Schützen & Erhalten - page 21

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RECHTSBERATUNG
Wieder mehr Klagen anhängig
VOB/B eventuell rechtswidrig?
Einen überraschenden
Vorstoß hat der Bundes-
verband der Verbraucher-
zentralen gestartet. Der
deutsche Verbraucherver-
band hält die üblicherwei-
se angewandte Verdin-
gungsordnung für Baulei-
stungen (VOB) für einen
Verstoß gegen geltendes
Europäisches Recht. Des-
halb hat der Verband den
Deutschen Ausschuss für
Vergabe- und Bauleistun-
gen (DVA) abgemahnt und
will gegebenenfalls kla-
gen.
Nach Auffassung der Verbrau-
cherzentralen war die Verdin-
gungsordnung für Bauleistun-
gen eigentlich für die öffentliche
Auftragsvergabe gemacht, werde
aber seit vielen Jahren in ei-
nem Sonderteil, der VOB/B –
ohne eigentliche Gesetzesgrund-
lage – auch dem privaten Bau-
herrn übergestülpt, obwohl die
Verordnung niemals für priva-
te Bauherren gedacht war.
Die Vergabe und Vertrags-
ordnung für Bauleistungen
(VOB)
quasi das „Grundgesetz
des Baugewerbes“
wurde für
öffentliche Bauaufträge entwik-
kelt und hat hier eine bis in das
19. Jahrhundert zurückreichende
Tradition.
Ihr rechtlicher Teil B (VOB/
B) wird auch bei Verträgen mit
privaten Bauherren angewandt.
Geistiger Urheber und Ver-
fasser der VOB/B ist der deut-
sche Vergabe- und Vertragsaus-
schuss für Bauleistungen (DVA),
der organisatorisch beim Bun-
desministerium für Verkehr-
Bau- und Wohnungswesen an-
gesiedelt ist. Im DVA sind die
Interessenvertretungen öffent-
licher Auftraggeber und ihrer
Auftragnehmer vertreten.
Die VOB/B ist weder Gesetz,
noch eine Rechtsverordnung,
sondern – wie auch die Ge-
schäftsbedingungen eines Bau-
unternehmers – ein vorformu-
liertes Vertragswerk. Solche un-
terliegen grundsätzlich einer
gesetzlichen Kontrolle, damit
einseitig entwickelte Vertrags-
bedingungen nicht zu Lasten
des Vertragspartners gehen. Von
dieser gesetzlichen Kontrolle ist
die VOB/B jedoch seit 1977
durch Ausnahmebestimmungen
im BGB und eine hierauf auf-
bauende Rechtsprechung frei-
gestellt.
Nach der Einholung eines
neuen Rechtsgutachtens blasen
die Verbraucherzentralen nun-
mehr zum Großangriff auf die-
se
allgemeinen Geschäftsbedin-
gungen des Baugewerbes”.
Eine unzulässige Benachtei-
ligung für private Bauherren in
der VOB/B 2002 sieht die Ver-
braucherzentrale unter anderem
in der Verkürzung der Verjäh-
rungsfrist. Das BGB gibt bei
Mängeln an Bauwerk einen 5-
Jahres-Schutz und nach einer
Mängelbeseitigung weitere 5
Jahre. Die VOB/B gibt statt
dessen 4 Jahre und nach einer
Mängelbeseitigung nur 2 Jah-
re.
Desweiteren stören sich die
Verbraucherzentralen an der
Erschwerung der Vertragsbeen-
digung: Wird ein Mangel trotz
Fristsetzung vom Unternehmer
nicht beseitigt, so können pri-
vate Bauherren nach dem BGB
den Vertrag beenden. Gemäß der
VOB/B reicht die Untätigkeit des
Unternehmers nicht aus. Sie
fordert zusätzlich vorab die
Androhung der Kündigung des
Vertrages.
Ferner bemängelnd die Ver-
braucherzentralen die Einschrän-
kung von Hinweispflichten:
Schweigen begründet grundsätz-
lich keine Rechtsfolgen. Daher
müssen nach dem BGB Unter-
nehmer den Bauherren aktiv
informieren, wenn die Abnah-
me einer Bauleistung auch ohne
das ausdrückliche Einverständnis
des Bauherren erfolgen soll. Die
VOB/B verzichtet auf diese In-
formationspflicht.
Schließlich rügen die Ver-
braucherzentralen auch irre-
führende Bauzeitangaben und
mangelnde Transparenz der
Preisgestaltung: Wer Bauzeiten
nennt, muß sich auch daran
halten. Die VOB/B sieht jedoch
vor, dass Zeitangaben des Un-
ternehmers zu Bauschritten in
einem Bauzeitenplan nur ver-
bindlich sind, wenn dies aus-
drücklich vereinbart wurde.
Private Bauherren benötigen
Kostensicherheit. Wo diese fehlt,
müssen Unternehmen auf die-
ses Kostenrisiko hinweisen. So
können etwa durch die Anga-
be eines Einheitspreises die
Kosten am Ende deutlich höher
ausfallen, als erwartet. Eine
Verpflichtung zur Kostentrans-
parenz oder zum Hinweis auf
mögliche Kostenrisiken für pri-
vate Bauherren existiert in der
VOB/B nicht.
Die Verbraucherzentrale ist
der Auffassung, dass gemäß der
EU-Richtlinie über missbräuch-
liche Klauseln in Verbraucher-
verträgen der Deutsche Gesetz-
geber spätestens im Dezember
1994 die Vertragsklauseln der
VOB/B auf eine eventuelle
Rechtswidrigkeit hin hätte über-
prüfen müssen. Wenn der Aus-
schuss für Vergabe- und Bau-
leistungen nicht erklärt, dass er
rechtliche Änderungen einleiten
werde, will der Verbraucherver-
band bis vor den Europäischen
Gerichtshof ziehen.
Eine Alternative zum Ge-
richtsverfahren könnte darin
bestehen, dass der Gesetzgeber
sich durch diesen Vorstoß ver-
anlasst sieht, ein neues, eigen-
ständiges privates Bauvertrags-
recht zu schaffen.
Man kann es drehen und
wenden wie man will, die fast
schon selbstverständliche Ver-
einbarung der VOB/B wird in
Zukunft – zumindest gegenüber
den privaten Bauherren – nur
schwer aufrecht zu erhalten
sein.
Zumindest erhebliche Modi-
fikationen oder erhöhte Form-
anforderungen an die Vereinba-
rung der VOB/B werden wohl die
Folge sein.
Vieles spricht jedoch dafür,
daß diese Aktion der Verbrau-
cherzentrale dazu führen wird,
dass der Gesetzgeber ein ein-
heitliches privates Baurecht
schaffen könnte.
Rechtsanwalt
A.W. Omankowsky,
Köln
Schützen & Erhalten · Juni 2004 · Seite 21
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