Schützen & Erhalten - page 16

Fachbereiche
Sachverständige
Gerichtliche Kostenbeamte kürzen Sach-
verständigen immer häufiger die in der
Rechnung für die Erstellung des Gut-
achtens angegebenen Stundenzahlen.
Unter Hinweis auf § 8 Abs. 2 JVEG wird
angeführt, dass nur die „erforderliche“
Zeit erstattungsfähig sei, nicht aber die
vom Sachverständigen tatsächlich ver-
brauchte Zeit.
In den IfS Informationen 4/2009 wird auf den
Seiten 25 und 26 der Fall eines Sachverständi-
gen geschildert, wo diesem von der Kostenbe-
amtin die geltend gemachten 18 Stunden für
die Ausarbeitung und das Diktat des Gutachtens
auf die Hälfte reduziert wurde. Zur Begründung
gab die Kostenbeamtin an, dass in der Regel
eine Stunde Aufwand für zwei Gutachtenseiten
anzusetzen sei.
Anmerkung: Solch eine Rechnung ist dem
Verfasser dieses Artikels selber auch schon von
einem Kostenbeamten vorgelegt worden.
Man fragt sich, ob die Kostenbeamten für
diese Entscheidung die erforderliche Sachkun-
de mitbringen. Da sie diese natürlich nicht mit-
bringen, sollten solch einschneidende Kürzun-
gen unterbleiben.
Im vorliegend beschriebenen Fall hat al-
lerdings der Bezirksrevisor die Reißleine gezo-
gen und die Kürzung durch die Kostenbeamtin
für nicht zulässig gehalten. Allerdings hat er
den Sachverständigen aufgefordert, eine nach-
vollziehbare Aufschlüsselung der Zeiten für die
Ausarbeitung nachzureichen. Der Bezirksrevisor
hat somit dem Sachverständigen die Beweislast
auferlegt, alle geltend gemachten Zeiten für
die Erstellung des Gutachtens nachprüfbar zu
dokumentieren. Er hat ihn damit aufgefordert
auch Zeiten nachvollziehbar zu erfassen, wel-
che benötigt werden für z. B. alle gedanklichen
Überlegungen, die mit der Gutachtenerstellung
in Zusammenhang stehen. Diese werden aber
erfahrungsgemäß ja zum einen nicht alle ver-
schriftlicht oder sonst wie reproduzierbar festge-
halten und zum anderen auch nicht immer dann,
wenn man am Schreibtisch direkt am Gutachten
arbeitet, getätigt.
Dr. Bleutge (Redaktion „IfS Informationen“)
hat dem Sachverständigen einen Vorschlag ge-
macht, wie er seinen Antrag auf gerichtliche
Festsetzung begründen kann. Diese Begründung
wird im Folgenden wegen ihrer Klarheit und deut-
lichen Worte sowie ihrer Nachvollziehbarkeit un-
gekürzt als Zitat wiedergegeben:
„Mit meinem Schreiben vom 22.4.2009 habe
ich Ihnen bereits eine genaue Aufstellung mei-
nes Zeitaufwandes für den Punkt „Ausarbeitung
und Diktat des Gutachtens“ vorgelegt. Eine noch
spezifiziertere Aufgliederung des erforderlichen
Zeitaufwands ist mir nicht möglich und im Üb-
rigen auch nicht erforderlich.
Die in meiner Abrechnung
aufgegliederten Stunden sind
gemäß Ihren Vorgaben ausrei-
chend differenziert und nach-
vollziehbar. Ich habe mich bei
der Aufschlüsselung meines
Zeitaufwands an die Vorgaben
und Musterrechnungen der
Kommentarliteratur gehalten
(vgl. Bayerlein, Praxishand-
buch Sachverständigenrecht,
4. Aufl. 2008, S. 649; Bleut-
ge, Kommentar zum JVEG, 4.
Auf!. 2008, §8 Rdn. 2 u. S.
365; Haas/Frost, Der Sachverständige des Hand-
werks, 6. Auf!. 2009, S. 426). Eine noch tiefer
gehende Aufschlüsselung meiner eingesetzten
Stundenzahl ist schon gedanklich nicht mög-
lich. Ich kann nicht die Dauer jeder einzelnen
Überlegung, jeden Abschnitts der gedanklichen
Vorbereitung, jeder Recherche und jeder ein-
zelnen Formulierung der späteren schriftlichen
Ausarbeitung dokumentieren und zeitlich mit
Minuten angeben und diese Minuten anschlie-
ßend zu Stunden zusammenziehen.
