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Schützen & Erhalten · Dezember 2016 · Seite 20

Fachbereiche

Schimmelpilze

Biokorrosion durch Schimmelpilze?

So, nun sollen Schimmelpilze also auch

noch unsere Bausubstanz fressen? Geht

das überhaupt? Na klar. Bei organischen

Materialien kann man sich das auch noch

ganz gut vorstellen: Pilze als heterotrophe

Organismen benötigen eine organische

Kohlenstoffquelle. Aber Ziegel, Putz und

Silikatfarben? Da hörts doch auf. Oder?

Nicht so ganz. Natürlich

fressen Schimmelpilze keine

Baustoffe, jedoch können

ihre Stoffwechselprodukte

auch bei mineralischen

Werkstoffen große Schäden

hinterlassen. Nein, wir

müssen nicht befürchten,

dass Schimmelpilze dem

Echten Hausschwamm als

Bauwerkszerstörer den Rang

ablaufen. Dennoch können

die Schäden insbesondere

im Denkmalbereich drama-

tisch sein, wenn antike Glä-

ser oder Wandmalereien dem mikrobiellen

Angriff zum Opfer fallen. Man spricht dann

von Biokorrosion oder mikrobieller Materi-

alzerstörung, im anglikanischen Raum wird

auch häufig der Begriff Biodeterioration

verwendet. Natürlich ist die Korrosion und

Verwitterung mineralischer Baustoffe als

ein sehr komplexer Vorgang zu verstehen.

Dass es vornehmlich klimatische Einflüsse

wie Wasser, Sonne, Wind und Frost sein

mögen, welche zu Schäden an Bauwerken

führen, ist einleuchtend. Nimmt man die

mikrobielle Materialzerstörung dazu, die

geschätzt rund 20% der Korrosionsschäden

ausmacht [1], wird es nicht unbedingt

komplizierter, denn auch hier folgen die

Mikroorganismen Korrosionsmechanismen,

die gut erforscht sind und auch in Abgren-

zung zu anderen Schäden eindrucksvoll

nachgewiesen werden können.

Wasser, Sonne, Frost! Und ein

bisschen Bio?

Alle mineralischen, metallischen oder orga-

nischen Baustoffe unterliegen vom ersten Tag

ihrer Herstellung einem Alterungsprozeß, der aus

der Wechselwirkung mit der Umwelt resultiert.

Dadurch wird nicht nur das Erscheinungsbild von

Bauwerken geprägt, es

schlägt sich auch in der

Nutzungsdauer bzw. in

den Standzeiten nieder.

Dadurch entstehen Schä-

den, welche ein Benut-

zen oder ein Inbetrieb-

nehmen beeinträchtigen,

unmöglich machen oder

gar zu einer Zerstörung

der Bauteile führen. All-

gemein wird hierbei für

mineralische Baustoffe

insbesondere im Außen-

bereich von Verwitterung

gesprochen, Metallen, Gläsern aber auch Kunst-

stoffen wird der Begriff KORROSION zugeordnet.

Dieser Begriff geht auf das lateinische Wort

„corrode“ zurück, welches „ausnagen“ bedeutet.

Physikalische Korrosionsmechanismen wer-

den, wie schon angedeutet, gern aus dem Korro-

sionsgeschehen ausgeschlossen und in Begriffen

wie Abrasion, Erosion oder Kavitation unterge-

bracht. Darunter versteht man im Wesentlichen

den Abtrag von Material durch mechanische Be-

anspruchung wie Reibung mit Flüssigkeiten und

anderen Festkörpern oder durch das Auftreten

von Scher- und Torsionskräften. [9, 13] Den

physikalischen Korrosionsmechanismen ist auch

die Zerstörung von Werkstoffen durch Strahlung

zuzurechnen. Ultraviolette Strahlung führt zum

Zerfall chemischer Bindungen und führt so neben

dem „Ausbleichen“ auch zu Materialermüdung bei

Kunststoffen. Da viele Festkörpereigenschaften

von intrinsischen Größen bestimmt werden, ist

das Temperaturverhalten von Baustoffen eben-

falls im Korrosionsgeschehen zu berücksichtigen.

Bekanntes Phänomen

ein Glas zerspringt beim

Befüllen mit heißem Tee. Hier sind thermische

Spannungen die Ursache für die Zerstörung. Das

Material ist nicht in der Lage, durch Ausdehnen

und Zusammenziehen Temperaturgradienten auf-

zunehmen. Effekte, welche eben häufig bei Glas

aber auch bei Naturstein oder Putzen auftreten

können. [13, 15]

Eine Zwitterstellung zwischen physikalischer

und chemischer Korrosion nimmt die Korrosion

durch Wasser ein. Eindeutig physikalisch ist die

Zerstörung von Baustoffen durch Frostsprengung

oder auch durch Ausfällen schwerlöslicher Salze

(Salzsprengung). In die gleiche Richtung geht

auch das Schwinden und Quellen silikatischer

Baustoffe. Durch die Wasseraufnahme dehnen

sich die Schichtsilikate quer zur Schichtung aus

und erzeugen mechanischen Druck, der zur Lo-

ckerung des Gefüges führt. Andere korrosive Ei-

genschaften des Wassers, z.B. die Autoprotolyse

oder die Beeinflussung von Löslichkeitsgleichge-

wichten sind chemischen Korrosionsmechanis-

men zuzuordnen. Dazu zählen auch die Prozesse,

bei denen die Baustoffe mit dem Luftsauerstoff,

Kohlendioxid, Wasser, Säuren, Basen oder Elek-

trolytlösungen, Gasen und Lösungsmitteln in

Wechselwirkung treten. Typische Vorgänge im

Material sind Prozesse der Oxidation und Reduk-

tion, Auslaugung, Ansäuern und Auflösen von

Bindemitteln, Auflösung durch elektrochemisch

bedingte Potentialunterschiede oder Elektrolyte.

Abhängig von der Art des Werkstoffs und vom

angreifenden Medium treten unterschiedliche

Formen auf. Bei der Rostbildung an Metallen z.B.

kommt es zu einem gleichmäßigen flächenhaften

Angriff. Der Angriff von Säuren und Elektrolyten

führt zu Lochfraß und interkristalliner Korrosion,

wobei der Angriff den Korngrenzen des Metalls

folgt. Korrosion wird sehr begünstigt, wenn das

Metall in elektrisch leitender Verbindung mit

einem elektrochemischen edleren Metall der

Es schreibt

für Sie:

Dr. rer. nat.

Constanze

Messal

Fachbereichs-

leiterin

Schimmelpilze

Neubrandenburger Str. 33

18055 Rostock

Telefon: (0381) 637-28280

Telefax: (0381) 637-28281

E-Mail:

messal@dhbv.de

Bauschadenssalze kristallisieren im Porenraum eines Ziegels aus.

Aber auch Pilze fühlen sich in den Poren wohl.