dann in der
von der Verordnung genannten Weise technisch
korrekt ausführen, wenn die Maßnahme auf die
gesamte Fläche ausgedehnt wird. Hiervon kann
vielfach insbesondere dann ausgegangen wer-
den, wenn es sich nicht um zusammenhängen-
de, in sich abgeschlossene Teilflächen handelt.
Eine derartige Ausweitung einer ursprünglich
in kleinerem Umfange geplanten Maßnahme ist
aber auf Grund der vorgenannten Tatbestände
meist nicht wirtschaftlich im Sinne des Energie-
einsparungsgesetzes, so dass hier vom Vorliegen
einer Härte nach § 25 Absatz 1 EnEV ausgegan-
gen werden kann.
Gleiches gilt auch für so genannte „Putzre-
paraturen“, d. h. Maßnahmen, bei denen der Alt-
putz verbleibt. Nach aktueller Auslegung zur EnEV
2009 (siehe Internet unter
wäre eine hiermit einher gehende Dämm-Maß-
nahme u. U. nicht wirtschaftlich, sodass nach
EnEV keine Anforderungen gelten.
In Anlage 3, Nr. 4 der EnEV wird zwischen
Steildächern und Flachdächern unterschieden.
Die Begriffe „Steildach“ und „Flachdach“ sind
gebräuchlicher technischer Sprachgebrauch. We-
sentliches Merkmal von Flachdächern sind Ab-
dichtungen, die flächig, z.B. mit geschlossenen
Nähten und Stößen, das Gebäude wasserdicht
abdichten. In der Regel werden solche Abdich-
tungen bei Dachneigungen <22° (entsprechend
40,4%) durchgeführt.
Bei einem
Flachdach
gilt Anlage 3 Nr. 4.2
EnEV. Ein auslösender Tatbestand liegt nach Nr.
4.2 Buchstabe b) vor, wenn die bestehende Dach-
haut (wasserdichte Abdichtung) durch eine voll
funktionsfähige neue Dachhaut (wasserdichte
Abdichtung) ersetzt wird. Hierbei ist es nicht
entscheidend, ob die bestehende Dachhaut un-
terhalb der neuen Dachhaut abgetragen oder
erhalten wird. Werden z.B. mehrlagig unterei-
nander verklebte Bitumenbahnen aufgebracht,
so ist dies als neue Dachabdichtung bzw. Dach-
haut zu werten und es gelten die Anforderun-
gen nach EnEV (also U
0,20W/(m²·K); je nach
Bauteilaufbau ca. 16 cm Wärmedämmung der
WLG035 gesamt).
Wenn es bei einer Sanierung aus technischen
Gründen unmöglich ist, die geforderten Dämm-
schichtstärken einzubauen, wie z.B. bei Dämm-
maßnahmen mit Anschluss an bestehende Dä-
cher, gelten nach Anlage 3 Nr. 4.2 Satz 4 EnEV
die Anforderungen als erfüllt, wenn die nach
anerkannten Regeln der Technik höchstmögliche
Dämmschichtdicke bei einem Bemessungswert
der Wärmeleitfähigkeit
λ
=0,040 W/(m*K) ein-
gebaut wird. Diese Ausnahmeregelung erfordert
im Übrigen keinen Antrag auf Befreiung nach
§25 Absatz 1 EnEV durch die nach Landesrecht
zuständige Behörde.
Wird eine Flachdachabdichtung im Rahmen
der Instandhaltung z. B. durch das vollflächige
Aufkleben einer neuen Abdichtungslage ledig-
lich repariert, ohne dass die neue Schicht für
sich allein eine funktionsfähige Dachhaut dar-
stellt, wird dieses nicht als Erneuerung der Dach-
haut angesehen. In diesem Falle besteht keine
dämmtechnische Anforderung nach §9 Absatz 1
Satz 1 der EnEV.
Bei
Kellerwänden
(Wände gegen Erdreich)
muss die Anforderung nach §9 Absatz 1 Satz 1
Abdichtung und
EnEV – alles eine
Auslegungsfrage?
EnEV im Baubestand
Fachbereiche
Bautenschutz
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20,21,22,23,24,...32
Powered by FlippingBook