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Fachbereiche

Schimmelpilze

Schützen & Erhalten · Juni 2015 · Seite 25

überhöhter Feuchtigkeit und Schimmel

freies Arbeits- bzw. Wohnumfeld bereitzu-

stellen. Die sich in den Gebäuden aufhal-

tenden Menschen sind verantwortlich für

den Einsatz von Wasser, Heizung, Lüftung

und Geräten in einer Weise, die nicht zu

Feuchtigkeit und damit Schimmelwachs-

tum führen. Örtliche Empfehlungen für kli-

matisch verschiedene Regionen sollten so

aktualisiert werden, dass durch Feuchtig-

keit begünstigtes Mikrobenwachstum in

Gebäuden kontrolliert und eine erstrebens-

werte Innenraumluftqualität erreicht wird.

– Feuchtigkeit und Schimmel treten beson-

ders häufig in schlecht erhaltenen Gebäu-

den mit Bewohnern niedrigen Einkommens

auf. Die Sanierung solcher gesundheits-

schädigender Gebäude sollte Priorität er-

halten, um eine zusätzliche Gesundheits-

belastung von Bevölkerungsgruppen zu

vermeiden, die bereits unter einer höheren

Krankheitslast leiden.

Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisati-

on, im Wesentlichen für die Erhaltung der öf-

fentlichen Gesundheit gedacht, sind nach wie

vor hochgradig aktuell und dienen auch heute

noch als Grundlage für nationale Richtlinien

und Leitfäden wie den Leitfäden des Umwelt-

bundesamtes etc.

Mögliche Erkrankungen durch

Schimmelpilze und Begleitorganismen

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass bei

einem Feuchteschaden nicht nur Schimmelpilze

auftreten können. Je nach Schadensart und Qua-

lität der eingetragenen Feuchtigkeit können auch

Fäkalkeime und Parasiten auftreten. Bei älteren

Schäden Actinomyceten. Etablierte Befälle wer-

den zudem gerne von Milben abgeweidet. Daher

sind die von Schimmelpilzen gebildeten Toxine

auch als Fraßschutz zu verstehen.

Demnach ist mit unterschiedlichen Ein-

wirkungen auf die Gesundheit der Bewohner

zu rechnen. Auch die sich daraus ableitenden

Erkrankungen sind folglich in Ausprägung

und Verlauf unterschiedlich. Ebenso ihre Be-

wertung.

Infektion

Als besonders gefährlich wird die Infektion

angesehen. Darunter versteht man in erster Li-

nie einen invasiven Befall von Organen. Dabei

wird das Gewebe angegriffen und zerstört. Vo-

raussetzung hierfür sind vitale, keimfähige Zel-

len. Diese dringen in den Körper ein, überwin-

den Abwehrmaßnahmen und pflanzen sich im

Organismus fort. Damit schreitet die Infektion

voran und kann ganze Organe bzw. Organgrup-

pen schädigen (2, 4, 6).

Damit eine Infektion stattfinden kann, muss

eine Eintrittsmöglichkeit in den Organismus be-

stehen. Da ist als wesentlicher Aufnahmepfad

der Atemapparat zu nennen, gefolgt von klei-

nen Wunden der Haut, einer generell gesenkten

Hautschutzbarriere und einer Aufnahme über die

Schleimhäute.

Besonders häufig wird im Zusammenhang mit

Schimmelpilzinfektionen die

Aspergillose

zitiert,

welche hauptsächlich durch

Aspergillus

fumigatus

ausgelöst wird. Es gibt unterschiedliche Manife-

stationen (Ausprägungen) der Infektion, die von

einer schlechten Prognose bei Immungeschwäch-

ten in Form einer aspergillusbedingten Lungenent-

zündung bis zum völlig unauffälligen

Aspergillom

reichen. Ein Aspergillom ist eine nichtinvasive

Infektion, die lokal begrenzt ist (z. B. durch na-

türliche Knochenhöhlen) und wurde überdurch-

schnittlich häufig bei jungen Erwachsenen nach

einer Wurzelbehandlung festgestellt. Dabei wächst

der Pilz von der Zahnwurzel ausgehend in eine

Knochenkaverne ein, wird dort eingekapselt und

bleibt unentdeckt, wenn nicht mal zufällig beim

Röntgen darauf gestoßen wird.

Aspergillome

ma-

chen in der Regel keine Beschwerden (6).

Mykotoxine

Weiter wird als gesundheitliche Beeinträch-

tigung die toxische Wirkung beschrieben. Dabei

stehen die Mykotoxine der Schimmelpilze sowie

die Endotoxine gram-negativer Bakterien im Vor-

dergrund. Insgesamt sind 6 Mykotoxin-Gruppen

bekannt: Fumonisine, Trichothecene, Fusarium-

Toxine, Aflatoxine, Alternaria-Toxine, Mutterkor-

nalkaloide und Ochratoxine (4, 11).

Toxine greifen im Organismus in den Stoff-

wechsel ein und führen zu Blockaden wichtiger

Regelprozesse. Das kann mit akuten Vergiftungs-

symptomen anfangen und bis hin zu chronischen

Erkrankungen reichen. Dosis und Dauer der Expo-

sition sind hierbei entscheidend. Die Aufnahme

von Mykotoxinen kann zu irreversiblen Schäden

am ungeborenen Kind führen, schwerste aller-

gische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen

Schock auslösen und zu einer Schädigung der

DNA führen

(woraus eine potenziell krebserre-

gende Wirkung vermutet wird, was aber bisher

nicht bewiesen ist,

6). Es kann zu einer Schädi-

gung des Zentralnervensystems kommen, das Im-

munsystem negativ beeinflusst werden und eine

Störung der enzymatischen Prozesse stattfinden.

Das kann schwerste Stoffwechselentgleisungen

verursachen. Beschrieben sind auch schwere

Hautschäden bei Berührung mit der Körpero-

berfläche; im Extremfall bis hin zu Nekrosen.

Bitte blättern Sie um.

Gefährdete Personengruppen

Beteiligte Schimmelpilze

– Tumorerkrankung, v. a. mit hämato-onkologischer

Grunderkrankung, wie Leukämie, Lymphom

– akuter myeloischer Leukämie (AML) stärker

betroffen als mit akuter lymphatischer Leukämie

– allogener stärker als mit autologer Stammzell-

transplantation

– solider Organtransplantation

– HIV-Infektion

– sonstiger Immunsuppression, z. B. längerdauernde

hochdosierte Therapie mit Glukokortikoiden

– aplastischer Anämie u. v. a.

– Schimmelpilze mit Wachstumstemperaturoptimum

um 37°C, wie z. B. die meisten Aspergillen, viele

Mucorales, wie z. B. Rhizopus oryzae, Rhizomucor

sp., Mycocladus corymbiferus

– Das Infektionsrisiko steigt in der folgenden

Reihenfolge: keine potenziellen Infektionserreger

– Emerging Pathogens (Fusarien, Zygomyzeten

[Rhizopus, Rhizomucor, Mucor, Absidia,

Cunninghamella])

– viele Aspergillus-Arten

– Aspergillus fumigatus

Tabelle 1: Personen mit erhöhtem Risiko, eine Schimmelpilzinfektion zu erwerben und beteiligte Schimmelpilze