Schützen & Erhalten - page 26

Schützen & Erhalten · Juni 2004 · Seite 26
Die Verpflichtung eines
Bauunternehmers, zur Si-
cherung von Vertragser-
füllungsansprüchen eine
Bürgschaft auf erstes An-
fordern zu stellen, ist
auch in Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen eines
öffentlichen Auftragge-
bers unwirksam. Dies ent-
schied der Bundesge-
richtshof mit o.g. Urteil.
Der Entscheidung des BGH las-
sen sich folgende drei
Kernthe-
sen
entnehmen:
1. Die Verpflichtung eines Bau-
unternehmers zur Stellung
einer Vertragserfüllungsbürg-
schaft auf erstes Anfordern
ist auch in Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen eines
öffentlichen Auftraggebers
unwirksam.
2. Der Vertrag ist ergänzend da-
hin auszulegen, dass der
Auftragnehmer eine unbe-
fristete, selbstschuldnerische
Bürgschaft schuldet.
3. Der Auftragnehmer hat kei-
nen Anspruch auf Heraus-
gabe der Bürgschaft. Er kann
lediglich verlangen, dass
sich der Auftraggeber gegen-
über dem Auftragnehmer
und dem Bürgen schriftlich
verpflichtet, die Bürgschaft
nicht auf erstes Anfordern,
sondern nur als selbstschuld-
nerische Bürgschaft geltend
zu machen.
Der BGH hat damit seine Recht-
sprechung, die er zu Vertrags-
erfüllungsbürgschaften auf er-
stes Anfordern für den Bereich
der privaten Auftraggeber ent-
wickelt hat auf die öffentlichen
Aufraggeber ausgedehnt.
I. Tatbestand
Der Kläger begehrt Heraus-
gabe zweier Bürgschaftsurkun-
den mit der Begründung, die
Vereinbarung einer Bürgschaft
BAUVERTRAGSRECHT
Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes
Anfordern öffentlicher Auftraggeber
Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. März 2004 (Az.: VII ZR 453/02) –
auf erstes Anfordern in den All-
gemeinen Geschäftsbedingun-
gen verstoße gegen § 9 AGBG
und sei daher unwirksam; die
auf dieser Grundlage erteilten
Bürgschaften seien daher rechts-
grundlos erlangt und herauszu-
geben. Klage, Berufung sowie
Revision des Klägers hatten kei-
nen Erfolg.
II. Aus den Gründen
Der siebte Senat wies
darauf hin, er habe bereits ent-
schieden, dass eine vom Auf-
traggeber, der nicht der öffent-
lichen Hand zuzuordnen sei,
vorformulierte Sicherungsabrede
unwirksam sei, wenn sie die
Stellung einer Vertragserfül-
lungsbürgschaft auf erstes An-
fordern vorsehe
Die Frage, ob die Klausel
auch dann unwirksam sei, wenn
sie von der öffentlichen Hand
in AGB gestellt werde, habe der
Senat bisher nicht entschieden.
Die Frage sei streitig. Der Se-
nat halte die Klausel auch in
diesem Fall für unwirksam. Es
treffe zu, dass gegenüber der
öffentlichen Hand ein Grund für
die Unwirksamkeit, die unbe-
rechtigte Verlagerung des Insol-
venzrisikos, ausscheide. Es sei
auch nicht zu verkennen, dass
die öffentliche Hand gerade in
Zeiten knapper Haushaltsmittel
bei angeblich mangelhafter Ar-
beit des Auftragnehmers ein
berechtigtes Interesse daran
habe, nicht selbst in finanzi-
elle Engpässe zu geraten. Das
rechtfertige es nicht, durch AGB
das mit einer Bürgschaft auf
erstes Anfordern verbundene
Liquiditätsrisiko einseitig auf
den Auftragnehmer zu verlagern.
Eine unberechtigte Inanspruch-
nahme der Bürgschaft auf
erstes Anfordern durch die öf-
fentliche Hand sei nicht von
vornherein ausgeschlossen.
Durch den Rückgriff des Bürgen
bei dem Auftragnehmer werde
diesem bei Inanspruchnahme ei-
ner solchen Bürgschaft Liqui-
dität entzogen. Solange die
öffentliche Hand einen zu Un-
recht erhaltenen Betrag nicht
zurückzahle, sei der Auftragneh-
mer in seinem Kreditrahmen bei
dem Bürgen beschränkt. Er
müsse seinen Rückforderungs-
anspruch gerichtlich geltend
machen und trage damit die Last
der Prozessführung gegen eine
Partei, die ihrerseits den Pro-
zess gerichtskostenfrei führen
könne.
Die Unwirksamkeit der ent-
sprechenden Klausel habe nicht
zur Folge, dass keine Verpflich-
tung des Auftragnehmers beste-
he, eine Bürgschaft zu stellen.
Vielmehr sei für eine Übergangs-
zeit der Vertrag dahin auszu-
legen, dass der Auftragnehmer
eine unbefristete, selbstschuld-
nerische Bürgschaft schulde. Ein
Herausgabeanspruch des Auf-
tragnehmers bestehe nicht. Der
Auftragnehmer könne lediglich
verlangen, dass sich der Auf-
traggeber gegenüber dem Auf-
tragnehmer und dem Bürgen
schriftlich verpflichte, die Bürg-
schaft nicht auf erstes Anfor-
dern, sondern nur als selbst-
schuldnerische Bürgschaft
geltend zu machen.
Ein schützenswertes Vertrau-
en der öffentlichen Auftragge-
ber in die Wirksamkeit der ent-
sprechenden Klausel bestehe
allerdings nur für Verträge, die
bis zum Bekanntwerden der
Entscheidung vom 4. Juli 2002
geschlossen worden seien. Da-
nach sei ein Vertrauen nicht
mehr schützenswert. Der maß-
gebende Zeitpunkt sei der 1.
Januar 2003. Im Hinblick auf
den Zeitraum zwischen der Ver-
kündung der Entscheidung vom
4. Juli 2002 und diesem Zeit-
punkt sei gewährleistet, dass
den beteiligten Verkehrskreisen,
also auch den öffentlichen Auf-
traggebern, die Entscheidung
bekannt geworden sei.
Vertragsmuster
Anpassungen infolge Änderung von § 13 b UStG
Infolge der Einführung der
Umkehr der Umsatzsteuerschuld-
nerschaft bei Bauleistungen sind
Anpassungen bei den Mustern
für Bauverträge und für Nach-
unternehmerverträge erforder-
lich geworden.
Die Anpassungen können als
pdf-Datei in der Bundesge-
schäftsstelle abgerufen werden.
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