Die von mir eingesetzte Stundenzahl war
auch erforderlich im Sinne des § 8 Abs. 2 JVEG.
Sie entspricht der Zeit, die ein mit der Materie
vertrauter Sachverständiger von durchschnittli-
chen Fähigkeiten und Kenntnissen bei sachge-
mäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher
Arbeitsintensität zur Beantwortung der vorge-
gebenen Beweisfrage benötigt. Eine Überprü-
fung mit der Folge einer Kürzung der von mir
eingesetzten Stundenzahl kommt nur dann in
Betracht, wenn der von einem Sachverständi-
gen angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur
erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch er-
scheint. Das hat mir der Bezirksrevisor bisher
nicht vorgeworfen.
Im Übrigen wäre der Be-
zirksrevisor für die Begrün-
dung einer Kürzung auch be-
weispflichtig. Die von ihm in
seinem Rundschreiben heran-
gezogenen Entscheidungen des
BVerfG vom 26.7.2007 und des
BGH vom 16.12.2003 sind mir
aufgrund von Veröffentlichun-
gen in der Zeitschrift „lfS-ln-
formationen“ des Instituts für
Sachverständigenwesen in Köln
wohl bekannt. In diesen Ent-
scheidungen ging es aber nicht
darum, dass die betreffenden
Sachverständigen ihre erforderliche Zeit geschätzt
haben, sondern dass die Anweisungsbeamten
bzw. die Gerichte Kürzungen aufgrund von eige-
nen Schätzungen vorgenommen haben, weil sie
selbst keine Sachkunde hatten und daher dem
Sachverständigen nicht mit fachlich nachvoll-
ziehbaren und nachprüfbaren Gründen nachwei-
sen konnten, dass das Gutachten oder die dafür
erforderlichen gedanklichen und tatsächlichen
Vorarbeiten auch in weniger Stunden hätten er-
stellt bzw. erbracht werden können. Gerade das
BVerfG hat deutlich gemacht, dass die erforderli-
che Stundenzahl für die Erledigung des Gutach-
tens vom Bezirksrevisor oder vom Gericht nicht
geschätzt werden darf. Logischerweise müsste
ein Gericht zur fachlichen Begründung einer
beabsichtigten Herabsetzung der Stundenzahl
mangels eigener Sachkunde erneut einen Sach-
verständigen hinzuziehen. So jedenfalls sieht es
das BVerfG, das übrigens dem Sachverständigen
erlaubt, auch seine gedankliche Vorbereitung
zeitlich in Rechnung zu stellen.
Daher gilt nach wie vor der von der Recht-
sprechung und Kommentarliteratur entwickelte
Grundsatz, dass der Angabe des Sachverständi-
gen über die tatsächlich benötigte Stundenzahl
zu glauben ist und nur dann eine Nachprüfung
oder gar eine Herabsetzung in Betracht kommt,
wenn die Stundenzahl im Verhältnis zur erbrach-
ten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint (OLG
Düsseldorf, 18.9.2008, DS 2009, 198; OLG Bran-
denburg, 18.12.2008, DS 2009, 199; Meyer/Hö-
ver/Bach, 24. Aufl. 2007 Rdn. 8.49; Schneider,
Kommentar zum JVEG, § 8 Rdn. 53). Die Beweis-
pflicht für die Begründung, dass die angegebene
Stundenzahl nicht erforderlich gewesen sei und
dass das Gutachten auch in kürzerer Zeit hätte
erarbeitet werden können, liegt beim Anwei-
sungsbeamten bzw. beim Gericht (Schneider, §8
Rdn. 56; Meyer/Höver/Bach, Rdn. 8.49).
Ich beantrage daher gerichtliche Festsetzung
nach § 4 Abs. 1 mit dem Antrag, meine beiden
Rechnungen in der geltend gemachten Höhe zu
begleichen.“
Gegensatz – tatsächlicher und geschätzter
Zeitaufwand ...
... für die Erstellung eines Gutachtens
Foto: Peter Kirchhoff · www.pixelio.de
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für Sie:
Dipl. Holzwirt
Georg Brückner
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